ESG: Engagement ist definitionsgemäß “integrativ”

"Glaubt man an nachhaltige Finanz, dann ist Anteilseignerschaft nie feindlich, sondern proaktiv." | Exklusiver Gastbeitrag von NN Investment Partners Markets | 09.07.2018 16:31 Uhr
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Teilt man den Führungsstil eines Unternehmens nicht, weil man der Ansicht ist, dass es die Werte der Aktieninhaber ignoriert und gleichzeitig zu große Risiken eingeht, dann soll man in dieses Unternehmen nicht investieren. Glaubt man aber dagegen, dass das Unternehmen für neue Ideen empfänglich ist und dem Wandel offen gegenübersteht, dann lohnt es sich, eine Diskussion und eine Bewertung einzuleiten, welche eventuell dazu führen, dass man in das Unternehmen investiert. So könnten wir die Philosophie zusammenfassen, die mit Engagement einhergeht, d. h. mit der Tätigkeit, die von Verwaltungsgesellschaften mit dem Ziel vorangebracht wird, börsennotierte Unternehmen dazu zu stimulieren, Ziele zu erreichen, die soziale oder Umweltauswirkungen haben. Es handelt sich um eine besonders spannende Herausforderung, die eine regelrechte Kluft aufreißt zwischen denjenigen Verwaltungsgesellschaften, die die Begriffe ESG und SRI nur aufgrund einer kurzlebigen Mode benutzen, und denjenigen, die dagegen schon seit langem an nachhaltige Finanz und an ihre potentiellen Resultate glauben.

Die Gesellschaften, die ihr Handeln an der Idee einer nachhaltigen Finanz ausrichten, beziehen die sogenannten proaktiven Anteilseigner mit ein, welche – zum Beispiel durch die Ausübung des Wahlrechts bei Versammlungen der Aktionäre – konkret in die Unternehmensführung eingreifen, um dessen künftige Leistungen nach klar definierten sozialen und Umweltkriterien zu beeinflussen. Die Ausübung des Wahlrechts ist aber nur der sichtbarste und bekannteste Aspekt jener proaktiven Anteilseignerschaft, die es sich letztlich zum Ziel macht, die Unternehmensleitung zur Verantwortung anzuhalten und die Wirksamkeit der Strategien zu kontrollieren, die von dem Unternehmen umgesetzt werden, in das man investiert. 

Wer an Engagement glaubt ist davon überzeugt, dass es nützlicher ist, aktiv daran zu arbeiten, dass sich in den ausgewählten Unternehmen verantwortlichere Politiken und Verhalten durchsetzen, als passiv und automatisch die “nicht-nachhaltigen” Aktien aus dem eigenen Portfolio auszuschließen. Engagement wirkt definitionsgemäß integrativ und proaktiv, und nicht feindlich und ausschließend. Dennoch ist es nicht einfach, die vom Standpunkt der sozialen und Umweltauswirkungen aussichtsreicheren Unternehmen auszumachen, unter anderem weil die Berichterstattung in diesem Punkt bis heute mangelhaft ist. Unternehmen haben erst seit kurzem angefangen, die auf die soziale und Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeit bezogenen Daten öffentlich zu machen. Aus diesem Grunde erweist sich die “Engagement”-Methode der einzelnen Verwaltungsgesellschaften als entscheidend. “Und das führt uns zum sogenannten ‘engaging for impact’”, erklärt Simona Merzagora, Managing Director von NN Investment Partners. “In diesem Sinne ist die Mitarbeit der Unternehmen nötig, in die investiert wird, damit bestimmte Wirkungsziele erreicht werden”. Gerade durch eine klare Vorstellung der zu erreichenden Ziele wird eine wirksame Engagement-Tätigkeit entfaltet. Welche sind diese Ziele? Nach Ansicht der Experten von NN Investment Partners sind es drei:

  1. Zielstrebigkeit ausbilden in Bezug auf Absicht, Auswirkung und Nachhaltigkeitsleistung; 
  2. die Berichterstattung und die Leistung selbst aufbessern;
  3. die Wirkung messen.

