10 unwahrscheinliche, aber mögliche Ereignisse für 2018

Paul Jackson, Head of Multi-Asset Research bei Invesco PowerShares, hält es wie Aristoteles: Besser an unwahrscheinliche Möglichkeiten glauben als an wahrscheinliche Unmöglichkeiten. Gemäß Paul ist es zwar unwahrscheinlich, aber durchaus möglich, dass 2018 Real Estate als beste Anlageklasse abschneidet, Aktien aus Russland und Europa nach oben und aus den USA nach unten tendieren sowie Schuldpapiere aus Schwellenländern, der Türkei sowie Italien outperformen. Markets | 15.01.2018 18:57 Uhr
Paul Jackson, Head of Multi-Asset Research bei Invesco PowerShares / ©  Invesco PowerShares
Paul Jackson, Head of Multi-Asset Research bei Invesco PowerShares / © Invesco PowerShares
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Es ist an der Zeit, zentrale Szenarien zu vergessen und über unwahrscheinliche, aber mögliche Entwicklungen nachzudenken. Einige unserer Überraschungen wären unangenehm (S&P 500 fällt), einige jedoch erfreulich (EM-Schulden outperformen).

Aristoteles meinte, dass "wahrscheinliche Unmöglichkeiten den unwahrscheinlichen Möglichkeiten vorzuziehen sind". Das bedeutet, dass wir es leichter finden, an interessante Unmöglichkeiten zu glauben als an unwahrscheinliche Möglichkeiten. Ziel hier soll es sein, Ideen für 2018 zu finden, die nicht dem Konsens entsprechen, und von denen wir glauben, dass sie eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mindestens 30% haben. Das Konzept wurde schamlos vom ehemaligen Kollegen Byron Wien übernommen (seine Überraschungen für 2018 finden Sie hier).

Wir sind der Meinung, dass die größten Gewinne durch das erfolgreiche Eingehen von Out-of-Consensus-Positionen erzielt (bzw. die größten Verluste vermieden) werden. Vor einem Jahr war der Konsens optimistisch in Bezug auf höhere US-Renditen und einen stärkeren US-Dollar, und pessimistisch in Bezug auf die Schwellenländer. Daher vertraten damals viele unserer unwahrscheinlichen, aber möglichen Ideen die gegenteilige Auffassung ("Mexikanischer Peso erholt sich"; "Emerging Market Debt wird outperformen"; "US-Renditen Ende Jahr tiefer" usw.). Die Märkte scheinen jetzt in einer positiven Stimmung zu sein, so dass einige unserer Ideen ins Negative tendieren, wobei wir eine gewisse Diversifikation anstrebten.

  • S&P 500 beendet das Jahr tiefer

    Da der US-Aktienmarktindex S&P 500 das Jahr mit einer Reihe neuer Rekorde begann, ist die Versuchung groß, unser Ziel für Ende 2018 von 2625 nach oben zu korrigieren. Der  US-Aktien-Bärenmarktindikator ist zwar nicht extrem (er lag Ende 2017 bei 67%), die Bewertungen aber schon. Wir glauben, dass dies weiteres Aufwärtspotenzial begrenzt (das Shiller PE von 32,4 Ende 2017 wurde seit Januar 1881 nur in einem Prozent der Zeit überschritten). Obwohl jetzt alles rosig aussieht (gesundes Wirtschaftswachstum etc.), glauben wir, dass solche Bewertungen wenig Polster bieten, wenn die Erwartungen enttäuscht werden. Wir erwarten bessere Renditen in anderen Ländern, insbesondere in der Eurozone (unser EUROSTOXX 50-Ziel per Ende 2018 ist 4200). Weitere Informationen finden Sie in unserem Outlook 2018.

  • BOJ schließt sich dem globalen QE-Tapering an

    Die Fed schrumpft ihre Bilanz, die Bank of England (BOE) hat ihr Ankaufsziel erreicht und die EZB hat signalisiert, im Laufe des Jahres 2018 moderater zu agieren. Wir vermuten, dass die Bank of Japan (BOJ) diesem Beispiel in diesem Jahr folgen wird. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass die kollektive Bilanz der sogenannten QE5 (einschließlich der SNB) bis zum Jahresende schrumpfen könnte. Dies impliziert eine Umkehrung der 2008 begonnenen Liquiditätsspritzen der Zentralbanken, was sich vermutlich vor allem auf die festverzinslichen Anlagen auswirken wird, deren Rendite unserer Meinung nach durch die QE-Aktivität verzerrt wurde.
  • NAFTA kollabiert

