Mit „Economy Insights“ ermöglicht es die Zürcher Kantonalbank Österreich AG jedes Mal einer ausgewählten Gästerunde, mit einem Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft Hintergrundgespräche zu führen. Die Teilnehmer können sich im kleinen Kreis über Entwicklungen und Zukunftsstrategien informieren. Diesmal folgte Öl-Fachmann Bernard Schmidt der Einladung der Privatbank und nahm für die Gäste der Zürcher Kantonalbank Österreich AG seine Branche genau unter die Lupe.
"Ölpreis ist viel zu niedrig"
In den letzten 25 Jahren glich der Ölpreis einer Achterbahnfahrt. Dabei sprechen die Fakten eigentlich für goldene Zeiten im Ölgeschäft. Seit 1972 stieg der Ölverbrauch um 71 Prozent auf 94 Millionen Fass am Tag, noch dazu steigt die weltweite Nachfrage nach dem Rohstoff. Immer mehr Menschen benötigen Öl und es gibt heute mehr sichere Ölreserven als je zuvor. „Die Realität ist eine ganz andere, die Ölindustrie erlebt gerade eine ihrer schwersten Krisen in den letzten 25 Jahren, viele Firmen kratzen an der Grenze ihrer Überlebensfähigkeit“, informierte Schmidt. Der tiefe Ölpreis habe alle Marktteilnehmer überrascht. „Energie ist zu billig“, betont Schmidt. Die aktuelle Angebots- und Preissituation würde den Eindruck vermitteln, dass Energie zu Nullkosten zur Verfügung stehe. Wäre der Benzinpreis seit 1949 so angestiegen wie der Bierpreis beim Münchner Oktoberfest, würde ein Liter Benzin heute über drei Euro kosten, vergleicht Schmidt. Auffallend ist aus Sicht des Experten, dass Kriege und politische Konflikte den Ölpreis derzeit, im Unterschied zu früher, nicht in die Höhe schnellen lassen.
USA mit geschicktem Schachzug
Schmidt outet sich durchaus als Freund alternativer Energien, weltweit werde es im Energiemix aber auch 2035 noch ein klares Übergewicht für Öl und Gas geben. Was die Folgen der weltweiten Klimaziele betrifft, sieht er die USA im Vorteil. Diese könne ihre Kohle nach Europa exportieren, die hier zur Kompensation der Abschaltung von Kernkraftwerken benötigt wird, während die USA ihr eigenes, sauberes Gas verwenden. „Europas Energiepolitik fokussiert auf Klimawandel statt auf Versorgungssicherheit und die Kostenreduktion ist gescheitert“, so Schmidt. Die USA profitieren generell von ihrem Geschäft mit Shale Oil und Gas, Schmidt bezeichnet Shale Oil als den neuen Swing-Produzenten. Die ausgleichende Rolle im weltweiten Öl-Angebot, die lange Zeit Saudi-Arabien eingenommen hatte, habe sich nun in die USA verlagert, so der Fachmann.
Ölpreis wird steigen, Chancen für Nischenplayer
Schmidt geht davon aus, dass der Ölpreis in den nächsten zehn Jahren steigen wird. Das Gewicht der arabischen Produzenten im globalen Mix werde ebenfalls zunehmen. Chancen sieht er für agile und technisch spezialisierte Nischenplayer. „Servicefirmen werden größer und werden eine erweiterte Rolle einnehmen, durch neue Technologien entstehen neue Fronten für Öl und Gas wie ultratiefes Wasser“, so Schmidt.
Gastgeber Horst Dick freut sich über eine gelungene Veranstaltung in Salzburg: „Der intensive Austausch und die Diskussion mit den Gästen sowie die thematischen Inhalte des Abends waren wirklich ausgesprochen gut“, resümiert der Direktor Private Banking bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG.