e-fundresearch.com: Herr Peters, wenn man an Innovation und künstliche Intelligenz denkt, ist das von „Old School“-OTC Geschäften geprägte Fixed-Income Universum nicht unbedingt der allererste Bereich, den man damit assoziiert. Nichtsdestotrotz hat Ihr Haus im Fixed-Income Segment signifikante Investitionen in Forschung & Entwicklung getätigt: Welche Motivation steckt dahinter?
Markus Peters: Jedes Element unserer technologischen Innovationsstrategie zielt letztlich darauf ab, einen positiven Effekt für unsere Investmentperformance und unseren Kundenservice zu liefern. Die digitale Revolution macht auch nicht vor dem Rentenmarkt Halt, und wir wollen federführend sein, diese Zukunft zu gestalten, anstatt von links und rechts von der Konkurrenz und neuen Marktteilnehmern überholt zu werden. Wir wollen die Komplexität und Fragmentierung des Anleihenmarktes, reduzieren bzw. operativ vereinfachen, indem wir die Möglichkeiten neuer Technologien ausschöpfen. Darüber hinaus motivieren wir unsere Investmentkräfte, indem wir sie mit zukunftsfähigen Systemen ausstatten und ihren Fokus nicht länger mit manuellen Tätigkeiten verwässern.
e-fundresearch.com: Ein Beispiel für eine bereits erfolgreich zur Marktreife gebrachte Fixed-Income KI Innovation ist das von AllianceBernstein entwickelte Tool “ABBIE“: Können Sie unseren Lesern in wenigen Worten erklären, wofür es genau entwickelt wurde und in welchem Ausmaß es in der Praxis Mehrwert liefern kann?
Markus Peters: Abbie ist, so wie Sie das auch aus dem Onlinehandel kennen, ein virtueller Assistent, also ein Algorhithmus, der uns bei unseren tagtäglichen Portfoliomanagementaufgaben unterstützt. Anfänglich hat Abbie vor allem Prozesse bei der Handelsabwicklung automatisiert und merklich verkürzt. Inzwischen jedoch lernt Abbie in Verbindung mit unseren anderen Systemen, welche Anleihen wir im Portfolio halten und suchen. Dadurch entwickelt sich Abbie dahingehend, systematisch den riesigen und hochkomplexen Markt nach Anlagekriterien zu filtern, oder aber gar mit Handelsvorschlägen aufwarten. Ganz im Sinne von: „Sie haben bereits Haarshampoo in Ihrem Warenkorb, möchten Sie nicht auch Haarspülung kaufen“ bzw. „das Haarshampoo in Ihrem Warenkorb ist ebenfalls in Form eines besser bewerteten und günstigeren Produkts erhältlich".e-fundresearch.com: Kommt “ABBIE“ auch bereits bei den in Europa erhältlichen Fixed-Income Produkten von AllianceBernstein zum Einsatz?
Markus Peters: Ja, Abbie wird von uns auch beim Handel für und Portfoliomanagement von unseren UCITS Fixed Income-Publikumsfonds eingesetzt.
e-fundresearch.com: Auch im Universum der europäischen Nachranganleihen konnte Ihr Team kürzlich mit einem proprietären, datengetriebenen Modell auf sich aufmerksam machen: Ein netter Marketing-Gag oder notwendiger Schritt, um kompetitiv zu bleiben?
Markus Peters: Wir glauben stark daran, dass sich fundamentales Research und systematisches, quantitatives Research sinnvoll ergänzen. Das ist ein Grundpfeiler unseres Investmentansatzes im Anleihenbereich, und der wird auch beim Investieren in Nachranganleihen verfolgt. Das Modell bedient sich Inputfaktoren der Kredit-, Aktien- und Volatilitätsmärkte und hilft uns, einen fairen Wert einer Anleihe zu bestimmen – eine sehr komplexe Aufgabe im Nachrangbereich aufgrund des Preisbestimmung für die Optionalität und Subordinierung. Das ist dann ein wichtiger Informationsbaustein, den wir zum Diskussionsgegenstand zwischen unseren Bankanalysten und Portfoliomanagern machen, wie zum Beispiel bei der Portfoliokonstruktion des AB Financial Credit Portfolios. Es wäre ein sehr teuerer Marketinggag angesichts der immensen Arbeitszeit, die in die Entwicklung dieses Modells geflossen ist.
e-fundresearch.com: Wird in Ihrem Haus aktuell an weiteren Fixed-Income Innovationsprojekten gearbeitet? Wohin wird die Reise Ihrer Meinung nach längerfristig gehen?
Markus Peters: Die Entwicklung steht nicht still und geht fortlaufend weiter, nicht zuletzt, weil das Maschinenlernen unserer Algorhitmen im Hintergrund stattfindet. Die gesammelten Datensätze werden umfangreicher und damit informativer, um diese Algorhitmen weiterzuentwickeln. Abbie ist gerade in der ersten Testphase des „Bot-to-Bot“-Tradings, das heißt, Abbie interagiert virtuell mit externen Algorithmen. Der ganz große Mehrwert all unserer Innovationen liegt jedoch in ihrer Verknüpfung zu einem leistungsstarken Netzwerk, das interagiert. Abbie „spricht“ mit unserer Portfoliomanagementsoftware, mit unserem Researchportal und mit unserem Liquiditäts- und Filter-Tool im Handel. So platt es auch klingt, aber der Mehrwert des Ganzen ist deutlich höher als die Summer der Einzelteile.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Peters!