„Geld ist wie Mist, man muss es streuen“ – diese Schweizer Bankenregel lässt sich auch auf die Anlagepolitik im Bereich Investmentstile übertragen. Value, Growth, Blend etc. – viele Wege führen nach Rom. Anlagebedarf und Anlegermentalitäten sind verschieden. Kriterien wie Zeithorizont, Schwankungstoleranz und Vertrauen spielen bei Privatinvestoren wie auch Institutionellen im Value-Bereich eine besondere Rolle. Aus vertrieblicher Sicht: Warum können Value-Ansätze für die Kundenbindung wertvoll sein? Welcher Investor fühlt sich mit Value-Ansätzen bei der Geldanlage wohl? Welcher Ansatz passt zu welchem Investor?
Vertrieb, Vertrauen und Langfristdenke
Vermittler von Investmentprodukten für Privatkunden aus den Bereichen Vermögensverwaltung, Private Banking und Family Offices wissen sehr gut um das Spannungsfeld Vertrauen und Langfristdenke in der Kundenberatung. Genauso wie unabhängige, freie Vermittler („IFAs“), Financial Planner und Honorarberater leben diese Berufsgruppen von langfristiger Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlung. Als Person des Vertrauens sollte es im Interesse des Vermittlers sein, dem Kunden Lösungen darzustellen, die dieser versteht und die seiner Anlagementalität entsprechen – Value Investing in vereinfachter Form: „Kaufe Unterbewertetes, warte ab, verkaufe mit Gewinn“. Dies gilt sowohl für den „normalen“ Kunden mit Fondsspar-Plan wie auch für den sogenannten „Vermögenden Privatkunden“ (HNWI).
Prozyklik, Value Investing und Kommunikation
Seriöser weise kann man sagen, dass es auch Kundengruppen gibt, die eher prozyklisch Produkte kaufen möchten: „Was läuft gerade gut?“, „Was liegt im Trend?“. Die Kunst guter Anlageberatung besteht darin, diese unterschiedlichen Typen strukturiert zu erfassen und zu bedienen. Langfristorientierte Anleger besitzen oft Sympathie für klassische Value-orientierte Ansätze. Trading-orientierte Anleger mögen im einen oder anderen Fall scheinbar mehr konservativ anmutende Value-Ansätze im Extrem als „langweilig“ empfinden.
Die Anlagepraxis zeigt, dass Kunden die einen Anlageansatz wie Value Investing verstanden haben, in der Regel auch langfristig am Investmentprodukt festhalten. Für den Vertrieb bedeutet dies, dass man die Besonderheiten des Ansatzes intensiv erläutert. Zu Beginn erfordert dies einen höheren Kommunikationsaufwand, da nicht primär kurzfrist- und performance-getrieben. Der Aufwand zu Beginn, den richtigen Fonds auszuwählen, führt aber oft zu langfristiger Kundenzufriedenheit und zu erhöhter Kundenbindung: Der Faktor „Konstanz“ ist gefragt - in der Ruhe liegt die Kraft!
Institutionelle und semi-institutionelle Investoren
„Unterbewertung identifizieren, Investment tätigen, abwarten, veräußern“ – auch institutionelle Investoren wie Versicherungen, Versorgungswerke und Corporates kombinieren verschiedene Investmentstile wie beispielsweise Value und Growth in ihren Portfolios. Fondsselektoren auf semi-institutioneller Seite wie Family Offices, Private Banking und Dachfonds wählen oft mittelbar geeignete Produkte für Ihre Klientel aus (Privatkunden und andere Institutionelle). Im Gegensatz zum Procedere im Privatkundenbereich kommen hier noch zusätzliche Anforderungen bei der Auswahl des geeigneten Fonds zum Tragen. Oft werden Dritte bei Entscheidungsprozess im Unternehmen mit eingebunden. Dies kann dazu führen, dass man verschiedene Manager im Value-Segment nach verschiedenen Kriterien und auf vielfältige Weise betrachten kann.
„Personenzentrierte Ansätze“ und „Regelgebundene Ansätze“
Im Value-Fonds-Segment gibt es eine Vielzahl von erfolgreichen unabhängigen Asset Managern (Fondsboutiquen), die ihre Klientel im institutionellen Segment finden. Unabhängig von detaillierten Ausgestaltung vom Investmentprozess (diskretionäre Entscheidungen, regelgebundene Entscheidungen, Mischformen) bei diesen Managern, kann es sein, dass bestimmte institutionelle Investoren Strukturen bei Asset Managern bevorzugen, die eine bestimmte Personalausstattung bieten (Risikomanagement-Gedanke).
Neben unabhängigen Adressen bieten auch konzerngebundene Fondsmanager attraktive Lösungen für bestimmte Institutionelle. Es wird häufig vermutet, dass Risiken dadurch gemindert werden können, dass man kein sogenanntes Key Person-Risk eingehen möchte und dass man regelbasierte Ansätze in Kombination mit größeren Kompetenz-Teams im Value-Bereich präferiert. Der Gedanke wird verfolgt, dass auch bei stil-neutral aufgestellten Portfolios immer ein angemessener Value-Anteil sein Budget findet, über alle Marktzyklen und Stilmoden hinweg. Unterstellt wird, dass man zum Beispiel systematische, regelbasierte Ansätze oft effizienter beobachten kann und man gegebenenfalls korrigierende Maßnahmen ergreifen kann. Erfolgreiche Häuser im Value-Bereich profitieren davon, wenn Sie bereits eine hohe Reputation bei institutionellen Investoren erworben haben: Due Diligence-Prozesse führten zu Mandaten, die Reputation aus diesem Bereich führt auch häufig zu erhöhter Akzeptanz bei semi-institutionellen und privaten Investoren.
Fazit
Value Investing erscheint für die Anbieterseite (Asset Manager, Vertrieb) häufig als ein kommunikations-intensiver Ansatz. Privatinvestoren und Institutionelle, die das Konzept verstanden haben, investieren häufig unabhängig von Zyklen oder Produktmoden in Value-basierte Investmentansätze. Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Managern und Ansätzen, die mit diesem Stil einen Platz im langfristig ausgerichteten Portfolio des Investors finden können. Langfristhorizont beim Investor , in Kombination mit Verständnis und Geduld, haben über alle vergangenen Börsenjahre hinweg zu einer treuen und wachsenden Fan-Gemeinde für das Value Investing geführt. Verschiedene Managertypen können kreativ kombiniert werden: Vielfalt statt Einfalt!
Markus Hill, Asset Management Consultant
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