Nach der Eröffnungsrunde gingen die Diskussionsteilnehmer näher auf die beiden am häufigsten genannten Herausforderungen – Überregulierung und niedrige Zinsen – ein. Laut Lasshofer sei die Umsetzung von Solvency II mit hohen Kosten verbunden, ob dieses Regelwerk für den Kunden auch mit einem entsprechenden Nutzen verbunden sei, stellte er allerdings zur Diskussion. Große Regelwerke würden für nationale Besonderheiten wenig Spielraum bieten und auch das Geschäftsmodell komplexer werden lassen, was wiederum die Gefahr von falschen Unternehmensentscheidungen fördern würde. Außerdem könne man Modellfehler in diesem Regelwerk nicht ausschließen. Laut Generali-Vorstand Thirring befinde man sich mit Solvency II insofern auf dem Holzweg, als dieses Regelwerk sehr stark von Annahmen getrieben werde, was lediglich zu einer Scheinsicherheit führe. So könne man aus heutiger Sicht langfristige Garantien über die nächsten 25-30 Jahre nicht ausstellen, weil sich in dieser Zeit sowohl die Zinssituation, als auch die steuerliche Lage ändern würde, was wiederum anderer Parameter in den Bewertungen bedürfe. „Mit Solvency II hat man den Stein der Weisen nicht gefunden. Denn extreme Bürokratisierung, Formalismus und Datenflut tragen zur Sicherheit der Versicherungsunternehmen nichts bei, vielmehr treten dadurch andere Risiken zu stark in den Hintergrund.“ In dasselbe Horn stieß ÖBV-Vorstandsvorsitzender Trawöger: „Solvency II soll zwar Proportionalität widerspiegeln, damit mittelständische Versicherer nicht denselben regulatorischen Aufwand wie große internationale Versicherer betreiben müssen, davon merken wir aber derzeit noch nichts.“ Es sei für die ÖBV sicher eine Herausforderung dies zu bewältigen, genaueres werde aber erst die Praxis zeigen. Hirner appellierte an die Anwesenden, dass man sich, um bei der Regulierung mitzugestalten, stärker in Brüssel engagieren könne. Auch seien die Regeln zwar EU-weit dieselben, die Umsetzung derselben erfolge aber national und böte damit Spielraum für lokale Anpassung. Man müsse daher gemeinsam darauf hinarbeiten und sich mit den Regulatoren zusammensetzen, damit das richtige Maß gefunden werde.
Lebensversicherungen im Niedrigzinsumfeld
In Bezug auf die historisch niedrigen Zinsen stellte Frey die Frage an die Runde, wie Versicherungen ihr bisheriges Geschäftsmodell weiterführen könnten. Lasshofer sieht es als richtigen Weg an, den durchschnittlichen Rechnungszins sukzessive aufgrund der sinkenden Höchstzinssätze herabzumischen. „Lebensversicherung wurde immer als Vermögensvermehrungsprodukt angeboten. Geldanlegen bringt angesichts der niedrigen Zinsen nach Abzug der Inflation aber nichts mehr. Wir müssen daher zurück zu den Wurzeln – der Absicherung von biometrischen Risiken“, führte Trawöger aus. Zgubic nahm das Thema Lebensversicherung zum Anlass, auf Problemfelder seitens der Kunden hinzuweisen. Im Beratungsgespräch sollte man nicht nur hohe Performancewerte herausstreichen. Vielmehr müsse verstärkt hervorgehoben werden, welche Beträge bei Lebensversicherungen garantiert seien, was bei Rückkauf abgezogen werde und wie hoch der effektive Jahreszinssatz sei. „Je klarer es für den einzelnen wird und je einfacher das Produkt vermittelt wird, umso geringer ist die Enttäuschung bei den Konsumenten. Kundenvertrauen wird durch falsche Versprechungen nicht gesteigert!“, so Zgubic. Thirring nannte die niedrigen Zinsen nicht als unmittelbares Problem, aber sehr wohl als Herausforderung für Versicherungen, die auch eine Anpassung der Geschäftsmodelle nach sich ziehen müsse. Kalkulationen würden schließlich darauf basieren, dass die veranlagten Prämien mehr werden. Der Niedrigzins könne trotz langfristig getätigter Investitionen zu einem Problem werden, wenn er lange anhalte und, wenn auch nicht die Solidität, so zumindest die Ergebnisse beeinflusse. „In Österreich gibt es allerdings seit 1945 keinen einzigen Fall, wo die in einer Lebensversicherung garantierte Leistung nicht erbracht wurde. Hier sind wir also zu 100 % solide“, zeigte sich Thirring optimistisch.