"Korrektur erledigt, Flashcrash, in zwei Wochen werden wir uns nicht einmal mehr an die Bewegung erinnern können. Das oder ähnliches war in der vergangenen Woche von vielen unverbesserlichen Aktien-Bullen zu hören. Mögen sie recht behalten! :-) Dass ich als alter Zweifler und, ja ich sag´s jetzt, alter Anleihen-Versteher da nicht ganz sicher bin, liegt auf der Hand. Mein persönliches Problem! - werden sie zurecht sagen. Worauf ich allerdings hinweisen muss ist, dass wir natürlich abhängig vom Markt, den wir betrachten seit dem letzten Flashcrash im Sommer 2015 – die Dinger finden offensichtlich grundsätzlich immer dann statt, wenn ich gerade auf Urlaub bin – nicht überall nur mit steigenden Märkten konfrontiert waren. Der Eurostoxx50 zum Beispiel weigert sich standhaft über seine 2015 Hochs zu steigen. Im S&P 500 sind es in Euro gerechnet gerade einmal 12 Prozent. Der Dax befindet sich aktuell mehr oder weniger genau dort, wo er sich im April des Jahres 2015 aufgehalten hat.
Um kurz auf den Deutschen Märkten zu bleiben: Interessanter Weise hat auch der deutsche Staatsanleihen-Index REX im gleichen Zeitraum wie der Dax ziemlich genau das gleiche verdient, nämlich gar nichts. Auch augenfällig ist, dass im Sommer 2015 die Korrelation zwischen REX und DAX, ähnlich wie jetzt, ziemlich hoch war. Man könnte also sagen: außer Spesen nichts gewesen! ;-) Wen interessieren schon die Deutschen, wird die eine oder andere sagen. Nun vor der VW (Ab)Gas Affaire hätte ich gesagt, dass das die einzigen sind, auf die man sich in punkto Stabilität und nachhaltiges wirtschaften wirklich verlassen kann, aber nun….
Diese neue Unverlässlichkeit zieht sich leider quer durch´s Land und hat uns nach 15 Jahren Merkel auch dort zur vollkommenen Unprognostizierbarkeit geführt. Merkel, die ich bekanntermaßen über viele Jahre eigentlich doch recht geschätzt habe und sei es nur, weil sie der stabile Anker, man möchte fast sagen, der Weltpolitik war, hat es leider, wie so viele große, autokratische Führungspersönlichkeiten der Vergangenheit, offensichtlich verpasst zum richtigen Zeitpunkt abzudanken. Was bleibt ist ein politisch ungeführtes Deutschland, dass jetzt vom Abstimmungsverhalten von rund 430 tausend Solzialdemokraten abhängt. Could it be worse? ;-) Ein zusätzliches Negativum ergibt sich daraus, dass die beiden gebotenen Alternativen – Junior Partner in der GroKo oder direktes Abgleiten in die politische Bedeutungslosigkeit als dritte Kraft – für die Mitglieder die Entscheidung between a rock and a hard place sein dürften.
Mal sehen was da raus kommt, viel positives ist, fürchte ich, nicht zu erwarten. Die Briten fallen (r)aus, Macron hat Zustimmungsraten unter 50%, wie´s in Italien ausgeht, wird sich weisen. Was bzw. wer bleibt dann Europa noch? Wie gestern mit ein paar lieben Kollegen besprochen, wäre ein Europa der Administrationen (ohne Regierungen) wahrscheinlich auch gar nicht ganz blöd, man sieht ja immer wieder, dass, wenn Länder länger keine gewählten Regierungen haben (Belgien, Niederlande, Italien), dass der Laden trotzdem läuft… Aber genug der Gedankenspiele! ;-)
Sonst noch was? Eigentlich kaum, der Markt benötigt meiner Ansicht nach nun neue, damit er weiter steigen kann (der Aktienmarkt), möglichst positive Impulse, die allerdings aktuell schwer auszumachen sind. Konjunkturell liegt alles auf dem Tisch, die Steuerreform in den USA wurde als positiver Treiber zur Unzeit völlig sinnlos verpulvert und die Kriegsgefahr in diversen Ecken der Welt ist so hoch wie nie. Was passiert eigentlich, wenn sich ein Flugzeug der syrisch/russisch/iranischen Allianz im Verteidigungsfall gegen einen Angriff der Türkei auf türkisches Territorium verirrt? – Ist das dann ein Bündnisfall im Sinne der NATO und es kommt statt den Stellvertreterkriegen der letzten Jahre zu einer direkten Konfrontation zwischen der NATO und dem Rest der Welt? Nicht so gut, oder?"
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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