e-fundresearch.com: Herr Kutschera, prinzipiell ist der Asset Management Vertrieb ja von hohen Fluktuationsniveaus geprägt – mit über 5 Jahren bei T. Rowe Price stellen Sie hier eine Ausnahme dar. Was ist der ausschlaggebende Grund und auf welche erzielten Meilensteine können Sie bereits zurückblicken?
Carsten Kutschera: Der Markteintritt von T. Rowe Price in Deutschland und Österreich vor gut fünf Jahren war Bestandteil einer breiteren strategischen Expansion des Hauses außerhalb der USA, vor allem in Europa und Asien. Mich reizte die Herausforderung, das Geschäft des unabhängigen Anbieters mit seiner kompetitiven Fondspalette in Deutschland und Österreich mit aufbauen zu dürfen. Mit meinen fünf Jahren bei T. Rowe Price stehe ich im Vergleich zu unseren Portfoliomanagern noch relativ am Anfang. Diese sind im Durchschnitt seit 17 Jahren im Unternehmen; unsere Kunden kennen dies an und schätzen die Stabilität. Über die letzten fünf Jahre ist es uns gelungen, das Geschäft beständig auszubauen und T. Rowe Price als nun nicht mehr ganz so „neuen“ Anbieter am Markt zu etablieren. Zu den Meilensteinen zählten schon nach recht kurzer Zeit abgeschlossene Vertriebsvereinbarungen mit sämtlichen gängigen Fondsplattformen, die Auflegung inzwischen mehrerer institutioneller Mandate und last but not least der erfolgreiche Aufbau eines diversifizierten Bestandes.
e-fundresearch.com: Seit diesem Sommer sind Sie für den gesamten T. Rowe Price Vertrieb in Mitteleuropa zuständig – wie wollen Sie das Haus in dieser Region mittelfristig positionieren? Welche Zielgruppen stehen dabei vor allem im Fokus?
Carsten Kutschera: Wir wollen unsere Position in den jeweiligen Märkten weiter ausbauen und fokussieren uns auch weiterhin primär auf das breite Spektrum an Asset-Allokatoren und institutionellen Anlegern. Dank einer zunehmenden Bekanntheit und Vertrautheit fassen wir auch zunehmend im Beratungsgeschäft Fuß. Die Fokussierung und Unabhängigkeit des Hauses, gepaart mit einer weit überdurchschnittlichen Produktqualität und Kundenorientierung, sollten T. Rowe Price dabei helfen, mittelfristig zu den führenden aktiven ausländischen Anbietern in Mitteleuropa zu zählen. 86 Prozent der T. Rowe Price SICAV-Fonds lagen mit ihrer Performance über einen Zeitraum von zehn Jahren innerhalb ihres vergleichbaren Top-Quartils (zum 31.12.2019). Der weitere selektive Ausbau unserer Fondspalette, ein kompetitives Gebührenmodell und eine zunehmende Anzahl an ausreichend großen Fonds sind dabei weitere ausschlaggebende Faktoren, die auch weitere strategische Partnerschaften mit Vertriebspartnern ermöglichen sollten.
e-fundresearch.com: Wir haben an den Börsen ein sensationelles Jahr 2019 verzeichnen dürfen – mittlerweile ist es schwer, Märkte zu finden, die noch nicht zu Höchstständen notieren. Welche Ansätze machen aus Ihrer Sicht in diesem Umfeld Sinn? Welche Strategien stellen Sie derzeit bewusst in die Auslage?
