Die Rating-Agentur Moody’s braucht nicht viele Worte. Um den Ernst der Lage bei der hoch verschuldeten Deutschen Telekom zu beschreiben, reichen den Engländern drei Buchstaben und eine Ziffer. Baa3 lautet das knappe und wenig schmeichelhafte Urteil über die Zahlungsfähigkeit des Bonner Konzerns, das Moody’s vor zehn Tagen gefällt hat. Nach dieser Herabstufung ist die Schuldnerqualität der Telekom nur noch einen Schritt von Ramschanleihen (Junk- Bonds) entfernt. Ein Imageschaden, der auch ins Geld geht. Künftig muss die Telekom höhere Zinsen zahlen, um
T-Anleihen unters Volk zu bringen.
Telekom-Anleihen bieten Chancen
Interessierte Anleger dürfen sich dagegen über eine Investmentchance freuen. So sanken die Kurse der verschiedenen Telekom-Anleihen nach der Moody’s-Einschätzung. Käufern der Schuldpapiere bietet dies einen höheren Gewinn. So liegt die Rendite für die im Jahr 2010 fällige Anleihe (WKN 614681) derzeit bei rund sechs Prozent jährlich – vorausgesetzt, die Telekom zahlt am Ende der Laufzeit ihre Schulden zurück.
Unternehmen müssen sparen
"Auf mittlere Sicht sind die Anleihen der Deutschen Telekom interessant. Allerdings nur, wenn der eingeschlagene Sparkurs wirklich fortgesetzt wird und die konjunkturellen Rahmendaten passen", erklärt Werner Müller, Fondsmanager des Bayern LB Corporate Bond, der nur auf europäische Anleihen mit guter Schuldnerqualität setzt, so genannten Investment-Grade-Anleihen.
Knapp acht Prozent waren 2002 möglich
Müller hat angesichts der Sparanstrengungen die Telekom-Branche übergewichtet. Im breit gemischten Branchenportfolio sollen aber auch Anleihen von Tabak- und Rohstoff-Unternehmen helfen, die Erfolgsgeschichte des Fonds fortzusetzen. 2002 ging die relativ risikoarme Strategie des Bayern LB Corporate Bond mit einem Plus von knapp acht Prozent auf.
Acht Prozent Risikoaufschlag gegenüber Staatsanleihen
Geholfen hat, dass Anleihen mit guter Schuldnerqualität nach einer ausgesprochenen Schwächephase seit Ende 2002 wieder zulegen konnten. Anleihen erster Güteklasse notieren heute aber nur wenige Prozentpunkte über Staatsanleihen. Mutigen Anlegern versprechen Bonds von Firmen mit geringer Bonität dagegen wesentlich höhere Gewinne. So bieten die in dem Index Euro High Yield von Merrill Lynch zusammengefassten Papiere jährliche Renditen von bis zu zwölf Prozent. Ein satter Aufschlag gegenüber den Staatsanleihen von acht Prozent.
Nicht auf einzelne Hochzins-Anleihen setzen
Für Privatanleger gibt es einen Haken: Angesichts der Ausfallraten (siehe Tabelle) ist es wenig ratsam, auf einzelne Hochzins-Anleihen zu setzen. Wenn die Schuldnerfirma etwa Pleite geht, droht der Totalverlust. Eine Art Schutzschild beim Gewinnsprung bieten High-Yield-Fonds, die sich auf diese risikoreichen Investments spezialisiert haben. Vorteil: Die Fonds haben über 100 Hochzinsanleihen der verschiedenen Branchen im Portfolio und können die Zahlungsunfähigkeit eines oder mehrerer Unternehmen ausgleichen. Dennoch sind sie stärkeren Schwankungen ausgesetzt als Fonds, die auf sichere Anleihen setzen.
Bilanzskandale verunsicherten
So mussten die High-Yield-Profis im vergangenen Jahr hart kämpfen, um die Gewinnzone zu erreichen. 2002 waren Investoren nach zahlreichen Bilanzskandalen um Enron und Worldcom so verunsichert, dass sie panikartig in sicherere Anlagehäfen flüchteten. Die Kurse der Hochzinsanleihen waren daher mächtig unter Druck.
Mittelfristig aussichtsreich
Doch einiges spricht dafür, dass High Yields nach dem miesen Jahr mittelfristig wieder gutes Geld abwerfen. So fassten viele Investoren in den vergangenen Monaten wieder Vertrauen in dieses Bond-Segment. "Wir haben die Bodenbildung gesehen", ist sich George Muzinich, Fondsmanager des SEB Invest High Yield, sicher. Trotz des Comebacks sieht Muzinich aber noch Potenzial: "High Yields rentieren heute über 700 Basispunkte über Staatsanleihen. 1999 lag der Aufschlag noch bei knapp 450 Punkten." Eine Abnahme dieses Spreads bedeutet Kursgewinne.
Renditeabstand verringert sich
Für 2003 hält Muzinich ein Kursplus des High-Yield-Marktes von etwa acht Prozent für durchaus realistisch. Grund: Der Fondsmanager rechnet mit weniger spektakulären Pleiten und mit einer Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte. Beide Faktoren sollten dazu führen, so Muzinich, dass die Anleihekurse steigen und die Spreads zu Staatsanleihen abnehmen.
Hohe Kursgewinne winken
Überdurchschnittliche Kursgewinne sieht auch Barrie Whitman, Fondsmanager des Threadneedle European High Yield Bond Fund. "Die vergangenen zwei Jahre waren für Industrieunternehmen in Europa äußerst schwierig. Die Überlebenden dieser Phase kommen aber selbst mit einer mauen Konjunktur zurecht."
