„Wir stehen am Beginn eines unsicheren Jahrzehnts“, warnt John Y. Campbell, Professor of Economics an der Harvard University, an der er seit 1994 lehrt. „Schuld sei die mangelnde Kompetenz der Politik wirtschaftliche Probleme zu lösen“, kritisiert der Harvard-Professor vor allem die USA und Großbritannien. „Meine Befürchtungen eines politischen Missmanagements haben sich bestätigt. Allerdings haben wir bis jetzt noch nicht die Folgen für die US-amerikanische Volkswirtschaft gesehen. Aber ich bin weiterhin pessimistisch“, so Campbell bei seinem Besuch in Wien. „Durch die Steuerkürzungen wurden kurzfristige Anreize gesetzt – zu einer Zeit, wo es gar nicht notwendig gewesen wäre. Das wirkt wie ein Zuckerschock, der nicht lange anhält.“
Hat das unsichere Jahrzehnt schon begonnen?
Der Harvard-Professor spricht bei seinem Gespräch in Wien die geopolitischen Risiken an und meint, dass viel darauf hinweise, am Beginn eines solchen unsicheren Jahrzehnts mit hoher Volatilität zu stehen. „Die Asset-Preise weisen noch nicht ganz eindeutig darauf hin, die Volatilität scheint noch nicht dauerhaft hoch zu sein. Aber als langfristig orientierter Anleger sollte ich mich darauf vorbereiten“, empfiehlt Campbell. „Dabei helfen keine kurzfristigen Optionen, die gegen temporäre Schwankungen schützen. Man braucht langfristige Absicherungsstrategien. Eine solch langfristige Strategie könnten beispielsweise Growth-Aktien sein, die bei steigenden Schwankungen eine relativ hohe Stabilität aufweisen. Aber auch Unternehmensanleihen mit langem Anlagehorizont können einen Schutz vor steigender Volatilität bieten“, sagt Campbell. Allerdings müsse man sich dessen bewusst sein, dass dem Investor durch solche Absicherungsstrategien Versicherungskosten in Form langfristig etwas niedrigerer Durchschnittsrenditen entstehen.
„Die Volatilität von Aktienkursen und deren Auswirkung auf langfristige Anlageerfolge sind zentrale Fragen, die sich Anleger täglich stellen müssen. Die Volatilität hat Auswirkungen auf so viele Bereiche. Wir freuen uns daher sehr, dass Professor Campbell auf Einladung des Spängler IQAM Research Center zu einem Gespräch zum Thema Volatilität nach Wien gekommen ist“, so Univ.-Prof. DDr. Thomas Dangl und Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Josef Zechner, beide Mitglieder der Leitung des Spängler IQAM Research Center sowie Mitglieder der Wissenschaftlichen Leitung bei Spängler IQAM Invest.
Was können Anleger bei erhöhter Volatilität tun?
„Einer der häufigsten Fehler ist, dass Anleger nichts riskieren möchten. Das bringt ihnen niedrige Erträge auf den Sparkonten oder am Geldmarkt. Und selbst wenn die Anleger risikobereit sind, diversifizieren sie zu wenig und investieren oft nur am Heimmarkt“, so Campbell. Prof. Campbell erklärt bei seinem Wien-Besuch weiters: „Konservative, langfristig orientierte Anleger sollten sich allerdings gegen nachteilige Veränderungen bei den Anlagechancen wie beispielsweise einer anhaltenden Erhöhung der Volatilität der Aktienmarktrenditen absichern. Die Renditen von Unternehmensanleihen sind gute Indikatoren für die langfristige Volatilität und Growth-Aktien entwickeln sich tendenziell gut, wenn sich die langfristige Volatilität erhöht. Diese beiden Investitionsmöglichkeiten können daher eine wertvolle Absicherung für langfristig orientierte Anleger sein.“
John Y. Campbell hält die Morton L. and Carole S. Olshan-Professur an der Harvard University, an welcher er seit 1994 lehrt. Er hat mehr als 100 Artikel zu finanzwirtschaftlichen und makroökonomischen Themen wie u. a. festverzinsliche Wertpapiere, Aktienbewertung und Portfoliogestaltung verfasst. Im Jahr 2016 hielt John Y. Campbell die Ely Lecture (benannt nach Richard Ely, Professor der politischen Ökonomie an der John Hopkins University, 1881 bis 1892) vor der American Economic Association. 2015 war er Präsident der American Finance Association. Er ist Research Associate und ehemaliger Leiter des Asset Pricing Programms vom National Bureau of Economic Research. Weiters ist er Fellow der Econometric Society und der American Academy of Arts and Sciences, Corresponding Fellow der British Academy und Honorary Fellow des Corpus Christi College in Oxford. Darüber hinaus hält er Ehrendoktorrate der BI Norwegian Business School, der University of Maastricht, der University of Paris Dauphine und der Copenhagen Business School. John Y. Campbell ist auch Gründungspartner der Arrowstreet Capital, LP (ein in Boston ansässiger quantitativer Asset Manager).
Know-how-Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis
Das Spängler IQAM Research Center ist als Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis gegründet worden. Ziel der Kooperation zwischen Spängler IQAM Invest, TU Technische Universität Wien und WU Wirtschaftsuniversität Wien ist die Umsetzung von aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen in praktisch einsetzbare Asset- und Risikomanagementstrategien voranzutreiben.
Das Spängler IQAM Research Center strebt eine führende Rolle als Plattform für Wissenschaftler, Praxisexperten und die Öffentlichkeit im Bereich Asset Management an. Die Erhöhung der Sicherheit, die Ertragsziele von Investoren zu erreichen, ist Spängler IQAM Invest dabei wichtig. Durch Förderung von Know-how im Finanzbereich und damit erhöhter Transparenz soll dies unterstützt werden. Im Rahmen von Investment Talks holt das Spängler IQAM Research Center jährlich viele Top-Wirtschaftsexperten auf das Podium. Mehr Informationen finden Sie auch unter www.iqam-researchcenter.com.