Die e-fundresesearch.com-Redaktion traf Co-Autor Sebastian Stahn, um über die Hintergründe des Buchprojekts "Beyond Smart Beta: Index Investment Strategies for Active Portfolio Management" zu sprechen:
e-fundresearch.com: Herr Stahn, mit Ihrem neuen Buch „Beyond Smart Beta“ haben Sie ein umfassendes Werk veröffentlicht, das den Nerv der Zeit trifft. Was hat Sie hierzu veranlasst und welche Zielgruppe möchten Sie ansprechen?
Sebastian Stahn: Gemeinsam mit Gökhan Kula und Martin Raab ist die Idee gereift, unsere Kernkompetenzen und Erfahrungen in einem Buch zu bündeln. Diese liegen im Indexing bzw. ETF-Bereich sowie im quantitativen Asset Management und der dynamischen Asset Allocation Steuerung. Besonders das Thema Smart Beta und Factor Investing ist momentan in aller Munde und bildet eine Schnittstelle zwischen der passiven und aktiven Welt. Das Buch an sich ist für jeden Investortyp geeignet - vom Privatanleger bis hin zum erfahrenen Portfoliomanager. Der Komplexitätsgrad des Inhalts steigert sich im Verlaufe des Buches und es sind viele aktuelle Beispiele und Grafiken integriert, die den fachlichen Inhalt auf eine angenehme Art und Weise vermitteln sollen.
e-fundresearch.com: Sie haben es schon angesprochen – Smart Beta ist aktuell ein großes Thema. Haben Sie eine Definition für uns?
Sebastian Stahn: Die Definitionen sind wahrscheinlich so weitreichend wie das Strategienspektrum. Smart Beta beschreibt unserer Ansicht nach die zweite Generation des Indexing. Zusätzlich zur ersten Generation – der klassischen Gewichtung nach der Marktkapitalisierung – werden bestimmte Faktoren oder auch Risikoprämien wie beispielsweise die Size-Prämie durch Investition in kleiner kapitalisierte Unternehmen in den Vordergrund gehoben. Weiters kann Smart Beta oder Alternative Beta aber auch durch eine andere Art der Portfoliokonstruktion erreicht werden. Hier wird die Indexzusammensetzung beispielsweise durch eine Gleichgewichtung der Aktien oder eine Gewichtung nach der Volatilität erreicht. Wichtig ist, dass wie der Name es schon sagt, kein Alpha sondern ein alternatives Beta erwirtschaftet werden soll – leider wird von den Marketingabteilungen der Produktanbieter oftmals genau die Alpha-Funktion suggeriert.
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Senden Sie uns hierfür bis 25.11.2017 eine E-Mail mit dem Betreff "Smart Beta" an [email protected], um an der Verlosung eines Exemplars der Publikation "Beyond Smart Beta: Index Investment Strategies for Active Portfolio Management" teilzunehmen.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
e-fundresearch.com: Was gibt es aus Ihrer Sicht bei Smart Beta zu beachten?
Sebastian Stahn: Factor Investing gibt es schon lange und führte anfänglich auf das 3-Faktorenmodell von Fama und French zurück. Mit dem Momentum-Faktor von Carhart kam ein vierter hinzu. Mittlerweile sprießen nahezu täglich neue Faktoren garniert mit Marketingpräsentationen aus dem Boden. Levi und Welch haben 2014 in einer Studie festgestellt, dass bisher über 600 Faktoren in der Literatur berichtet wurde. In einer out-of-sample Studie konnten sie nachweisen, dass 49% der Faktoren keine bzw. eine negative Risikoprämie aufwiesen, was einem Münzwurf gleicht.