Medien- und Technologiesektor bevorzugt
Whitman schätzt ebenfalls, dass High-Yield-Anleihen 2003 acht bis zehn Prozent Rendite bringen, während Investments in Anleihen mit guter Schuldnerqualität nur fünf bis sechs Prozent Plus einfahren. "Noch bessere Ergebnisse für Hochzinsanleihen gibt es, sollten die Börsen anspringen", sagt Whitman. Grund: Hochzinsanleihen profitieren von einer guten Börsenentwicklung in der Regel stärker als Bonds der ersten Güteklasse.
Whitman bevorzugt den Medien-, Telekom- und Technologie-Sektor. Diese Branchen sollten seiner Meinung nach als erste von den Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs überdurchschnittlich profitieren. Firmen wie ProSiebenSat.1, Vivendi und Alcatel räumt der Manager gute Chancen ein.
Industriesektor bietet Sicherheit
Auch Henning Lenz, Fondsmanager des WestAM Euro High Yield Bond, glaubt an üppigere Renditen als 2002, hat aber andere Investmentschwerpunkte als Whitman. Lenz favorisiert neben dem Konsum- auch den Industriesektor. Diese Branche, so Lenz, biete höhere Sicherheiten, weil die Qualität der Unternehmen für geringe Ausfallraten spreche. Bei Technologietiteln wie Alcatel oder Ericsson ist Lenz dagegen zurückhaltend. "Diese Werte leiden weiterhin unter den Sparmaßnahmen der großen Telekom-Unternehmen." Zudem setzt Lenz auf "typische" High Yielder.
Seit Oktober 2002 knapp zehn Prozent zugelegt
Also solche Firmen wie den Industriegas-Hersteller Messer Griesheim, die profitabel arbeiten und daher geringe Ausfallwahrscheinlichkeit haben. Mit dieser Strategie konnte Lenz seit Oktober 2002 ein Plus von knapp zehn Prozent einfahren und den Vergleichsindex klar übertreffen. Auch in diesem Jahr sieht Lenz die Möglichkeit, den Gewinn des Fonds um zehn Prozent zu steigern.
Über Kurse und Rating
Kurs und Rendite: Für die Rendite einer Anleihe ist nicht nur die Höhe des Kupons, der Zins, entscheidend. Dieser bezieht sich auf den Nominalbetrag (100 Prozent). Kauft ein Anleger eine Anleihe unter Nominalwert, erzielt er am Laufzeitende einen Kursgewinn, da die Anleihe zu 100 Prozent zurückgezahlt wird – die Gesamtrendite steigt. Wird die Anleihe dagegen über 100 Prozent gekauft, ist die Rendite geringer als der Kupon.
Rating-Agenturen bewerten Qualität
Rating: Agenturen wie Moody’s und Standard & Poor’s (S&P) bewerten die Schuldnerqualität (Bonität) eines Bond-Emittenten. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der fristgerechten und vollständigen Zahlung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen. Dabei drückt das Rating die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Zahlungsausfalls aus. Die Rating-Agenturen vergeben Noten in Form von Buchstaben. AAA ist bei S&P die Bestnote und bedeutet beste Schuldnerqualität. Mit diesem Prädikat werden in der Regel Staatsanleihen aus Industrieländern ausgezeichnet. Die Noten AAA bis BBB (Moody’s: Aaa bis Baa) werden als Investment-Grade – als "anlagewürdig" – bezeichnet. Die Kategorie Speculative Grade wird im Fachjargon auch High Yield gennannt. Die Tabelle verdeutlicht das Risiko. So wurden zum Beispiel AAA-Bonds praktisch immer zurückgezahlt. Höher ist das Risiko im spekulativen Bereich: Nach einem Jahr wurden bereits 5,2 Prozent der Anleihen nicht mehr zurückbezahlt, nach acht Jahren 29 Prozent.
Der Rendite-Abstand (Spread) von Hochzinsanlagen zu Staatsanleihen ist mit über sieben Prozentpunkten Unterschied weiterhin groß. Anleihen von Schuldnern mit guter Bonität dagegen notieren nur ein bis zwei Prozentpunkte über staatlichen Rentenpapieren.
Riskant High-Yield-Fonds
Fonds WKN Zuwachs in % seit 1.01.02 1.01.01 1.01.00
Metzler Payden High Yield 937479 4,3 4,1 –
West AM Euro High Yield 940820 2,8 1,5 –
ABN Amro High Yield Bond 603338 2,7 – –
Janus High Yield Bond 933868 2,4 4,6 –
SEB High Yield 588328 2,3 5,2 –
MFS European High Yield 989624 -0,2 -6,2 -16,2
Threadneedle Euro. HiYield 934213 -0,6 -1,4 –
DWS Euro-Corp High Yield 972280 -1,7 -23,7 -29,4
Stichtag: 17.1.2002 Quelle: Thomson Financial
Ausfallrisikio
Rating 1 Jahr 4 Jahre 8 Jahre
Anlagewürdig 0,1 % 0,7 % 1,8 %
AAA 0,0 % 0,1 % 0,5 %
AA 0,0 % 0,2 % 0,7 %
A 0,1 % 0,4 % 1,3 %
BBB 0,3 % 1,6 % 4,3 %
Spekulativ / High Yield 5,2 % 18,8 % 29,0 %
BB 1,3 % 9,4 % 18,6 %
B 6,7 % 25,5 % 36,8 %
CCC 28,8 % 48,8 % 57,1 %
Kumulierte Ausfallraten von 1981 bis 2001 Quelle: Standard & Poor’s