Offensichtlich ist, um Unternehmen auf diese drei Bereiche zu verpflichten, ein Engagement nötig, das über die Ausübung des Wahlrechtes in der Versammlung hinausgeht. Nicht zufällig setzt die Analyse der Unternehmen weit vor dem ersten Treffen ein und sieht eine sorgfältige Sichtung der Business-Operationen und ihrer Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft vor. Zu diesem Prozess gehören normalerweise die Abwägung der Jahresberichte, der Nachhaltigkeitsberichte und der Vorstellungen der Abteilung Investor Relations. Diese Arbeit erlaubt es, das Vorhandensein eventueller kritischer Elemente in Hinsicht auf Umwelt, Gesellschaft und Governance (d.h., auf der Ebene der ESG-Kriterien) festzustellen. Nur nach dem einführenden Treffen werden die spezifischen Ziele des Unternehmens nach dem Modell der drei allgemeinen Targets, die eben die Basis des Engagements bilden, festgelegt. In diesem Sinne schlägt sich der die Engagement-Tätigkeit kennzeichnende Aktivismus in positive und nicht in feindliche Aktivität nieder. Dieser Aktivismus hilft den involvierten Unternehmen dabei, die praktischen Aspekte, die Absicht und das Veränderungspotential der anvisierten Wirkung klar zu fokussieren.

“Es handelt sich um einen intensiven Prozess, der materielle Auswirkungen auf das Unternehmen entfalten kann. An dieser Aktivität nehmen nicht nur die Gesellschaften teil, die zu unseren nachhaltigen Fonds zählen, sondern alle unsere Investitionsfonds. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel an mehr als 300 Wahlen bei Aktionärsversammlungen teilgenommen, und uns dabei auf drei Schlüsselaspekte konzentriert: Nachhaltigkeit, Wirksamkeit des Verwaltungsrats und Board Diversity, Anpassung der Führungsvergütungen an die strategischen Unternehmensziele” erklärt Merzagora, die in Bezug auf eine bestimmte Kategorie von spezifischen Investitionen, das Impact Investment, die vier Phasen des Engagement-Prozesses beschreibt.

“An erster Stelle wird die Auswirkung des Unternehmens, in das wir investieren möchten, analysiert – zusammen mit seinem Nachhaltigkeitsprofil, seinem Businessmodell und seinen Finanzdaten: Wir führen, in anderen Worten, ein Screening durch”- so Merzagora weiter. “Nachfolgend findet die Fundamentalanalyse statt: Hier gerade gehen wir in Kontakt mit dem Unternehmen, es finden erste Gespräche statt und es werden die ersten Fragen gestellt. Dann kommt der Aufbau des Portfolios, und erst in der letzten Phase werden die spezifischen Ziele unseres Engagements definiert (Tiefen-Engagement) und die nachfolgende Leistung unter Umwelt-, gesellschaftlichen und Finanzgesichtspunkten verfolgt”.

Dieser letzte Schritt ist grundlegend, um verstehen zu können, inwieweit die festgelegten Ziele tatsächlich erreicht wurden. In dieser Phase werden die Fortschritte bei den festgelegten Zielen sowie die Schritte bewertet, die das fragliche Unternehmen gemacht hat. Dabei wird der Qualität des Gesprächs große Bedeutung beigemessen. In dieser Perspektive werden die Offenheit der Führung und die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens besonders relevant – dessen Bereitschaft, Veränderungen herbeizuführen, das Bewusstsein der zur Verhandlung stehenden Fragen, die Anzahl und Beschaffenheit der diskutierten Themen, die Tiefe der Diskussion selbst und die Berichterstattung.

Der Engagement-Prozess für Impact-Investing

1. Praktische Wirkungsaspekte

Ist die Auswirkung relevant für die Werttreiber (Verkäufe, Gewinne, usf.)?

Beeinflusst sie die Fähigkeit des Unternehmens, auf den einschlägigen Märkten und mit den einschlägigen Stakeholdern zu handeln?

2. Absicht

Ist die Wirkung freiwillig verfolgt? Gehört sie zu der Strategie und zu den Zielen des Unternehmens?

3. Veränderungspotential

Das Unternehmen ist dazu in der Lage, durch das Business-Modell, die Technologie, den Betriebsumfang oder die Standards eine Veränderung zum Besseren zu bewirken.

Hinter dem Akronym ESG: Klare und scharf umrissene Ziele

Environment, Social, Governance. Hinter dem Akronym ESG stehen diese drei Begriffe. Und hinter diesen Begriffen stehen klar definierte Engagement-Ziele. Schauen wir sie uns an.

