Gröschls Mittwochskommentar: 39/2018

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 26.09.2018 12:07 Uhr
Florian Gröschl, Absolute Return Consulting GmbH / © ARC GmbH
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Im Gegensatz zu den Mittwochs bzw. den Wochen an denen/während derer man das Gefühl hat, es passiere überhaupt gar nichts, ist momentan derartig viel los, dass einen Einstieg zu finden, gar nicht so leicht ist. Vom überraschenden Rücktritt des nur drei Monate im Amt gewesenen Chefs der argentinischen Nationalbank, der bezeichnender Weise Luis Caputo (der Name lässt gewisse unfreiwillige Rückschlüsse auf das Programm zu ;-)) heißt, bis zum Phönix gleichen Aufstieg von Frau Dr. Rendi Pam, hat sich rund um den Globus bemerkenswert viel ereignet.

Europäisch regional war sicher Salzburg zuletzt der Ort allen Grauens, zumindest für Frau May, die dort - offensichtlich gegen Ihre Erwartungen - eine ganz ordentliche Abfuhr von ihren europäischen (Ex)Kollegen bekommen hat. Finden wir das gut? Naja, im Prinzip schon, weil man aus Gründen der Sebstwertschätzung als 27 gegen eine(n) - frei nach dem Motto Du brauchst uns mehr als wir Dich - schon ein bisserl stärker auftreten kann. Ob in letzter Konsequenz dabei jetzt was Besseres rauskommt wird sich weisen. Waren und sind meinem Verständnis nach viele der wesentlichen Kapitel ja schon erledigt.

Noch versucht May jedenfalls den Druck über die Möglichkeit eines vereinbarungslosen Brexits aufrechtzuerhalten, wobei ihr das vor allem innenpolitisch zunehmend schwerer zu fallen scheint. Die nach Neuwahlen rufenden Stimmen werden jedenfalls lauter und das nicht nur in den Reihen der Labour Party. Selbige hat sich ja gestern(?) offensichtlich dazu durchgerungen im Falle des Falles ein zweites Referendum abhalten zu wollen. Auch das eigentlich ein gutes Zeichen, aber was passiert dann? Gehen wir davon aus es gibt Snap-Elections noch 2018, May wird mit Schimpf und Schande davon gejagt, Labour gewinnt und Corbyn lässt, wie versprochen über den Bremain abstimmen und die Mehrheit der Briten entscheidet sich für einen Verbleib in der EU.

Die erste Problematik stellt wohl die Fristigkeit dar. All das müsste jedenfalls vor Ende März 2019 geschehen. Wahrscheinlich machbar. Ein formales Prozedere den einmal getriggerten Artikel 50 wieder zurückzurufen, gibt es meines Wissens (und das mag hier natürlich ein lückenhaftes sein :-)) nach nicht. Heißt also, die EU, bzw. ihre Vertreter, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ob der ganzen G´schicht eh schon heftig andinniert sind, müssten einen großen Schritt auf den UK zugehen. Da wiederum eine gemeinsame Linie zu finden, dürfte ob der diversen internen Verfahren gegen Polen und Ungarn etc nicht ganz einfach sein bzw. wird in ein Bazar-ähnliches Herumhandeln münden. Was entweder in einer Schwächung der Nettozahler oder in keinem Ergebnis enden dürfte und das weiß der Ungar… Also wieder in einem Brexit. Einigt man sich dennoch, bleibt noch die Frage, wie man die Briten wieder integriert. Zu den alten Konditionen mit Briten Rabatt etc? – Klingt höchst unwahrscheinlich bzw. wird in den Wohnzimmern Europas wohl nicht verkaufbar sein.

Ähnliches gilt natürlich auch auf der anderen Seite. Bekommt Corbyn keinen Deal, dann wird er sich auch nicht leicht tun….. Rock oder Hard Place?! Für GB und die lokale Wirtschaft gilt jedenfalls Damage done! (vgl. dazu auch Dark Tranquility und ihr gleichnamiges Album :-)) Der Finanzsektor wird möglicherweise zwar seine Abwanderung reduzieren, aber stoppen wird er sie sicher nicht. Das Gleiche gilt wohl für die Industrie. Sind Entscheidungen erstmal getroffen und Ressourcen reallokiert, dann wird das kaum rückgängig gemacht werden. Naja und was an Kosten durch die ganzen Verhandlungen etc. entstanden sind, wird ja auch jemand tragen müssen… Im Großen und Ganzen also eine vollkommen ersparbare Situation. Aber g´lernt haben wir was, oder wie mein Großvater zusagen pflegte: In jeder Pleite liegt eine Chance! :-)

Ob der bereits fortgeschrittenen Textlänge bleibt jetzt leider kaum mehr Platz für die restlichen Katastrophen. Über DJ Trump auf überregionaler und Herrn Kickl auf nationaler Ebene, liest man eh (im zweiten Fall noch ;-)) in den Fake-News. Wichtig scheint mir noch festzuhalten, dass beginnend mit dem Auftritt unseres Herrn Nowotny am Wochenende in der EZB offensichtlich ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Es wird erstmals seit langem recht deutlich über den bevorstehenden Anstieg der Kerninflation gesprochen und mithin ein früher als erwartet startender Normalisierungsprozess der Leitzinsen in Aussicht gestellt. Gesamtwirtschaftlich gesehen wohl good news, für den Bond Markt wohl eher weniger…

Die Fed tagt heut auch noch und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zinsen weiter anheben, aber damit rechnen ja ohnehin alle…. Und aus!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH


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