"Nach einem Jahr anhaltender Handelsspannungen zwischen den USA und China hat sich das globale Wachstum abgeschwächt, und die Emerging Markets sind durch die verschärften wirtschaftlichen Bedingungen unter Druck geraten.
Die Handelspolitik stellt ein erhebliches Risiko für die Entwicklung der Weltwirtschaft im Jahr 2019 dar. Die möglichen Auswirkungen des Protektionismus sind eine Herausforderung, denn der Handel ist global und die Wirtschaft der einzelnen Länder eng miteinander verflochten.
Das größte Risiko für die weltwirtschaftliche Entwicklung wäre eine starke Verschlechterung des Wachstums Chinas, die einen erheblichen Risk-off-Schock darstellen könnte. Aufgrund seiner Bedeutung für die Weltwirtschaft kann Chinas wirtschaftliche Perspektive ausschlaggebend sein.
Es ist zu erwarten, dass sich das globale Wachstum im laufenden Jahr verlangsamt und hauptsächlich von der Handelsbeziehung zwischen China und den USA bestimmt wird. Das Wachstum in den verschiedenen Ländern ist weniger einheitlich als in der Vergangenheit. Wir beginnen eine Divergenz zwischen der weiterhin robusten US-Wirtschaft und der sich abschwächenden Wirtschaft in Europa, China und Japan zu sehen.
In einem sich verlangsamenden Wachstumsumfeld liegt die US-Wirtschaft weiterhin vor dem Rest der Welt. China trägt die Hauptlast des Handelskrieges, und eine stärkere Verlangsamung seiner Wirtschaft könnte das Wachstum Europas aufgrund der Handelsaktivitäten zwischen Europa und China stärker beeinflussen.
Die noch immer unbeantworteten Kernfragen des Handelskrieges lauten:
- Wie schlimm wird es werden?
- Wie lange wird es dauern?
- Wie viel Schaden wird die Weltwirtschaft nehmen?
Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die USA, China und Europa werfen.
Erstens bleibt die US-Wirtschaft recht robust, obwohl die Wirtschaft abflauen wird, da der Schub durch Steuersenkungen hinter uns liegt. Neuste Daten zeigen, dass die US-Wirtschaft die globale Abschwächung gut aushält. Die Wirtschaft läuft unter Vollbeschäftigung, und der Dienstleistungssektor ist weiterhin stabil. Wir sind davon überzeugt, dass die Fundamentaldaten weiterhin stark bleiben und dass der Pessimismus bezüglich der US-Wirtschaft ungerechtfertigt ist.
Zweitens hat sich die chinesische Wirtschaft in den letzten Monaten abgeschwächt. Aber durch unterstützende Maßnahmen seitens der chinesischen Zentralbank PBoC, inklusive monetärer und kreditfördernder Maßnahmen (Steuer- und Zinssenkungen), sollten sich positive Effekte in den kommenden Monaten einstellen und ein stärkeres Wachstum im zweiten Halbjahr bewirken. China hat die Möglichkeiten, um seine Wirtschaft zu stimulieren. Wir bleiben zuversichtlich in Bezug auf die chinesische Wirtschaft und erwarten kurzfristig keine harte Landung.
In Europa bleiben wir bezüglich der Wachstumsaussichten zuversichtlich. Wir erwarten eine geringe Wachstumsrate, da Abwärtsrisiken bestehen (politische Risiken, Brexit, Handelskrieg). Daten zur Wirtschaftsaktivität bleiben schwach, scheinen aber Anzeichen einer Stabilisierung zu zeigen. Dennoch erwarten wir zum jetzigen Zeitpunkt keinen wesentlichen Abschwung.
Weltweit erwarten wir ein langsameres Wachstum, schließen aber das Risiko einer Rezession aus. Die Zentralbanken werden weltweit gemäßigt bleiben, und die finanziellen Bedingungen sollten sich entspannen, was die Wachstumsdynamik stützen sollte.
Drittens und letztens hat Präsident Trump jüngst angekündigt, dass er die Erhöhung der Zölle von 10 % auf 25 % auf Importe aus China, die eigentlich für den 2. März geplant waren, verschieben wird. Ein mögliches Handelsabkommen zwischen den USA und China erfolgt voraussichtlich später im Jahr und würde sich positiv auswirken. Wir denken, dass die Auswirkungen des Handelskrieges auf beide Wirtschaftssysteme begrenzt sein werden, besonders für die USA, wo Handel nur einen kleinen Anteil der gesamtwirtschaftlichen Aktivität ausmacht.
Ein Abkommen ist aber nicht zwingend ein „guter Deal“ für andere Länder. Eine Zunahme an Käufen von US-Produkten in China würde wegen Importsubstitutionen zu Verlierern außerhalb der USA führen. Zu den am stärksten bedrohten Ländern würden die EU (Flugzeuge und Autos) und Japan (Autos, Maschinen, Elektronik) gehören, gefolgt von den Mitgliedstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN).
Schließlich wird der EU-US-Handelsstreit in den kommenden Wochen wieder in den Mittelpunkt rücken. Es wird Diskussionen über mögliche Zölle auf Autoimporte in die USA geben. Höhere Zölle auf EU-Fahrzeuge bleiben eine ernsthafte Bedrohung für europäische Fahrzeughersteller und die Wirtschaft der Euro-Zone. Deutschland ist dabei das gefährdetste Land. Ein Anstieg der US-Zölle auf europäische Kraftfahrzeuge auf 25 % könnte die Euro-Zone dieses Jahr 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte im BIP-Wachstum kosten."
Hervé Chatot, Multi-Asset Portfoliomanager, La Française AM
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