Gröschls Mittwochskommentar: 47/2018

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 21.11.2018 11:53 Uhr
Florian Gröschl, Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Da haben wir uns doch in den letzten Wochen, Monaten und Jahren immer wieder beklagt, dass der Markt bestehende Risiken nicht oder nicht korrekt einpreist. Nun, wie´s scheint hat er uns gestern erhört! :-) Interessanter Weise das dann auch gleich bei allen Assetklassen auf einmal. Wenn ich das richtig beobachtet habe, war zum Beispiel Öl gestern zeitweise sieben Prozent im Minus, die amerikanischen FAANGs leerten  rund eine Billion USD ihres Wertes den Bach hinunter, aber auch Bitcoin gab rund 10% ab (nicht das ich Kryptowährungen als Anlageklasse betrachten würde, aber hier passt´s mir ganz gut rein ;-)). Jetzt wird der geneigte Beobachter sagen: stimmt, aber eigentlich geht das ja schon seit ein paar Tagen so. Nun: Stimmt! Gestern war´s aber dann doch relativ heftig! Was sich seit ca. ein-einhalb Wochen auch in die Riege der NPAs (Non Performing Asstes) eingereiht hat, sind die Unternehmensanleihen, die sich bisher relativ aus allem raushalten konnten.

Sehr spannend wird jetzt zu sehen sein, wie sich der Markt für die ganzen passiven Produkte verhält. Darf man den diversen Auguren und Statistikern glauben, wobei man da bei Zweiteren durchaus eine Churchill´esken Ansatz verfolgen sollte und Erstere grundsätzlich immer argwöhnisch betrachten muss ;-), haben wir es aktuell mit einer noch nie da gewesen Masse an naiven, Markt-replizierenden Produkten auf der einen Seite und einem ebenso beeindruckenden Volumen an Trading Algorithmen zu tun. Gehen wir jetzt davon aus, dass das Gros der technischen Handelssyteme Trendfolger sind und das Gros der ETF Investoren Herdentiere (um dem armen Lemming seinen Auftritt (noch?) zu ersparen), dann könnte das durchaus interessant werden. Was auf den liquiden Märkten, wie es letztendlich wahrscheinlich nur die Aktien- und die Derivate-Märkte sind, zu erhöhten Schwankungen und möglicherweise gesteigerte Abwärtsgeschwindigkeit beitragen kann, dürfte auf den Anleihenmärkten, wenn´s denn so weit kommt, zu größeren Verwerfungen führen.

Die nicht mehr ganz jungen unter uns, werden sich ja vielleicht noch erinnern, wie das ist, wenn plötzlich überall die (Kredit)Linien zugehen und keiner mehr mit irgendwem ein G´schäft machen will, weil er Angst hat, dass das Gegenüber morgen vielleicht nicht mehr da ist. Das war in Zeiten, wo´s noch größere Bankbücher gegeben hat und eigentlich hauptsächlich aktive Marktteilnehmer, also eigentlich zumindest theoretisch noch ein bisserl Spielraum gewesen sein hätte sollen. Nun das ist Geschichte. Was passiert eigentlich wenn jetzt ein paar mehr Privatanleger aus zB einem, hoffentlich voll replizierenden, HY ETF rauswollen, der dann wiederum seine Anleihen pro rata geben muss? Am Anfang mag das vielleicht gut gehen, aber irgendwann wird aus dem geordneten Rückzug eventuell eine chaotische Bewegung. Und dann? Was passiert eigentlich, wenn der ETF für ein paar seiner Bonds keine Käufer findet? Wird er dann gegatet (also wie einer von den ganz bösen Hedgefonds vom Handel ausgesetzt) oder kommt die unverkäufliche Anleihe dann in eine Sidepocket (auch wieder, wie bei den ganz bösen Hedgefonds, wird dann eine eigen ISIN kreiert und der Verkäufer bekommt sein Geld für die verkäuflichen Anteile und xyz Stücke von dem neuen Vehikel)? Man darf durchaus gespannt sein, wobei wir uns mit dem Murphy und seinem Gesetz durchaus schon jetzt auseinander setzen sollten…

Den vierten und letzten Absatz für diesen Mittwoch würde ich gern noch etwas Positivem widmen. Wird kurz.. *lol* Aber Scherz beiseite. Positive Katalysatoren für die aktuelle Korrektur, gäbe es – zumindest theoretisch – doch ein paar. Es könnte ja Frau May noch mit Ihrem Deal durchkommen indem zB die EU, was wahrscheinlich nicht blöd wäre, den Briten irgendein kleines, bis mittelgroßes Geschenk macht, damit man hüben die ganze Sache mit positivem Wind in einigermaßen trockene Tücher bringt. Unterm Strich kann man nämlich auch in Europa kein Interesse daran haben, sich auf ewig den Grant der Briten zuzuziehen... Italien gebe auch Raum für eine erfreuliche Wendung, aber das scheint zur Stunde genauso unwahrscheinlich, wie dass!!!! Trump zu den China-Handelssanktionen (oder zu irgendetwas anderem ;-)) was g´scheites einfällt. Oder doch ein weißer Schwan von irgendwo her..?? Die Liste ist wohl doch nicht so lang, wie gehofft…

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH


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