2014 hat die meisten Prognostiker auf dem falschen Fuß erwischt. Mit einer Positionierung in Erwartung steigender Staatsanleiherenditen und möglicher negativer Auswirkungen für die Aktienmärkte lag der Konsens im letzten Jahr weit daneben. Damit drängt sich uns das starke Gefühl eines Déjà-vus auf. Anfang Dezember rentierten zehnjährige US-Staatsanleihen bei rund 2,3%. In das Jahr gestartet waren sie bei 3,0% und hatten zwischenzeitlich im Oktober sogar die Marke von 2% unterschritten trotz des Ausstiegs der US-Notenbank aus ihrem quantitativen Lockerungsprogramm. Geopolitische Spannungen, ein schwächer als erwartetes Weltwirtschaftswachstum, Deflationsrisiken und neuerliche Stimulusmaßnahmen in Japan sowie der Eurozone erklären diese unerwartete Entwicklung. Vor diesem Hintergrund erzielten die weltweiten Aktienmärkte kräftige Kursgewinne, wobei Immobilien und Immobilienaktien den Gesamtmarkt hinter sich ließen.
Wie also sieht der Ausblick für das kommende Jahr aus?
Bei unserem Ausblick für die Branche konzentrieren wir uns im Folgenden erstens auf den physischen Immobilienmarkt, der unserem Anlageuniversum zugrunde liegt, und zweitens auf das wahrscheinliche Interesse der Anleger an Immobilienaktien unter Berücksichtigung der aktuellen Bewertungen. Ersterer lässt sich vergleichsweise leicht prognostizieren, Letzteres schon deutlich schwerer.
Physischer Immobilienmarkt profitiert von starken Fundamentaldaten
Beginnen wir mit dem physischen Immobilienmarkt, der unverändert von starken Fundamentaldaten profitiert. Das schlägt sich auch in der weltweit gestiegenen Nachfrage der Anleger nach Immobilienanlagen nieder. In seiner jüngsten „Money into Property“ Umfrage bezifferte der Immobiliendienstleister DTZ die Nachfrage nach Immobilienaktien auf 408 Mrd. USD, die damit so hoch ist wie seit 2007 nicht mehr. Dieses Kapital dürfte die Renditen an den weltweiten Immobilienmärkten bzw. die Anfangsrenditen auf oder um die aktuellen Niveaus herum stützen.
Neutrale Positionierung am US-Markt
Was die Aussichten in einzelnen Regionen anbelangt, gehen wir davon aus, dass die Funds From Operations (FFO) 2015 in etwa in der Größenordnung des Jahres 2014 von 7-9% zulegen werden. In den USA und anderswo fassen die Immobilienrenditen inzwischen wieder Fuß, und an den Gateway-Büroimmobilienmärkten sowie bei erstklassigen Mall-Projekten haben die Renditen ein historisches Tief erreicht. Aber mit 6% liegen die Renditen im Schnitt immer noch deutlich über denen von zehnjährigen US-Staatsanleihen sowie über dem langjährigen Durchschnitt. Eine Stütze dürften weitere mögliche Einkommenszuwächse sein, bei denen der Positivtrend anhält. Da Immobilienaktien nach starkem Kursverlauf in 2014 inzwischen um den Nettovermögenswert herum gehandelt werden, halten wir an unserer vergleichsweise neutralen Positionierung am US-Markt fest.
Asien-Pazifik Region: Große Unterschiede zwischen den Märkten
Deutlich unsicherer stellt sich die Lage in der asiatisch-pazifischen Region dar mit großen Unterschieden zwischen den wichtigsten Märkten. In Japan hat die Politik von Ministerpräsident Abe den Kapitalwerten weiteren Auftrieb gegeben. Zusätzlicher Rückenwind dürfte von den kürzlich angekündigten weiteren Stimulusmaßnahmen ausgehen. Erfreulicherweise ist die Politik nicht der einzige Lichtblick, denn es mehren sich die Anzeichen für steigende Mieten auf dem wichtigen Büroimmobilienmarkt in Tokio. Zu Beginn des Jahres waren die Aktienkurse den Fundamentaldaten enteilt, aber nach der schwachen Kursentwicklung in 2014 scheinen sie nun wieder mehr Wertpotenzial zu beinhalten. Auch japanische Immobilien-Trusts (J-REITs) dürften fest tendieren, denn die Bank von Japan hat ihr J-REIT-Kaufprogramm auf 90 Mrd. JPY pro Jahr verdreifacht. Einen zusätzlichen Reiz auf Anleger dürften Dividendenrenditen in Höhe von 3,3% ausüben.
