"In Ermangelung eines allgemein anerkannten Labels ist in den letzten Jahren eine Vielzahl nationaler SRI-Labels entstanden. Sie alle weisen jeweils unterschiedliche Besonderheiten auf, was einen direkten Vergleich der jeweils ausgezeichneten Fonds verunmöglicht. Die Einführung eines europaübergreifenden Labels wird Ordnung in das "Label-Chaos" bringen und Entscheidungen für Anleger vereinfachen.
Seit dem ersten «Umweltzeichen», ein Label das im Jahr 2004 in Österreich ins Leben gerufen wurde, stossen kontinuierlich weitere dazu. Der jüngste Zuwachs der Label-Gemeinschaft heisst FebelFin und stammt aus Belgien. FebelFin wurde erst im November 2019 aus der Taufe gehoben. Nebst den Vertretern aus Österreich und Belgien gibt es LuxFlag Environnement, LuxFlag ESG, LuxFlag Climate Finance, das FNG-Siegel, ISR, GreenFin und das Nordic Swan Ecolabel. Diese neun Labels decken die europäische SRI-Landschaft ab. Drei davon konzentrieren sich auf grüne Themen. Insgesamt dekorieren sie 881 Fonds. Diese kumulieren Assets in der Höhe von ganzen 287,5 Mrd. €. Aber Achtung vor Doppelzählungen: viele Fonds wurden mit mehreren Labels ausgezeichnet.
Der Wettlauf der Öko-Etiketts läuft auf vollen Touren, aber was sagen die SRI-Labels eigentlich aus? Die Existenz eines Managementprozesses? Nicht-finanzielle Kriterien im Stock-Picking Prozess? Ja, das gilt für alle. Allerdings stellen die Labels keine Anforderungen an die Portfolioqualität oder an deren Zusammensetzung. Was passiert, wenn man einen Blick ins Innere der unterschiedlichen Portfolios wagt? Der Qualitätsgrad, die Auswahl- und die Ausschlusskriterien sind von Fonds zu Fonds unterschiedlich. Das jüngste belgische Label hat die Vorzüge, sich zumindest in Bezug auf das Klima teilweise mit diesem Thema befasst zu haben. FebelFin definiert intuitive Ausschlussbereiche und erfüllt somit zumindest grundsätzliche Qualitätsstandards.
Der Geltungsbereich des belgischen Labels hat zwei wesentliche Vorteile. Zum einen greift es Kriterien auf, die auch beim paneuropäischen Label zu erwarten sind und ebnet diesem in gewissem Masse den Weg. Zweitens ermöglicht es der breiten Öffentlichkeit ein intuitiveres Verständnis der Thematik, indem es Fonds auszeichnet, die Sektoren ausschliessen, von denen man weiss, dass sie einen negativen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Ausserdem werden soziale Fragen – zum Beispiel über den Tabak- und Rüstungssektor oder durch den Ausschluss von sehr umstrittenen Wertpapieren im Sinne des Global Compact – angegangen.
Auch interne und externe Analysen von Unternehmen, in die investiert werden soll, unterliegen Diskrepanzen. Bei der Delegation der SRI-Analyse an externe Partner kommen wieder andere Kriterien zum Zug und es kann keinesfalls die gleiche Tiefe und Qualität erreicht werden, wie wenn sie im eigenen Haus durchgeführt wird. Deshalb hat DNCA ein eigenes Modell entwickelt. Die Ergebnisse der wichtigsten Nicht-Finanz-SRI-Rating-Agenturen sind nach Ansicht des Spezialisten zu oft durch die Grösse der Marktkapitalisierung verzerrt. Sie neigen dazu, den Grad der Transparenz und weniger das Verhalten der Unternehmen zu bewerten. Ein Unternehmen wie der Stahlkonzern ArcelorMittal wird somit mit 9 von 10 Punkten bewertet, während ein kleines Unternehmen weniger gut oder gar nicht bewertet wird.
Wenn es um das Schaffen von Transparenz geht, sollte der einfache Zugang zu allen Informationen eines SRI-Fonds oberste Priorität haben. Neben der finanziellen Performance ist es ein grosses Anliegen der Kunden, die Zusammensetzung ihrer SRI-Portfolios zu kennen und zu verstehen. Es ist damit zu rechnen, dass die Europäische Kommission bis 2025 ein einheitliches europäisches Ökolabel kreiert. Und das aus gutem Grund."
Léa Dunand-Chatellet, Head of the Responsible Investment Department bei DNCA
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