Gröschls Mittwochskommentar: 43/2019

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 23.10.2019 09:17 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Brexit – Wird wohl das Unwort des Jahres 2019 werden (hoffentlich nicht auch das des Jahres 2020). Abgesehen davon hängt den meisten das Thema wahrscheinlich wirklich schon zum Halse raus, aber heute nicht einmal daran anzustreifen, geht leider nicht. Sorry! Was gestern passiert ist, steht eh in der Zeitung. Was jetzt passieren wird, werden wir sehen. Warum Herr Johnson, der ja eigentlich seinen Deal bekommen hat, nur wegen der Fristigkeit jetzt den Gesetzwerdungsprozess blockiert, erschließt sich mir nur bedingt. Interessant ist auch, dass der Ruf nach Neuwahlen trotz gegenteiliger Ankündigungen dann doch nicht gekommen ist. Da soll sich noch einer auskennen….

Über bleibt, dass der Leidensdruck im britischen Parlament offensichtlich mittlerweile so groß ist, dass eine (kleine) Mehrheit auch der zweitbesten Lösung zuzustimmen bereit ist. Needless to say, dass Entscheidungen die unter Resignationsdruck (weil´s eh wurscht ist ;-)) getroffen werden, selten die besten sind… Aber, dass bei der ganzen Geschichte am Ende nichts Gutes wird rauskommen können, war eigentlich zu erwarten. Die Schotten tät ich persönlich ja sofort aufnehmen…

But now to something completely different! :-) An den Zinsmärkten, die sich ja schon länger von jeder Ratio verabschiedet haben, sehen wir insbesondere bei den deutschen Zehnjährigen seit Mitte August eine gewisse Trendwende, aber keiner merkt´s (oder aber es interessiert keinen, oder keiner will es ansprechen, oder ich sehe Gespenster ;-)). War das Low bei -0,74%, kletterten die zehnjährigen Deutschen langsam aber sicher bis auf -0,40%. Immer noch negativ, aber deutlich weniger als noch vor zwei Monaten. Mit Abstrichen gilt das für die ganze Zinskurve. Ab dem 25 jährigen Bereich muss der deutsche Staat sogar schon wieder was zahlen, wenn er sich Geld ausborgen will…

Ob das der Beginn einer größeren Bewegung ist, wird die Zukunft weisen. Technisch stehen wir aktuell jedenfalls auf durchaus entscheidenden Niveaus. Soweit so unaufregend. Was aber schon spannend ist, find ich jedenfalls, ist, dass sich inhaltlich nichts geändert hat. Die Konjunkturaussichten sind eigentlich mittel-rosig und die EZB macht offiziell nicht den Eindruck, ihre Politik der super-lockeren Geldpolitik ändern zu wollen. Mithin gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder mittel- bis langfristig wird alles gut (bzw. machen wir langfristig den Keynes ;-)) oder wir sehen den Beginn von größeren Verschiebungen in den Allokationen, weil heuer für die, die Risiko genommen haben, eh ein gutes Jahr war und es mithin die Möglichkeit gibt Gewinne einzusperren. So lang dauert es ja auch nicht mehr bis die Bücher für 2019 wieder zugehen.

Die Frage, die sich letztendlich aber stellt, ist: was machen wir dann mit der ganzen Liquidität? Cash? Zumindest das dürfte noch eine Zeit lang keine besonders gewinnbringende Alternative sein. Aktien? EM Bonds? Private Equity/Debt? Oder ganz was anderes? Nicht ganz leicht die Entscheidung, vor allem wenn man nix anderes g´lernt hat. Weil, Hand auf´s Herz, ob jetzt jeder, der über seinen Tellerrand blickt – was ja grundsätzlich wirklich gut und wichtig ist – auch die Zeit und die Ressourcen aufwenden kann, um Chef-Experte zum Beispiel im Private Equity Segment zu werden, darf man wohl bezweifeln.

Letztes Mal war das dann so, dass alles wo AAA draufgestanden ist, als risikofrei akzeptiert wurde, egal wie hoch die Risikoprämien waren, die dafür gezahlt wurden. Und der Rest ist Geschichte…. :-)  Wird es wieder genauso kommen? Mit Sicherheit nicht. Aber besteht der Druck Dinge zu tun, die man vielleicht nicht vollends durchblickt, um die Chance zu haben zumindest irgendwie dabei zu sein? Natürlich. Erschwerend kommt hinzu, dass viele institutionelle Marktteilnehmer, die sich im ständigen Wettbewerb mit ihren unmittelbaren Peers befinden, oft nicht nur die selben Benchmarks haben, sondern natürlich auch großes Interesse, nicht zu weit von diesen abzuweichen, um relativ nicht zu weit zurückzufallen, falls man mal daneben liegt. Mir hat vor Jahren einmal einer meiner Vorstände gesagt: Florian, es ist g´scheiter, mit allen falsch zu liegen als alleine richtig…. Aus geschäftspolitischer Sicht muss ich ihm heute natürlich recht geben, aus moralischer bin ich mir immer noch nicht ganz sicher. ;-)

Und die Moral von der Geschicht?! Werden wir aus einem Markt verjagt, den wir verstehen und in der Folge in einen/mehrere hineingedrängt, die wir vielleicht nicht vollends durchblicken, ist das Ende ein völlig offenes. :-) Nur schad, dass wir dann nicht einfach doch neu wählen können oder uns einfach als wilde Abgeordnete von der Allgemeinheit versorgen lassen können, oder?

Nächste Woche muss das Mittwochsmail leider entfallen, weil wir eigentlich Brexit schauen wollten. Mal sehen….

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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