Smart Beta bietet ETF-Anbietern einen guten Nährboden, um in einem margenschwachen Geschäft höhere Einnahmen zu generieren. Es gibt viele Faktoren und Strategien, die durchaus Sinn machen, aber auch viele, die überflüssig sind. Wichtig ist, Faktoren und deren Indexstrategien genau zu analysieren und die Rendite- und Risikotreiber zu kennen. Eine Risikoprämie sollte zudem nachvollziehbar und ökonomisch erklärbar sein. Beispielsweise bieten Small Cap Aktien eine Prämie, da sie geringer kapitalisiert und somit anfälliger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind. Zudem sind sie deutlich illiquider als ihre großen Pendants. Hierauf gehen wir in unserem Buch detailliert ein. Auch Multi-Faktor-Strategien werden beleuchtet. Hier muss insbesondere darauf geachtet werden, dass es keine Kannibalisierungseffekte zwischen den Faktoren gibt. So weisen beispielsweise Momentum Strategien meist eine negative Value-Prämie aus, da diese eher Aktien favorisieren, die hoch bewertet sind. Da der Value-Faktor jedoch auch wissenschaftlich gut bestätigt ist, sollte man hierzu kein negatives Exposure haben.
e-fundresearch.com: Und wie definiert sich nun das „Beyond“ im Buchtitel?
Sebastian Stahn: Das Buch startet mit einer umfassenden Einführung zu ETPs. Es werden klassische Fragen beantwortet wie: Welche Marktteilnehmer gibt es? Wie hat sich der ETP-Markt entwickelt? Welche Unterschiede gibt es in der Replizierung? Danach wird die Entwicklung von der 1. Generation, der klassischen Marktkapitalisierung wie dem S&P 500 ETF über die 2. Generation, der alternativen Indexgewichtung beleuchtet. Smart Beta Strategien bieten als Teil der 2. Generation viele Vorteile, jedoch immer ein Beta nahe 1. So hat selbst eine Low Volatility Strategie den Drawdown in der Finanzkrise zwar um einige Prozentpunkte reduzieren können, verlor absolut jedoch deutlich zweistellig an Wert. Hier setzt das „Beyond“ oder wie wir es auch nennen, die 3.Generation des Indexing, an. Wir zeigen auf, wie man Smart Beta Strategien regelbasiert in einer dynamischen Asset Allocation einsetzen und das Rendite-/Risikoprofil somit gezielt verbessern kann. Von einfachen DIY-Strategien wie der Orientierung an der 200 Tage Linie bis hin zu komplexeren Varianten ist eine große Bandbreite vertreten.
Zudem werden klassische Fallstricke wie Investmentkosten oder verhaltenswissenschaftliche Probleme behandelt und Ansätze aufgezeigt, wie man diese am besten umgehen bzw. lösen kann. Alles natürlich mit vielen Tabellen und Charts garniert. Wir haben auch ein Kapitel eingebaut, das speziell auf die Problematik des Contangos bei Rohstoff- oder Volatilitäts-ETPs und die Fallstricke bei gehebelten Produkten eingeht.
e-fundresearch.com: Schauen wir in die Zukunft: Welche Trends im Bereich Indexing und ETFs und im Speziellen im Bereich Smart Beta erwarten Sie in den kommenden Jahren?
Sebastian Stahn: Die Investorenschaft von ETFs wird sich definitiv weiter verbreitern. Das zeigen diverse Umfragen unter professionellen Investoren. Im Aktienbereich haben sich bereits viele Smart Beta Strategien etabliert und konnten hohe Volumina anziehen. Hier wird sicher aber auch der ein oder andere ETF wieder vom Markt verschwinden, wenn das Volumen ausbleibt oder die Performance nicht das erhoffte Ergebnis bringt. Wachstum für Smart Beta Strategien bietet definitiv der Fixed Income Bereich. Hier besteht noch viel Potenzial für alternative Indexierungsstrategien, zumal klassische Renten-ETFs nach ihrem Verschuldungsgrad gewichtet sind und somit das Unternehmen oder Land mit der höchsten Verschuldung das größte Indexgewicht hält. Auch im Bereich alternativer Strategien ist Wachstum denkbar. Ich denke hier z.B. an marktneutrale Long/Short-Strategien oder intelligentere Commodity-Konzepte. Auch dynamische Multi-Asset-ETFs haben Potenzial.
Ein großer Trend geht momentan auch in Richtung maßgeschneiderte Indexierung (Customized Indexing) und verschafft Indexanbietern somit Grund zur Freude. Hier treffen Themen-Investments wie beispielsweise der US-ETF auf Cyber Security mit dem markanten Ticker „HACK“ auf große Nachfrage. In Summe wird auch in Zukunft Bewegung im Markt bleiben und spätestens in der nächsten Krise wird sich die Spreu vom Weizen trennen.