EM-Währungen und Aktienmärkte: Viele Probleme bereits eingepreist
Diese Frage ist gerade im aktuellen Marktumfeld von entscheidender Bedeutung. Nachdem sie in den vergangenen vier Jahren im Durchschnitt um die 40 Prozent gegenüber dem Dollar gefallen sind, haben die EM-Währungen bereits viele Probleme eingepreist. So auch die Aktienmärkte: In den letzten fünf Jahren sind EM-Aktien um bis zu 60 Prozentpunkte hinter ihren Pendants von den entwickelten Märkten zurückgeblieben.
Deutliche Erholung in den jüngsten Wochen
Gegen Ende des Sommers waren nahezu alle professionellen Investoren auf noch mehr Trübsal an den Emerging Markets eingestimmt. Dies galt umso mehr, als die Mini-Abwertung des Renminbi neue Sorgen im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung in China entfachte. Doch gleichzeitig erholte sich – nach einem acht Monate andauernden Abwärtstrend – allmählich das durchschnittliche Wachstumstempo. Hinzu kommt, dass die Fed die Zinsen im September unangetastet ließ. All diese Faktoren haben in den letzten Wochen eine deutliche Erholung an den Emerging Markets angestoßen: bei Aktien, Währungen und Anleihen.
Vorübergehende Verschnaufpause oder der Beginn einer strukturellen Erholung?
Das erklärt zwar die seit Kurzem steigenden Kurse. Doch ist dies eine nur vorübergehende Verschnaufpause oder der Beginn einer strukturellen Erholung? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zunächst anschauen, warum die aktuelle Krise bislang keine größeren Opfer gefordert hat. Gelangt man zu dem Schluss, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften diesmal stark genug sind, um größere Pleiten oder Bankenkrisen abzuwenden, dann könnte dies durchaus den Beginn eines neuen Wachstumsschubs markieren. In diesem Fall waren die Korrekturen bei Devisen und Zinsen in den letzten Jahren wohl ausreichend, um die gröbsten Ungleichgewichte abzufedern.
Drei gute Gründe
Doch es gibt drei gute Gründe, warum es bloß eine Frage der Zeit ist, bevor sich in den Schwellenländern mit den schwächsten Fundamentaldaten größere Probleme abzeichnen:
- erstens das langsamere Wachstum der chinesischen Wirtschaft, das keine Erholung bei Rohstoffpreisen und Welthandel erwarten lässt;
- zweitens die Normalisierung der US-Zinspolitik, die den Kapitalfluss in die Emerging Markets hemmt.
- und drittens vor allem das übermäßige Kreditwachstum, das insbesondere nach 2008 in weiten Teilen der aufstrebenden Volkswirtschaften stattgefunden hat.
Im Zuge der aktuellen Markterholung werden diese Probleme eher ignoriert. Doch das heißt nicht, dass es sie nicht mehr gibt.
Maarten-Jan Bakkum, Senior Emerging Markets-Stratege, NN Investment Partners
Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.