Environment

Seit einigen Jahren sind von den großen Umweltherausforderungen insbesondere die großen Öl-, Gas- und Bergbaugesellschaften betroffen. Zum Beispiel sind die NN IP-Experten bilateral oder auf dem Wege der Kooperation damit beschäftigt, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die Ölsand fördern, indem sie sie dazu auffordern, für die umweltrelevanten Aspekte ihrer Tätigkeit (wie z. B. die Treibhausgasemissionen oder den Wasserverbrauch) klare Ziele zu umreißen, und die Verwaltungsgesellschaften über die erzielten Fortschritte zu informieren. 2014 unterzeichnete NN IP die Erklärung der internationalen Investoren zum Klimawandel. Die Erklärung erkennt die Rolle von Investoren bei der Finanzierung von umweltfreundlichen Energien an und umreißt die spezifischen von den Investoren eingegangenen Verpflichtungen. Die Erklärung fordert darüber hinaus die politischen Entscheidungsträger dazu auf, so zu handeln, dass die Investitionen in umwelt- und klimafreundliche Energien unterstützt, und nicht beeinträchtigt werden.

Social

Soziale Themen bilden einen weiteren wichtigen Aspekt von Engagement. Hier hat sich NN IP vor allem für die Besserung der Sicherheitsstandards und der Beziehungen zur Gemeinschaft bei Bergbau- und Ölkonzernen eingesetzt. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei letzterem Aspekt, da es sich um Unternehmen handelt, die in vielen Ländern mit unterschiedlichen Entwicklungsniveaus tätig sind. Das Humankapital, eines der kostbarsten immateriellen Werte einer jeden Organisation, stellt ein weiteres zentrales Thema dar. NN IP setzt sich zusammen mit der Consumer-Branche für die Aufarbeitung von sozialen und Arbeitsthemen ein und arbeitet – unter Einhaltung der Prinzipien für verantwortliches Investieren der Vereinten Nationen (PRI) – mit Unternehmen aus der ganzen Welt zusammen, damit die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption wirksamer werden.

Governance

Governance ist ein weiteres zentrales Thema der Engagement-Tätigkeit. Diesbezüglich setzt sich NN Investment Partners regelmäßig und eingehend mit Unternehmen auseinander zu Fragen der Vergütung und der Struktur des Verwaltungsrats im Vorfeld der Versammlungen der Aktionäre. In 2014 hat NN IP aktiv zur Abfassung eines Referenzdokuments des International Corporate Governance Network (ICGN) beigetragen, in dem Praktiken und Empfehlungen vorgeschlagen werden zur Besserung der Chancen für Aktionäre, ihr Wahlrecht in der ganzen Welt wirksam auszuüben.

Palmöl: Ein konkreter Fall von Engagement

Vor ein paar Jahren zeigte die Werbung eines bekannten italienischen Süßwaren-Produktes die Angestellten des Herstellers, die ohne Zögern behaupteten: “unser Palmöl ist sicher”. Diese Werbung zog die Aufmerksamkeit auf sich, da sich damals gerade die Debatte um eine Branche (die Palmölherstellung) entzündete, die sowohl aufgrund der von den Ölpalmenplantagen verursachten Umweltschäden als auch aufgrund möglicher mit dem Konsum von Palmöl zusammenhängender Gesundheitsschäden in Frage gestellt wurde. Wenn man das Problem vom Standpunkt nachhaltiger Investitionen betrachtet, ergibt sich spontan die Frage: Sollte diese Branche in Betracht gezogen oder ausgeschlossen werden? Hier gerade kommt die Engagement-Tätigkeit ins Spiel – eine Tätigkeit, die im Falle von NN IP das Hauptziel verfolgte, die daran interessierten Unternehmen dazu zu führen, die Transparenz der Produktionskette zu verbessern, indem die Unternehmen zur Produktion von gänzlich zertifiziertem und nachhaltigem Palmöl bewegt wurden. Wie? Fangen wir von vorn an.

Gegenwärtig sind die Hauptproduzenten von Palmöl Malaysia und Indonesien, mit ungefähr 86% der Weltproduktion, die Millionen von Menschen eine Arbeit und den Lebensunterhalt sichert. Die Hauptimporteure sind Indien, China und die Europäische Union (Italien importiert ca. 2,4 % der Welt- und 22% der europäischen Produktion). Nach den Angaben von Oil World ist im Weltmarkt für Pflanzenöle Palmöl die am meisten verwendete Ölsorte (35% des Gesamtvolumens), gefolgt von Sojaöl (ca. 27%), Rapsöl (ca. 14%), Sonnenblumenöl (8%) und Olivenöl (1%). Dafür gibt es einen Grund: Die Zucht der Ölpalme, die in den Tropenländern wächst, ist extrem ertragreich. Im Durchschnitt ergibt sie 3,47 t/ha, 5 Mal mehr als Raps (0,65 t/ha), 6 Mal mehr als Sonnenblumen (0,58 t/ha), sogar 9 Mal mehr als Soja (0,37 t/ha) und 11 Mal mehr als Oliven (0,32 t/ha). Dies bedeutet, dass 17 Millionen Hektar Land “ausreichen”, um 35% des weltweiten Pflanzenölbedarfs zu decken, während 111 Millionen Hektar dazu nötig sind, um mit Soja 27% des weltweiten Bedarfs zu befriedigen. Darüber hinaus ist Palmöl ein relativ preiswertes Produkt. All diese Faktoren lassen vermuten, dass die Produktion in den kommenden Jahren drastisch – parallel zum Wachstum der Bevölkerung und, folglich, der Nachfrage nach Lebensmittel – ansteigen wird, vor allem in den aufstrebenden Ländern. Die Schätzungen reden von +40% bis 2050, dem Jahr, an dem die Weltbevölkerung die Schwelle von 9 Milliarden überschreiten wird.

