"Da sich rund um die Ereignisse um die Firma von Herrn Zuckerberg und Cambridge Analytica nun mehr oder weniger die ganze Welt mit dem letzte Woche (g´scheit muss man nicht sein, Glück muss man haben ;-)) an dieser Stelle diskutierten Themenkomplex recht intensiv auseinandersetzt, bleibt uns wieder Zeit ein wenig marktspezifischere Überlegungen anzustellen. Mein Herz schlägt ja bekanntlich (oder auch nicht) neben den Alternatives vor allem für die Zinsmärkte. Aktien hingegen waren mir immer schon ein Bisserl suspekt….
Das „warum“ jetzt näher auszuführen spar ich mir für einen Tag, wo´s wieder einmal nicht so viel zu berichten gibt. :-) Heute darf ich aber postulieren, dass aufgrund der Entwicklung der US Zinsmärkte ich eine technische Rezession gegen Ende 2019 erwarte. Tough Call wird jetzt wohl die eine oder der andere schnaufen. Eh. Aber, werfen wir einmal einen Blick auf die US Zinskurve. Es scheint, als würden im zehnjährigen Bereich irgendwo bei 3% Käufer im Markt sein, weil sonst wär ja nicht bei 2,95+% Schluss gewesen. Find ich persönlich eigentlich auch ein recht schönes Niveau vergleicht man das mit den Möglichkeiten hierorts, insbesondere wenn man im Umfeld des New Normal den Markt längerfristig eher in diesem Bereich als bei 5% plus sieht.
Gehen wir also davon aus, dass da bei 3% der Anker drinn liegt, dazu addieren wir die Intention von Herrn Powell den amerikanischen Leitzins heuer noch drei- bis viermal, also auf 2,25% bis 2,50% anzuheben, dann ist´s nicht mehr weit zur Inversion der Zinskurve. Das wiederum war in der Vergangenheit ein recht guter Indikator für eine bevorstehende, technische Rezession. Die Frage, die sich natürlich stellt ist allerdings, ob die Inflation nicht doch stärker anspringt, als wir jetzt vermuten, die Zinskurve sich parallel nach oben verschiebt und eh alles gut wird. Fürchte allerdings, dass das ein weniger wahrscheinliches Szenario ist, weil sich rundherum doch einige dunkle Wolken zusammenbrauen, die die US Konjunktur eher bremsen dürften bzw. als Stimulator leider dann, wenn man´s brauchen tät, nicht mehr zur Verfügung stehen.
Das mit der Unzeit und der Steuerreform haben wir ja schon besprochen, naja und einen Handelskrieg mit China und dem Rest der Welt anzuzetteln dürfte wohl kaum dazu angetan sein, die amerikanischen Wirtschaft weiter zu beflügeln. Entzieht nun Powell den Märkten das geldpolitische Metadon vollends (wobei das ja schon Fr. Yellen angeleiert hat) und DJ Trump seiner Bevölkerung ihre Painkiller und andere Drogen, weil er auch dort den Freihandel unterbindet (bitte mich hier nicht falsch zu verstehen, moralisch bin ich diesfalls durchaus auf seiner Seite, nur mit den philippinischen Methoden, mag ich mich nicht so recht anfreunden!), dürfte das der Volksglücklichkeit generell eher nicht allzu zuträglich sein. ;-) Unangenehmerweise gilt insbesondere für die Finanzmärkte wohl das alte Spruchweistum, dass, wenn Amerika niest sich der Rest der Welt eine ordentliche Verkühlung holt, leider mehr denn je…
Soviel also zu den Aussichten. Das mit den Drogen, im Sinne der extrem lockeren Geldpolitik, gilt natürlich in höherem Maße auch für Europa und natürlich bis zu einem gewissen Grad auch für Japan. Dort dürfte sich die Sache durch die demographische Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten allerdings wohl selbst regeln. Wie wir das anstellen werden, noch dazu mit einem gänzlich inhomogenen Wirtschaftsraum, wird äußerst spannend werden. Wieviel muss eigentlich zB die italienische Wirtschaft wachsen, wenn die Refinanzierungskosten über die gesamte Kurve um zB 100 Basispunkte steigen? Dann werden alle wieder hoffen, dass Frau Merkel sagt: Wir schaffen das! :-)
Und aus. Wobei, etwas off topic, aber: Haben sie Kinder eventuell im Volksschulalter? Wissen Sie was die sagen, wenn sie meinen, dass etwas wirklich, richtig alt ist: Das ist sicher aus den 80er Jahren…. :-) jetzt aber wirklich!"
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
Verpasste Mittwochskommentare können Sie hier nachlesen
Gastkommentare werden von anerkannten Experten verfasst, deren Meinungen nicht mit jener der e-fundresearch.com Redaktion übereinstimmen müssen.
Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.