Bleiben wir noch in der Region Asien-Pazifik und wenden uns Australien zu. Dort ist wegen der schwächeren Konjunktur nur mit geringem Umsatzwachstum zu rechnen. Dank niedriger Finanzierungskosten und attraktiver Anfangsrenditen sollten Immobilienaktien aber dennoch einstellige Erträge vorbehaltlich unveränderter Kennzahlen abwerfen. Widerstandsfähig zeigen sich die Büroimmobilienmärkte in Hongkong und Singapur. Allerdings sinken die Ausgaben im Einzelhandel, vor allem im Luxussegment, was einen gewissen Druck auf die Mieten zur Folge hat. Beide Märkte waren zudem das Ziel staatlicher Maßnahmen zum Abkühlen des Immobilienbooms, sodass sich die Wachstumsraten abgeschwächt haben. Zu der noch Anfang des Jahres vorhergesagten allgemeinen Talfahrt an den Immobilienmärkten ist es jedoch nicht gekommen. Für das nächste Jahr rechnen wir mit einer Fortsetzung der aktuellen Trends. Aber da die Stimmung immer noch nicht berauschend ist und die Währungsrisiken zunehmen, ist es aus unserer Sicht zu früh für ein stärkeres Engagement in der Region Asien-Pazifik.
Europa wächst dank Großbrittanien
In Europa rechnen wir im nächsten Jahr mit weiterem Wachstum, vor allem in Großbritannien. Der dortige Aufschwung in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt deutet zusammen mit dem fehlenden Neuangebot einen Mietanstieg auf dem wichtigen Büroimmobilienmarkt in London in den nächsten Jahren in einer Größenordnung von 5-10% an. Untergewichtet bleiben wir hingegen auf dem Wohnimmobilienmarkt im übrigen Europa, denn sinkende Verbraucherausgaben, der zunehmende Einkauf über das Internet und die Mini-Inflation dürften den Wachstumsausblick trüben. In der Eurozone gibt es trotz der schwächeren Konjunktur vereinzelt Wachstumsnischen mit attraktiven Dividendenrenditen, sodass der Sektor aus unserer Sicht weiterhin gut aufgestellt ist. Im Euroraum sind wir deswegen leicht übergewichtet und haben unser Engagement im Jahresverlauf verstärkt.
Institutionelle Investoren mit historisch niedriger Allokation
Alles in allem bleiben Immobilien als Anlageklasse gut positioniert vor dem Hintergrund einer sich weiter festigenden Anlegernachfrage, denn institutionelle Investoren stocken derzeit ihre historisch niedrigen Immobilien-Allokationen wieder auf. Im Zusammenspiel mit dem soliden Renditeaufschlag von Immobilien verglichen mit Staatsanleihen sollte das die Vermögenspreise stützen, selbst wenn die Anleiherenditen steigen. Sorgen wegen steigender Zinsen könnten uns zwar auch im nächsten Jahr begleiten. Aus früheren Zinsstraffungszyklen wissen wir jedoch, dass Immobilienanleger in der Anfangsphase des Straffungszyklus in der Regel keine höheren Renditen verlangen. In solchen Phasen geben die Immobilienrenditen vielmehr eher leicht nach, da steigende Mieten das Interesse bei Investoren wecken. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass sich die Geschichte bis ins Kleinste wiederholt. Aber das eine oder andere Kapitel dürfte uns doch bekannt vorkommen.
Guy Barnard, Co-Head of Global Property Equities, Henderson Global Investors