    Die sechste Runde der Neuverhandlung und Modernisierung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) findet vom 23. bis 28. Januar in Montreal statt. Wie in der New York Times vom 21. November 2017 dargelegt, fand der Wunsch der USA, ihren Handel mit Kanada und Mexiko auszugleichen, nur geringes Echo (die Defizite im Januar/November 2017 betrugen 15,3 Mrd. US$ bzw. 65,7 Mrd. US$, basierend auf nicht saisonbereinigten Daten des Census Bureau). Da die mexikanischen Wahlen am 1. Juli anstehen, ist die Zeit knapp, um diese Gespräche zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Noch dringlicher ist die Situation angesichts der Gefahr eines linkspopulistischen Präsidenten in einer Person wie Andres Manuel Lopez Obrador (AMLO). AMLO ist derzeit führend in Meinungsumfragen (wie z.B. von Reuters am 19. Dezember berichtet). Es ist unwahrscheinlich, dass sich eine harmonische Beziehung mit Donald Trump anbahnen wird. Wir gehen davon aus, dass das Ende der NAFTA für alle drei Mitgliedsländer schädlich wäre, vermuten aber, dass die Auswirkungen auf die mexikanischen und lateinamerikanischen Assets am stärksten spürbar wären.
  • Immobilien top, trotz Zinsanspannungen

    Gemäß unserem Ausblick 2018 werden Immobilien im Jahr 2018 die weltweit beste Anlageklasse sein (nach Rang 2 in 2017). Wir halten die Renditen für vergleichsweise attraktiv und erwarten ein anhaltendes Wachstum der Mieten bzw. Dividenden. Viele Anleger fragen sich jedoch, ob Immobilien auch bei steigenden Zinsen nach oben tendieren können. Wir glauben, dass dies möglich ist. So beobachteten wir, dass in vergangenen Jahren globale Real Estate Investment Trusts (REITs) tendenziell eine gute Performance gezeigt haben, wenn Staatsanleihen schlecht abgeschnitten haben. Nimmt man die Renditen der US-Assetklassen im Zeitraum von 1987 bis 2016 unter die Lupe, stellt man fest, dass die REIT-Performance positiv mit den Fed-Zinsen korreliert war, keine Korrelation mit den 10-jährigen Treasury-Renditen hatte und negativ mit der Steigung der Zinsstrukturkurve korreliert war. Das deutet auf eine gute Performance hin, auch wenn die Fed die Zinsen erhöht.
  • Italienische Anleihen besser als der Rest der Eurozone

    Europa weist Risiken auf, aber wir glauben nicht, dass die italienische Politik eins davon ist (wir denken, dass eher Ungarn und Polen in diesem Jahr die Suche nach dem Wesen der EU anregen werden). Die mit Spannung erwarteten Wahlen in Italien finden am 4. März statt, und die jüngsten Meinungsumfragen deuten darauf hin, dass es keinen eindeutigen Gewinner geben wird (siehe 2018: Ein Jahr in der Politik). Es scheint, dass eine Mitte-Rechts-Koalition die meisten Stimmen (35 bis 40%) erhalten wird. Aber das neue Wahlsystem (eine Mischung aus Direkt- und Verhältniswahl) macht es schwierig, die Aufteilung der Parlamentssitze vorherzusagen. Eine gute, altmodische, instabile Koalition scheint das wahrscheinlichste Ergebnis zu sein. Das ist zwar nicht großartig, doch zumindest wird damit eine Fünf-Sterne-Regierung vermieden. Das Schlimmste, was unserer Meinung nach passieren könnte, ist Silvio Berlusconi als Einflüsterer des Premierministers (Berlusconi selber ist derzeit von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen). Darauf basierend vermuten wir, dass der jüngste Anstieg der Renditen italienischer Anleihen ungerechtfertigt ist, und die Prämie von 1,58% gegenüber den deutschen 10-Jahres-Renditen (2,03% gegenüber 0,45%, Stand 9. Januar 2018) sich mehr als ausreichend erweisen wird. Der Renditespread gegenüber Deutschland ist in Krisenzeiten höher gewesen. Da dies nicht der Fall ist, sind wir für 2018 mit dem 1,58%-Polster zufrieden.

