Neben Anleihen und Aktien sind Immobilieninvestments ein wichtiger Teil von institutionellen Portfolios, insbesondere was Vorsorgeinvestments betrifft. Die Anzahl der speziell auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichteten Immobilienfonds ist aktuell allerdings noch eher gering.
Unter dem Titel „Immobilien – Nachhaltigkeit und Bodenständigkeit“ lud das Forum Nachhaltige Geldanlagen am 28. Jänner zu einer hochkarätigen Paneldiskussion unter der Moderation von Wolfgang Pinner, Vizepräsident FNG & Leiter FNG Österreich.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestments?
Im Folgenden die wichtigsten Staments der Panelisten im Überblick:
Peter Karl. Geschäftsführer, ERSTE Immobilien KAG
"Bei der genauen Definition von Nachhaltigkeit scheiden sich die Geister. Im Immobilienbereich haben sich aber vier Hauptgesichtspunkte unter denen Nachhaltigkeit zu betrachten ist herauskristallisiert. Dies sind die Aspekte – Soziales, Technik, Ökologie und Ökonomie. Im Sozialbereich sind im Hinblick auf die gesellschaftlichen Veränderungen Schlagworte wie „Generationen-Wohnen“, „leistbares Wohnen“ und „nutzungsneutrales Bauen“ zu nennen. Weiters sind grundsätzliche technische und ökologische Faktoren wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Ressourcen schonendes Bauen zu nennen. Zuletzt darf natürlich auch die Wirtschaftlichkeit nicht vergessen werden. Denn wenn sich das Bauprojekt nicht rechnet und das Verhältnis Kosten/Nutzen nicht passt macht es für Investoren wenig Sinn.
Resümee: Nachhaltigkeit kann also auf viele Arten gedeutet werden. Daher ist im Immobilienbereich für den einzelnen Investor eine individuelle Definition von Nachhaltigkeit und Gewichtung der verschiedenen Aspekte notwendig."
Markus Zeilinger. Gründer und Vorstandsvorsitzender, fair-finance
"fair-finance beabsichtigt die gesetzlich mögliche Quote von 10 % Immobilieninvestments auszunutzen, wobei sich Zeilinger für eine Anhebung dieser Quote und für die Möglichkeit von Direktinvestitionen ausspricht. Für Immobilieninvestments von fair-finance gelten Ausschlusskriterien, die unter anderem jene gewerblichen Mieter ausschließt, die auch als Aktien- oder Anleiheninvestment ausgeschlossen sind. Darüber hinaus wurde ein individueller Kriterienkatalog für nachhaltige Immobilieninvestments entwickelt, der sinnvolle auf die Zielobjekte „Bestandsimmobilien Wohnbau“ anwendbar ist.
Grundsätzlich empfiehlt Zeilinger nicht abzuwarten bis sich ein Standard bei „nachhaltigen Immobilien“ entwickelt oder objektive Gütesiegel entstehen, sondern bei jeder Entscheidung, unabhängig ob sich um große Bauprojekte, Wertpapierkäufe oder kleine Sanierungsmaßnahmen im Privatbereich handelt, den Gedanken der Nachhaltigkeit - die Verbesserung und Erhaltung der Lebenschancen für zukünftige Generationen – einfließen zu lassen."
Franziska Trebut. Bereichsleiterin Energie und Innovatives Bauen, ÖGUT
"Soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte tragen gleichermaßen und gemeinsam zum nachhaltigen Bauen bei und sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wer eine Immobilie nachhaltig über den gesamten Produktlebenszyklus bilanzieren will, der muss diese Aspekte von der frühen Planung über die Bauphase bis hin zu Betrieb und Instandsetzung berücksichtigen. Zu Energieeffizienz, erneuerbaren Energieträgern und ökologischen Baustoffen kommen neue Konzepte für leistbares, gemeinschaftliches, generationenübergreifendes und ressourcenschonendes Wohnen und Arbeiten hinzu. In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche Gebäudebewertungssysteme etabliert. Bei aller Vielfalt der Bewertungsansätze und thematischen Ausrichtung ist ihnen der Anspruch gemeinsam, Aspekte der Nachhaltigkeit von Gebäuden vergleichbar abzubilden und Gebäude gegenüber anderen qualitativ abzugrenzen. Welcher Bewertungsansatz für BauherrInnen, ImmobilienentwicklerInnen und InvestorInnen der passende ist, hängt stark von unternehmerischen Zielen ab: sollen die Bewertungskriterien für die Planung und Ausführung von Neubauprojekten und Sanierungen leitend sein? Liegt der Fokus auf der Optimierung des Gebäudebetriebs oder geht es vorrangig um PR- und Marketingeffekte? Wer das Thema Nachhaltigkeit bei Immobilien ernst meint, der wird sich jedenfalls auch Gedanken zu Flächenverbrauch und Mobilität machen."
Reinhard Friesenbichler. Geschäftsführer, RFU
"In Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit von Immobilien stehen häufig die ökologischen Aspekte wie z.B. Energieeffizienz und Materialauswahl im Vordergrund. Dieses Feld wird durch die bestehenden Labelling-Systeme wie z.B. LEED, DGNB oder ÖGNI bereits recht gut abgedeckt. Zu den ebenso wichtigen aber vergessenen Kriterien für die Nachhaltige einer Immobilie zählt die Gebäudenutzung: d.h. welcher Mieter nutzt das Objekt wofür. Der gesellschaftliche Impact eines Krankenhauses oder von leistbarem Wohnraum ist ein völlig anderer als jener einer Luxuswohnimmobilie oder eines Einkaufszentrums. Weitere Aspekte ergeben sich aus der Wertschöpfungskettenbetrachtung, bei welcher auch die sozialen und ökologischen Effekte der Bauphase bzw. der involvierten Dienstleister miteinbezogen werden."