Doch verursacht die Ölpalmenzucht, wie alle Arten großflächigen Anbaus, bedeutende Umweltschäden. Nicht nur: Mit dem Anbau von Ölpalmen gehen auch soziale und Gesundheitsrisiken einher.

Wie kann die Engagement-Tätigkeit dazu beitragen, die involvierten Unternehmen zu einer unter sozialen und Umweltgesichtspunkten positiven Veränderung zu motivieren? Indem sie auf die Undurchsichtigkeit der Vertriebskette einwirkt. In diesem Bereich richtet sich ein Teil der Engagement-Tätigkeit von NN IP gerade auf einen verstärkten Versuch seitens der Branchenakteure, die Transparenz zu verbessern. Ist es aber wirklich möglich, Palmöl und Nachhaltigkeit zusammenzudenken? Wir von NN IP sind davon überzeugt. Dies auch dank dem Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO), der 2004 mit dem Ziel gegründet wurde, die mit Palmöl verbundenen sozialen und Umweltfragen zu lösen. Heute ist der runde Tisch eine Multistakeholder-Vereinigung, die mehr als 2.400 Mitglieder zählt, zu denen Hersteller, Unternehmen, Vertriebsorganisationen und Umweltschutzverbände gehören. Der RSPO hat ein Zertifizierungssystem für die verschiedenen in die Herstellung und den Vertrieb von Palmöl involvierten Akteure entwickelt, um die negativen Auswirkungen für Umwelt und Gesundheit zu minimieren. NN IP hat nicht nur den RSPO unterstützt, sondern darüber hinaus ein Bewertungsblatt für die Unternehmen entwickelt, bei denen sie sich engagiert, und kontrolliert ebendiese Unternehmen durch Systeme wie SPOTT (Sustainable Palm Oil Transparency Toolkit) und die generelle Analyse der ESG-Prinzipien. Selbst wenn der Weg zweifellos noch lang ist, hat zum heutigen Tag ein Großteil der Unternehmen, bei denen NN IP Engagement-Tätigkeiten zum Thema Palmöl unternommen hat, eine detaillierte Politik umrissen.

Die Schwierigkeit bei deren bruchlosen Umsetzung besteht in der mangelnden Transparenz der Branche, in der Rückverfolgbarkeit des Rohstoffes und in der Überwachungstätigkeit. Größere Unternehmen können hier zweifellos kleinere unterstützen und auf diese Weise der Entwaldung und Entwässerung von Torfland entgegenwirken zugunsten von nachhaltigen Anbaupraktiken.

Wie kann man Palmöl und Nachhaltigkeit vereinbaren?

Dazu muss die Rückverfolgbarkeit von Palmöl verbessert werden, indem man an der Entwicklung eines Zertifizierungssystems für Hersteller, für die Vertriebskette und für Verarbeitungsunternehmen arbeitet.

Die involvierten Unternehmen werden die Menschenrechte fördern und respektieren müssen, indem sie die Arbeitsstandards in den Ölpalmenplantagen anheben und ihre Haltung der Einbindung der Gemeinschaft gegenüber verbessern.

Umsetzung von nachhaltigen Anbaupraktiken, zu denen die Minimierung des Einsatzes von gefährlichen Pestiziden, der Kampf gegen die Entwaldung und Zerstörung von Torfland und für die Erhaltung von natürlichen Ressourcen und Artenvielfalt gehören.

Förderung von kleinen privaten Unternehmen, damit deren Standards und das Niveau ihrer Kenntnisse verbessert werden.

 

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Weitere Informationen zum Nachhaltigkeitsansatz von NN Investment Partners

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