Gröschls Mittwochskommentar: 35/2019

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 28.08.2019 12:04 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Cut my life into pieces – grölen mir grad während des Schreibens Papa Roach ins Ohr. Etwas Ähnliches müssten sich die diversen Zentralbänker dies- und jenseits des Atlantiks eigentlich auch denken, oder? Zum einen kommen sie – vor allem in den USA – entgegen aller Beteuerungen immer mehr unter Druck politisch instrumentalisiert zu werden und zum anderen müssen sie sich/wir uns zehn Jahre nach der GFC fragen, ob das „Zeitalter der Zentralbanken“, wie es ein anderer Schreiberling unlängst irgendwo bezeichnet hat, beziehungsweise deren allmächtige Wichtigkeit für alles was auf den Finanzmärkten passiert, dem Ende zu geht.

Die bisserl Älteren unter uns werden sich noch lebhaft an Alan Greenspan - zweifelsohne der Höhepunkt des Zentralbankszeitalters  - erinnern und wie wir damals an seinen Lippen gehangen sind. Nun, ich würde sagen von da an ging´s bergab. ;-) Vertreter und Huldigende der Österreichischen Schule (Mises, Hayek usw) artikulieren ja schon des längeren eine gewisse Unglücklichkeit mit unserem Giralgeld System und stellen die Nachhaltigkeit desselben in Frage. Bisher hatten sie erfreulicherweise nicht recht, aber was nicht ist, kann ja (wird?) noch werden…  Worüber wir uns nämlich grundsätzlich den Kopf zerbrechen müssen ist, ob eine Zentralbank – und hier sprechen wir aktuell hauptsächlich von der EZB – , deren einzige verbliebene Funktion ist Geld zu drucken, weil sie sich jede Möglichkeit der Zinspolitik durch die Festsetzung eines negativen Einlagezinssatzes genommen hat, überhaupt noch irgendeine ökonomische vertretbare Funktion hat.

Persönlich halte ich Negativzinsen ja sowieso für eine Contradictio in se, oder auf Deutsch: sowohl sprachlich als auch inhaltlich für einen Komplett-Unsinn. Das Wesen des Zinses ist, dass er als Prämie für eine Ausleihung entrichtet wird. Aktuell ist es aber so, dass das Geld dermaßen nichts wert ist, dass wir bereit sind anstatt einen Zins dafür zu bekommen, Costs-of-Carry also Lagerkosten in unterschiedlichsten Höhen zu akzeptieren, nur damit wir´s nicht herumliegen haben. Hier darf ich quasi in eigener Sache auch auf den am Montag auf https://fondstrends.lu erscheinenden Beitrag mit dem Titel „Deutschland sucht die Zinsuntergrenze oder Über das Handeln von Hausnummern“ verweisen.

Wir haben es bei den Zentralbanken also mit Institutionen zu tun, die nachweislich keinen Einfluss auf das Generieren von Inflation (außer von Asset Price Inflation ;-)) haben, also ihre Uraufgabe, insbesondere bezogen auf die EZB, nicht im Stande sind zu erfüllen. Außerdem produzieren sie ein Gut(Liquidität), dass offensichtlich keiner (mehr)will und dessen Lagerkosten ständig steigen. Erschwerend kommt hinzu, dass es aktuell nicht so ausschaut, als ob sie irgendeinen Plan hätten die Strategie anzupassen oder eine alternative Produktlinie (Crypto Währung?!) einzuführen. Würde meinen, dass der durchschnittliche Aktienanalyst sich bei einem Unternehmen mit diesen Voraussetzungen – egal welcher Branche – eher schwer tun würde mit einer Kaufempfehlung… ;-)

An zusätzlicher Komplexität gewinnt die Angelegenheit deshalb, weil wir es - und man wird das Gefühl nicht los, dass der Markt auch darüber nachzudenken anfängt - aufgrund der in den Markt gepumpten Liquidität zwangsläufig mit massiven Kapitalfehlallokationen zu tun haben müssen. Nicht jedes Unternehmen, dass sich quasi zu null finanziert, trägt auch null Risiko. (das hatten wir glaub ich schon. ;-)) Bleibt also noch Gold (steigt eh!) und Staatsanleihen, mit unterschiedlich hohen Lagerkosten, als Parkplatz. Scheint als wären es der Alternativen nicht allzu viele… Erschwerend kommt hinzu, dass die Politik die großen Techkonzerne wird regulieren wollen und damit anfängt Mietpreise (zB Berlin € 8 pro Quadratmeter) begrenzen zu wollen, was beides für die Erträglichkeit des jeweiligen Assets wohl kaum zuträglich sein dürfte.

Apropos Politik: Bekanntlich stehen ja im schönen Österreich im Herbst wieder einmal Wahlen an (wir leben also beinahe schon unter italienischen Verhältnissen). Über die Qualität der Protagonisten zu diskutieren ist zum einen meine Sache nicht und zum anderen kriegt sowieso jedes Volk das was es verdient. Was mich aber schon ein bisserl magerlt (mir Bauchschmerzen verursacht ;-)) ist, dass es schon wieder einen All-Parteien Konsens (unter denen die mitbestimmen dürfen) zu geben scheint, dass die Pensionen, natürlich vor der Wahl, um deutlich mehr als die Teuerungsrate erhöht werden sollen. Und dann hör ich noch das Argument, dass die Pensionisten ja auch ein Recht hätten eingezahltes wieder zu bekommen. Wobei magerlt vielleicht ein viel zu schwacher Ausdruck ist! ;-) Schon mal was von Umlageverfahren gehört?! Wer zahlt´s? Wer vertritt hier eigentlich die rund 45% Erwerbstätigen, die diese Erhöhung (und das nur am Rande: auch diejenigen, die sie beschließen) finanzieren? 

Was Positives zum Abschluss? – von mir? *lol*

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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