Um nicht der allerletzte zu sein, der sich zum Thema ESG äußert, gibt´s heute quasi den Hitchhikers Guide zu ESG/SRI und allem, was damit auch nur am Rande zu tun hat in der Ultra-Kurzfassung. Alles was es über Taxonomie, Benchmarking, Greening von Portfolios und diverse anderer Begrifflichkeiten, um die sich unsere schöne neue Welt in Zukunft drehen wird, kann man mit ein bisserl Geschick und Interesse aus dem Internet herauskitzeln. Wobei man angesichts der vielen Ungeklärtheiten nicht verzweifeln sollte, weil so ganz genau ist bis dato noch nichts geregelt und so wirklich wissen, was eigentlich in welcher Form da auf uns zukommen wird, tun auch nur die aller wenigsten und die Gretl. :-)
Was natürlich nicht heißen soll, dass es nicht schon seit vielen Jahren wirklich gute Ansätze zum Thema gibt, die vor allem in Ö.Reich genau beobachtet und eingesetzt werden. Allerdings hat man momentan das Gefühl, dass es nahezu täglich mehr Assetmanager werden, die´s eigentlich quasi erfunden haben oder zumindest schon seit Ende des letzten Jahrtausends umsetzen, es aber bisher lieber nicht in irgendwelchen Präsentationen erwähnt haben… Ein Schelm, wer denkt, dass hier die Wahrheit einer gewissen Subjektivität unterliegt, aber das ist ja seit der Ära des Unausprechlichen sowieso höchst salonfähig geworden.
Die Aufgabe des Fondselectors wird nun also nicht nur darin bestehen, den besten aller Manager zu finden, was an sich ja schon eine nicht immer ganz einfache Aufgabe ist, sondern auch all die Fig-Leafers, Scharlatane und Trittbrettfahrer von denen zu trennen, die es wirklich ernst meinen. Wohl gar nicht so einfach in einer Branche, die das professionelle Bullshitting quasi erfunden hat. :-) Aber sagen wir mal, das bekommen wir hin oder können es zumindest ausreichend gut argumentieren (Apropos professional Bullshitting ;-)), dann muss der Manager nur noch den lokalen Gepflogenheiten Genüge tun.
In Ö.Reich haben wir, wie die meisten wahrscheinlich wissen, zum Beispiel ein massives Problem mit Atomkraft, seit wir in den 1970er Jahren ein Atomkraftwerk fix fertig gebaut haben, dann aber vermittels Volksentscheid beschlossen haben, es einfach nicht aufzudrehen. Ob Kernspaltung per se eine umweltfreundliche Technologie sein könnte, steht also hierzulande überhaupt nicht zur Debatte, weil wir ja sonst unsere eigene Entscheidung infrage stellen müssten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die gleiche Frage in Frankreich gestellt, zu einem gänzlich anderem Ergebnis führen würde. Unterschiede gibt es also mannigfaltige, ob die EU diese wird einfach ausräumen können, wird sich weisen.
Aber zurück zu den Bullshittern & Fig-Leafern. Die UN PRIs (Principles for Responsible Investment) hat inzwischen eh schon jeder unterschrieben. Vorsicht ist generell geboten, wenn vorgegeben wird, das bereits vor 2006 getan zu haben. ;-) Voraussetzung für einen vernünftigen ESG Ansatz ist grundsätzlich auch, dass genügend Ressourcen zur Verfügung stehen und es eine gewisse ex-ante Einflussnahme-Möglichkeit im Investmentprozess gibt. Der schönste Nachhaltigkeitsbericht, insbesondere wenn er auf Hochglanzpapier gedruckt ist ;-), hilft nicht, wenn er nur für´s Regal produziert ist.
Last but not least muss man wohl auch kritisch hinterfragen, ob Erklärungen und Messzahlen auch immer sinnvoll im Sinne einer Nachhaltigkeitsanaylse sind. Ein super Kriterium ist zum Beispiel die Gender Diversity (also im Prinzip wie das Verhältnis von Männlein, Weiblein und neuerdings Sternchen in einem Unternehmen ist). Fänden wir es nämlich zum Beispiel gut, wenn der Anteil an nicht-heterosexuellen weißen Männer bei einem der großen vier Beratungsunternehmen höher wäre (wenn sie ihre KollegInnen dann auch noch gut behandeln würden ;-)), deutet ein hoher Frauenanteil beim Billig-Retailer eventuell darauf hin, dass dort viele schlecht bezahlte, niedrig qualifizierte, Teilzeitdamen sitzen…. Und da sagt man immer Zahlen lügen nicht.
Nach diesem nachhaltigen Rundumschlag bleibt jetzt nur mehr wenig Platz, um die vor ein paar Wochen ausgerufenen Jahresendrally wieder offiziell zu beenden. :-) Mein Wellenzähler scheint mithin recht zu behalten (wie fast immer), aber tatsächlich beendet hat´s wohl der US Senat, als er sich spät aber doch dazu entschlossen hat, den Chinesen inmitten der Handelsgespräche ans Bein zu pinkeln. War´s richtig eine Menschenrechts- und Demokratieverordnung zugunsten Hongkongs zu verabschieden? Natürlich! Der Zeitpunkt (weil viel zu spät um glaubwürdig zu sein) ist aber jedenfalls fragwürdig. Wie der nette blonde(?) Mann nun mit der Situation umgehen wird, wird sich zeigen. Für sein diplomatisches Geschick ist er ja normalerweise eher nicht bekannt, man darf also gespannt sein, ob er aus dem Schlammassel nebst der diversen anderen Imponderabilia, die ihn sonst noch beschäftigen, wieder rauskommt.
Zum Abschluss noch ein Wort zu einem weiteren meiner Lieblingsfreunde. :-) Besteht doch die artikulierte Absicht, Hrn. Johnson in seinem Stamm-Borough Uxbrige and South Ruislip sein Mandat streitig zu machen, erklärt sich nun auch (mir als Vertreter der nicht ganz so Schnellen) der Wahltermin. Ist doch die Brunel University mit ihren rund 13.000 Studierenden ein nicht unwesentlicher Faktor im Bezirk. Blöd ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass dort just am 10. Dezember die Ferien beginnen und mithin eine große Zahl von eventuell Nicht-Unbedingt-Johnson-Wählern (jung, gebildet, urban, möglicherweise Bremainer) bereits in alle Himmelsrichtung verstreut sein wird. Zufall wird das wohl keiner gewesen sein, oder?
Mehr zu Gott, der Welt und all den anderen Niederungen des menschlichen Daseins nächste Woche wieder an dieser Stelle. ;-)
So long!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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