Das blöde mit Trends, die es ja fraglos auch auf den Finanzmärkten gibt, ist, dass man sie solange reiten kann, bis sie brechen. Die Analogie zum Wellenreiten ist beabsichtigt und diesfalls passender denn je. Die montägliche Welle war nicht nur besonders groß, sie ist auch ganz heftig gebrochen und hat alle, die auf ihr gesurft sind, ganz furchterbar gewaschen. Was die ganze Sache besonders spannend macht, kaum einer jenseits der Locals hat´s gemerkt… Was ist also passiert: zum einen hat eine starke Rotation von Growth zu Value Werten, für die es der beste Tag seit 2001 war, stattgefunden und zum anderen wurde Momentum massiv abverkauft. Isoliert betrachtet hat der Faktor Momentum, der von Morgan Stanley seit 1984 separat analysiert wird, mit -7,7% den zweit schlechtesten Tag seit Beginn der Aufzeichnungen gehabt. Der Schlechteste war mit -8,2% am 4. April 2009.
Sehr technisch das alles. Stimmt! :-) Aber, and you can trust me on that, den Fallout werden wir in den nächsten Tagen und Wochen schon noch spüren, weil einige Strategien vor allem bei den Hedgefonds massiv eine auf´s Dach bekommen haben dürften und ein solches Beben, oder um bei der obigen Analogie zu bleiben, ein solcher Tsunami bzw. dessen Auswirkungen immer erst dann zu sehen sind, wenn das Wasser wieder weggeht. Außerdem ist das Ganze natürlich insofern spannend, weil Marktverwerfungen immer ein Hinweis auf die Fragilität der Gesamtsituation sind….
Apropos fragil. Das Kabinett Johnson ist das wohl auch und das mit der brechenden Welle passt ebenfalls ganz gut, nur, dass er anscheinend geglaubt hat, er kann sich durch die Tube aus der Affäre ziehen. Nun sagen wir mal, sehen tun wir ihn nicht mehr, aber vielleicht taucht er ja am Ende doch noch auf der anderen Seite wieder auf. (Allen Nichtsurfern sei das einschlägige Video Studium zB hier https://www.youtube.com/watch?v=b6hoBp7Hk-A anempfohlen. :-)) Aktuell stehen die Zeichen meiner Einschätzung nach eher auf eine Verschiebung des Austrittsdatum und Neuwahlen. Grundsätzlich eine ganz gute Idee, aber nur, wenn sich a) irgendein sinnvoller Prime Minister Kandidat fände, was aktuell nicht so gut ausschaut, und b) dieser dann sofort eine neues Referendum abhalten würde. Fragte man mich, hätt ich ja zu beidem was anzumerken. :-) Mein Lieblingskandidat wäre wohl John Bercow, aber der scheint vorsorglich das Handtuch geworfen zu haben (schon wieder ein Sport-Bild :-)). Vom Referendum sollte man wohl ein deutlicheres Quorum fordern, zB könnte man ja sagen, dass ein Ergebnis nur dann Relevanz erlangen würde, wenn sich mindestens 60% der Briten für die eine oder andere Variante entscheiden würden, wobei die Frage wohl lauten müsste: Bleiben oder der May´sche Austrittsvertrag. Na hoffentlich, liest das hier einer der relevanten Entscheidungsträger… ;-)
Aber jetzt haben sie eh erstmal (Zwangs)pause bis 14. Oktober, die Commons. Mehr Ruhe dürfte zukünftig auch John Bolton haben, nachdem ihn sein Teambesitzer in die Kabine geschickt hat. Endlich einmal eine Personalentscheidung des Unaussprechlichen, die international für eher mehr Ruhe und weniger Eskalation sorgen dürfte. Die Frage ist natürlich immer, was nachkommt… Der eine geht also, will der andere in Israel gleich wieder kommen und das mit dem Versprechen Israels Souveränität auf das Jordantal ausweiten, was sicher nicht dazu beiträgt Frieden in der Region herzustellen… Das Gefühl, dass wir ein bisserl auf einem bzw. mehreren Pulverfässern sitzen, wird man irgendwie nicht los, oder?!
Mit Blick zurück zum ersten Absatz müssen wir feststellen, dass das Sitzen auf dem Pulverfass bisher auf den Finanzmärkten eigentlich nicht reflektiert wurde. Möglicherweise beginnt sich das jetzt doch noch zu ändern. Ein Indiz dafür könnte auch die Bewegung bei den längerfristigen Zinsen sein, die wir in den letzten Tagen gesehen haben. Ist diese doch, obwohl wir – und hier bleiben wir kurz in Europa – heute eine Zentralbankentscheidung erwarten, die sicher keine Zinserhöhung beinhaltet, zukünftig eine EZB Präsidentin haben werden, die sicher keine Falkin ist und insbesondere die deutschen Wirtschaftsdaten, die für Europa nicht ganz unmaßgeblich sind, eher nach unten tendieren, wahrscheinlich unter der Rubrik technische Gegenbewegung einzuordnen.
Subsumierend lässt sich wohl sagen, dass auch diese Woche die Zukunft ungewiss und eine Prognose insbesondere, wenn sie dieselbe betrifft, ausgesprochen schwierig ist! :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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