 

  • Schwellenland-Schulden outperformen erneut

    Wir haben die Schuldtitel der Schwellenländer (EM) in den beiden vorangegangenen "unwahrscheinlichen, aber möglichen" Listen aufgeführt und haben uns dafür entschieden, dies erneut zu tun. Die starke Performance der letzten Jahre macht es schwieriger, diese Überzeugung aufrechtzuerhalten. Die Schwellenländer bieten tendenziell bessere Realrenditen als die entwickelten Märkte und weisen gleichzeitig eine niedrigere Verschuldungsquoten auf. Obwohl der Renditespread für Hartwährungs-EM-Anleihen gegenüber US-Anleihen im historischen Vergleich (Vergleich des Barclays EM Hard Currency Index mit dem Barclays US Aggregate Government Index) mittlerweile tief ist und weniger als 2% beträgt, liegt der Spread für Lokalwährungs-EM-Anleihen gegenüber globalen Aggregaten etwa bei 5,5%, also nahe den historischen Höchstständen (Vergleich des JPM GBI-EM Composite Index mit dem JPM GBI Global All Maturities (Local) Index, beginnend 2002). Wir bevorzugen daher die Lokalwährungen der EM-Schulden.

 

  • Türkische Schuldpapiere vom Keller in den Dachstock

    Die türkische Verschuldung war in den letzten zwei Jahren, gemessen in US-Dollar, das Schlusslicht in unserer globalen Performance-Rangliste (ok, wir haben ihr Potenzial im letzten Jahr hervorgehoben!). Außerdem hat sie jetzt einen dysfunktionalen Präsidenten, der den Rest der Welt zu entfremden scheint (ja, wir sprechen immer noch über die Türkei). Dennoch befindet sich die Türkei in einer Gruppe von Ländern mit hohen Realrenditen und niedriger Verschuldung in Relation zum Bruttoinlandprodukt. Darüber hinaus hat die Gruppe mit 5,14% bei USD-Anleihen die höchste 10-jährige Rendite in Hartwährung (Argentinien ist mit 5,96% höher, verdient aber immer noch eine Standardprämie, denken wir). Schließlich beträgt die Rendite in Lokalwährung auf 10 Jahre 11,45% (gegenüber dem jüngsten Höchststand von 12,8%), was unseres Erachtens einen ausreichenden Ausgleich für die damit verbundenen Risiken bietet.
  • Russische Aktien schlagen bedeutende Indizes

    Auf der Suche nach exotischen Aktienmarktchancen ist der libanesische Markt der einzige, der eine Dividendenrendite (7,66%) über seinem Kurs-Gewinn-Verhältnis (6,01) aufweist, wie Bloomberg-Daten für den BLOM-Index zeigen. Allerdings ist eine Marktkapitalisierung von nur 8 Mrd. Dollar ein limitierender Faktor, sodass wir unsere Aufmerksamkeit woanders hin richten. Russische Aktien belegten in unserer Aktienmarkt-Rangliste 2017 den 61. Platz von 67 und der Russian Trading System Cash Index (RTS$) liegt derzeit bei einem PE von 7,88 mit einer Rendite von 4,99% (Stand: 9. Januar 2018). Sowohl die Währung als auch der Aktienmarkt sind ölpreissensibel. Da die globalen Öl- und Gasvorräte in letzter Zeit hinter dem Aufwärtstrend des Öls zurückgeblieben sind, vermuten wir, dass der russische Markt 2018 etwas aufholen kann. Dies vor allem, falls sich die Wirtschaft beschleunigt, was durch die Ausrichtung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft unterstützt wird (wir erwarten nach wie vor, dass sich das Öl mittelfristig auf tieferem Niveau normalisieren wird, wobei das gegenwärtige globale Wirtschaftsumfeld 2018 dagegen spricht).
  • Mike Pence rückt nach; Gold fällt unter $1100

    Mike Pence wird Präsident der USA, aus welchem Grund auch immer. Obwohl wir glauben, dass dies die Märkte kaum durcheinanderwirbeln würde, könnte Gold beeinträchtigt werden. Gold baute eine Prämie von $150 auf, als Donald Trump gewählt wurde, wie es unser Modell signalisiert hatte (das Modell basiert auf den realen Renditen der Treasuries, den Inflationserwartungen und dem Dollar). Sollte sich diese "Trumpprämie" auflösen, würde sich Gold in die Nähe von $1150 begeben. Zudem würde der von uns prognostizierte Anstieg der Treasury-Renditen ausreichen, um es unter $1100 zu drücken.
  • England erreicht das Viertelfinale der Weltmeisterschaft

    Die englischen Fußballer erreichen das Viertelfinale der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft in Russland (eine Überraschung), wo sie entweder gegen Brasilien oder Deutschland verlieren werden, die beide das Finale erreichen. Dabei gewinnt Brasilien seinen sechsten Titel.

Paul Jackson, Head of Multi-Asset Research, Invesco PowerShares


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