Nähert sich der Superzyklus seinem Ende?
Die Investoren sollten sich darauf einstellen, dass sich der jahrzehntelange Superzyklus an den Weltbörsen, in dessen Zuge sowohl die Aktien- als auch die Anleihekurse - wenn auch mit Unterbrechungen - stark gestiegen sind, seinem Ende nähert. Dieses Ende muss nicht zwangsläufig durch das Platzen einer spekulativen Blase eingeleitet werden, aber die Wahrscheinlichkeit dafür steigt. Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege bei Janus Capital.
„Die Frage ist doch, wann unser jetziges Finanzsystem überbeansprucht wird und zusammenbricht“, sagt Gross. „Dieser Punkt ist gekommen, wenn das Risiko fast aller Anlageklassen viel zu hoch ist im Verhältnis zu den viel zu niedrigen Erträgen, die sie abwerfen.“ Die Investoren würden dann anfangen, ihr Geld im wahrsten Sinne des Wortes lieber unter die Matratze zu legen als es in Anleihen und Aktien anzulegen. „Sicherlich nicht auf einen Schlag, aber doch Schritt für Schritt“, ist der Janus-Stratege überzeugt. „Nachdem die Anleiherenditen, Creditspreads und Aktienkurse weitgehend ausgereizt sind, nähern wir uns unweigerlich diesem Punkt.“
Gross: "Der Bullenmarkt in seiner jetzigen Form ist zu Ende"
Gross zufolge sollten sich die Investoren in diesem Zusammenhang folgendes vergegenwärtigen: Wenn sie alle zukünftigen Erträge mit nominal null Prozent (oder real minus zwei Prozent) abdiskontieren, müssen die Unternehmenserträge über ein historisch noch nie dagewesenes Mass hinaus steigen, um weitere Kursgewinne zu rechtfertigen. „Der Bullenmarkt in seiner jetzigen Form ist zu Ende und wird auch nicht zurückkommen - für keinen von uns“, glaubt daher der Anlageexperte. „Vor uns liegt eine Phase mit grossen Unsicherheiten und niedrigen Anlageerträgen - vielleicht sogar sehr grossen Unsicherheiten, sollte zuvor eine Blase platzen.“
Spekulationsblase aufgrund der QE-Maßnahmen?
Gross äußert in diesem Zusammenhang seine von ihm wiederholt erläuterte Meinung, dass er es für einen wenig tauglichen Versuch hält, die globale Schuldenkrise mit immer neuen Schulden zu lösen. „Die Folgen der lockeren Geldpolitik sind in etwa vergleichbar damit, wenn man Benzin auf ein nur noch glimmendes Feuer kippt, um es wieder anzufachen“, macht er einen bildlichen Vergleich. „Massnahmen wie Quantative Easing und so wie jetzt negative Zinsen sorgen nur für spekulative Blasen an den Finanzmärkten.“
Nach Einschätzung des Anlageexperten sind es strukturelle Gründe, die das Wachstum der Weltwirtschaft in den vergangenen fünf Jahren gehemmt haben - und es auch weiterhin tun werden. „Selbst die stärksten Volkswirtschaften auf der Welt - die USA, Deutschland und Grossbritannien - verzeichnen seit dem Ausbruch der Finanzkrise nur jährliche Wachstumsraten von zwei Prozent oder weniger“, so Gross. „Wenn es selbst mit Billionen von Dollar nicht möglich war, mehr Wachstum zu entfachen, warum sollte man dann erwarten, dass die Europäische Zentralbank mit ihrem Chef Mario Draghi damit nun wesentlich erfolgreicher in der Eurozone sein werden?“