Und los! :-) Dass das mit den Einstiegen oft nicht so einfach ist, haben wir ja schon besprochen, auch die Inhalte finden sich manchmal, wobei eher selten, nicht ganz so leicht. Zweiteres ist erfreulicherweise heute jedenfalls nicht der Fall. Tatsächlich gäbe es eine Unzahl von Themen, die es zu behandeln gälte. Stürzen wir uns also mitten hinein und greifen uns das ökonomisch Interessanteste heraus. Den sprunghaften Anstieg des Ölpreises durch den Angriff auf die Saudische Öl-Förderanlage.
Abgesehen von den unmittelbaren Auswirkungen auf die Märkte – wann steigt der Ölpreis schon mal um 20% - zieht das kurz- bis mittelfristig einen Rattenschwanz an Implikationen nach sich, die – und das ist bei all der Tragik des Ereignisses die Freude des Ökonomen daran – endlich wieder mit dem uns in der Schule an die Hand gegeben Werkzeugen beurteilt werden können, weil vom Twittern haben´s uns damals in den 1990 Jahren nichts erzählt… ;-) Also zuerst zu den unmittelbaren Auswirkungen: Irgendwer hat bei der ganzen Sache mit Sicherheit massiv Geld verdient, weil der Wissende wird sich schon auf die richtige Seite des Marktes gestellt haben, bevor er (sie können wir aufgrund der Gesellschaftsstruktur der mutmaßlichen Angreifer wahrscheinlich eher ausschließen ;-)) auf´s Knopferl gedrückt hat.
Mittelfristig wissen wir, und jetzt wird´s tatsächlich volkswirtschaftlich, dass der Ölpreis, nicht zuletzt aufgrund der Vorliebe der Amerikaner für nicht ganz CO2 optimale, großvolumige Motoren, eine relativ direkte Auswirkung auf die Inflationsrate ebendort hat. (In Europa ist dieser Zusammenhang deutlich geringer). Zusätzlich verringern höhere Spritpreise natürlich das verbleibende disponible Einkommen, wirken sich also direkt negativ auf den Konsum und mithin auf das Wirtschaftswachstum in den USA aus. Also keine guten Nachrichten für die Staaten im allgemeinen, aber natürlich auch für den Unausprechlichen im Speziellen.
Dieser findet sich nämlich plötzlich in einer ganz besonders misslichen Lage. Eine militärische Aktion gegen den Iran, so dieser tatsächlich mit den Angriffen direkt oder indirekt zu tun hat, kann er sich eigentlich nicht leisten, weil, abgesehen vom politischen Gegenwind zu Hause, der Ölpreis durch eine weitere Destabilisierung der Region sicher nicht fallen dürfte. Damit wird´s natürlich auch rhetorisch schwer, ist er doch gewohnt alles möglichst direkt und aggressiv auf seinem Lieblingskurznachrichtendienst auszuwerfen. Kann er diesmal nicht, weil die Märkte, die ihm ja recht wichtig sind, wie von JP Morgan zuletzt in einem eigenen Index nachvollzogen, durchaus schnell auf seine Tweets reagieren. Macht ihn sicher nicht besonders glücklich. :-)
Die zweite, möglicherweise noch blödere Front, hat sich der POTUS im Innenverhältnis zu seinem FED-Vorsitzenden J. Powell aufgemacht. Der hat natürlich jetzt Oberwasser, weil eines wird er sicher nicht tun (können), wenn mit einem Anstieg der Inflationsrate zu rechnen ist: die Zinsen senken. Und die Moral von der Geschicht: Trau Deinem Präsidenten nicht! ;-) Soweit also zu den theoretischen Implikationen. Ob und wie sich das dann alles manifestieren wird, wird sich insofern zeigen, da die USA ja eigentlich ein Netto-Öl-Exporteur geworden ist und auch sonst Öl, auch vor dem Hintergrund der Klimakrise, kein rares Gut mehr sein müßte, wonach die Nachfrage zukünftig eher sinken sollte. Soweit zur Hoffnung…
Auffällig ist jedenfalls, dass sich die Inzidenzien mit außergewöhnlich starken Marktverwerfungen aktuell stark häufen. Hatten wir letzte Woche die Sache mit dem Momentum/Value Reversal, dass sich rund sieben Standardabweichungen weit weg von der Normalität abgespielt hat, kam Anfang der Woche der Ölpreis mit historisch riesigen Preisbewegungen hinzu. Ganz nebenbei hat die Fed gestern das erste Mal seit 10 Jahren am Money Market interveniert und $ 53 Mrd injiziert, um den kurzfristigen Anstieg der Short-Term Fremdkapitalkosten abzudämpfen und wird dies heute (mit weiteren $ 75 Mrd) erneut wiederholen. Ich glaube wir können also durchaus behaupten, dass sich unter der für den durchschnittlichen ETF Investor sichtbaren Oberfläche ein bisserl was abspielt.
Europa ist inzwischen mit sich selbst beschäftigt, führt sinnlose Gespräche (Johnson/Juncker), lässt nach halbherzigen Regierungsbildungsversuchen neu wählen (Spanien) oder versucht nach einer geglückten Regierungs(um)bildung, diese gleich wieder zu sprengen (Italien/Renzi). Alles weniger erfreulich! In Österreich wird unterdessen wahlgekämpft… Auch nix besonderes, wiewohl man sagen muss, dass dank Greta wir wenigsten keinen grauslichen Anti-Migrationswahlkampf erleben müssen, sondern sich alle ein bisserl auf die Erderwärmungsproblematik fokussieren. Spannend wird´s wenn der Herr Kogler und seine Grünen tatsächlich mitregieren sollten, weil seit sie den Pilz abgeschnitten und sich die Glawischnig dem schnöden Mammon an die gräfliche Brust geworfen hat, schaut´s mit der Personaldecke eventuell ein bisserl dünn aus….
Und aus! :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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