Welche Branchen und Unternehmen profitieren von dem derzeitigen hohen Konsum? Welche Investitionsmöglichkeiten bietet der Konsum derzeit?
Vincent Lemoine: In Nordamerika trat der Begriff Black Friday erstmals 1951 auf und und wurde verwendet, um den umsatzstärksten Tag der Einkäufe zum Jahresende zu beschreiben . 2013 kam Black Friday mit den großen US-Tech-Unternehmen nach Europa und wurde immer beliebter. Der Tag wurde unlängst zur Black Friday Week, die für einige Unternehmen so wichtig wie die beiden ersten Dezemberwochen wurde. Der Single's Day ist heute das weltweit größte 24-Stunden-Shopping-Event und wird in den westlichen Ländern immer beliebter.
Nahezu jeder Konsumsektor profitiert vom Single's Day und Black Friday – der Einzelhandel sicherlich am meisten. Aufgrund der aktuellen Verschiebung der Konsumgewohnheiten scheint der Onlinehandel der klare Gewinner zu sein. Der heutige Konsument schätzt Unternehmen, die durch ihre Größe bessere Preise anbieten können und über modernste Online-Plattformen verfügen. So konnte Zalando beispielsweise 2018 die Zahl der Bestellungen im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln und 220.000 neue Kunden für seine Plattform gewinnen. Mit einem einzigen Tag konnte das Unternehmen seine Jahresprognose übertreffen.
Glauben Sie, dass der Single’s Day oder der Black Friday vom Handelskrieg beeinträchtigt werden?
Vincent Lemoine: Natürlich ist der Handelskrieg in dieser sehr dynamischen Geschäftssaison noch immer ein Thema, aber Präsident Trump hat die zusätzlichen Zölle auf Konsumgüter in den Verhandlungen aufgehoben. US-Unternehmen konnten ihre Produkte ohne höhere Steuerkosten beziehen. Das Wichtigste ist, dass der Handelskrieg das Vertrauen weder der US-amerikanischen noch der europäischen Verbraucher wesentlich beeinträchtigt hat. Die meisten US-Umfragen zeigen, dass Konsumenten für den diesjährigen Black Friday durchschnittlich 397 Dollar ausgeben werden, was sehr nahe an den Ausgaben des Vorjahres ist.
Sorgen Sie sich um das amerikanische und europäische Verbrauchervertrauen und die Verbrauchsdaten?
François Rimeu: In den USA gibt es keinen Grund zur Sorge, wenn man sich die Indikatoren für das Verbrauchervertrauen ansieht. Der Conference Board Index für das Verbrauchervertrauen liegt derzeit bei 125,90 – ein hoher Wert (Quelle: The Conference Board, November 2019).
Auch die Verbrauchszahlen waren in den USA in letzter Zeit sehr gut, wobei der Konsum den größten Teil des US-Wachstums im Jahr 2019 ausmachte.
Die Sparquoten sind gestiegen, die Inflation der Reallöhne ist positiv, auch die Vermögenseffekte sind positiv (aufgrund der Aktienmärkte und der Immobilienbewertung). Selbst wenn die Hebelwirkung in einigen spezifischen Bereichen (z. B. Studentendarlehen, Kreditkarten) signifikant sein kann, bleiben die Kosten akzeptabel.
In der Eurozone ist die Situation mehr oder weniger ähnlich, aber mit einem nicht ganz so positiven Ausblick. Das Verbrauchervertrauen ist nach wie vor stabil, nimmt aber langsam ab und die Erwartungen sind deutlich gesunken. Aber wie in den USA sind die Sparquoten hoch und die Inflation der Reallöhne ist positiv, was bedeutet, dass, solange die Arbeitslosenquote weiter sinkt, die Verbrauchszahlen solide bleiben sollten.
Allerdings weisen Frühindikatoren in einer Reihe von Ländern auf einen Wendepunkt bei der Arbeitslosigkeit hin. Sollte sich auf dem Arbeitsmarkt ein Abschwung einstellen, könnte dies natürlich sehr erhebliche Auswirkungen auf den Konsum haben.
Deuten die Verbrauchszahlen auf eine Rezession in den USA hin?
François Rimeu: Historisch betrachtet, könnte man einige spezifische Indikatoren finden, die derzeit eine hohe Rezessionswahrscheinlichkeit für die nächsten 12-24 Monate prognostizieren (z. B. Form der Zinskurve). Bezogen auf den Verbrauchermarkt in den USA ist dies jedoch nicht der Fall.