Carsten Kutschera: Unseren Investmentspezialisten zufolge wird uns das Umfeld extrem niedriger Zinsen vermutlich noch länger erhalten bleiben und stellt Anleger angesichts des fortgeschrittenen Marktzyklus vor große Herausforderungen. Zudem könnte die Ära, in der die Marktrenditen, auf denen passive Strategien aufbauen, deutlich höher als die Überschussrenditen (Alpha) ausfielen, vorbei sein – wodurch die Erzielung eines möglichst konsistenten Alphas umso mehr an Bedeutung gewinnt. Für Kunden auf der Suche nach Wachstum in einem relativ wachstumsschwachen globalen Umfeld bieten wir wettbewerbsfähige Produkte in Bereichen wie beispielsweise Schwellenländeranleihen, globale Hochzinsanleihen und Wachstumsaktien an. Wir verzeichnen auch Kundeninteresse in Märkten, die unter Handelskriegen gelitten haben und von einer Konfliktbeilegung profitieren könnten, wie beispielsweise Schwellenländer- oder japanische Aktien. In einem diversifizierten Portfolio sollten nach Empfehlung unseres Fixed Income-Teams auch eher defensive Allokationen wie erstklassige Staatsanleihen mit langer Duration, besonders sichere Währungen – beispielsweise US-Dollar und japanischer Yen – beziehungsweise defensive und gering mit Risikomärkten korrelierte Strategien nicht fehlen.
e-fundresearch.com: Mittlerweile ist es in Europa quasi ein Ding der Unmöglichkeit geworden, Fondsvertrieb zu betreiben, ohne auch eine hauseigene ESG-Investing-Policy präsentieren zu können. Wie geht T. Rowe Price als amerikanisches Haus mit diesem strukturellen Trend um?
Carsten Kutschera: T. Rowe Price ist 2010 der Investoreninitiative UNPRI beigetreten und hat deren Definition von ESG-Integration übernommen, das heißt ESG-Aspekte sind seit etlichen Jahren integraler Bestandteil unseres fundamentalen Researchs und werden mit Hilfe einer eigenen umfangreichen Datenbank („Responsible Investing Indicator Model“) umgesetzt. Verantwortlich sind hier in erster Linie unsere Analysten und Portfoliomanager, in enger Zusammenarbeit mit Responsible Investing- („RI“) beziehungsweise Governance-Teams. Dies findet in allen Strategien Anwendung. Aufgestockt haben wir in den vergangenen Jahren insbesondere unser RI-Team, um der zunehmenden Bedeutung von Umwelt- und sozialen Faktoren gerecht zu werden.
e-fundresearch.com: Nicht zuletzt aufgrund stark gestiegener regulatorischer Anforderungen spielt Sales-Support eine immer bedeutendere Rolle im Fondsvertrieb: Wie ist hier Ihr Haus aufgestellt, um auch lokal-spezifischen Bedürfnissen Rechnung tragen zu können?
Carsten Kutschera: T. Rowe Price stellt seit jeher den Kunden in den Mittelpunkt seines Handelns, was sich auch im Bekenntnis zu lokalen Gegebenheiten zeigt. Wir können auf personeller Ebene neben lokalen Ressourcen auf zusätzliche interne Unterstützung zurückgreifen, darunter auch deutschsprachige On-Boarding-, Marketing- und Investmentspezialisten, Juristen und Abwicklungsexperten. Ferner gibt es unter anderem mehrere VAG-konforme Fonds, um auch den Bedürfnissen regulierter Anleger gerecht werden zu können. Das Team wird dieses Jahr weiterwachsen und wir planen unter anderem Marketingfunktionen auch lokal anzusiedeln.
e-fundresearch.com: Abschließend: Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für den Fondsvertrieb in Europa? Welche Entwicklungen stehen bei Ihnen aktuell ganz oben auf der Agenda?
Carsten Kutschera: Anleger jeglicher Couleur werden zunehmend fordernder und hinterfragen kritischer denn je das Leistungsangebot von Anbietern im Kontext mit ihren Bedürfnissen. Neben einer herausragenden Produktqualität beziehungsweise der Fähigkeit, auch individuelle Lösungen gemeinsam mit Investoren auszuarbeiten, erwarten Kunden auch Zugang zum Investment-Team, Transparenz und aussagekräftiges Reporting. Wir sehen uns gut aufgestellt, diesen Anforderungen gerecht zu werden und versorgen nicht nur bestehende Investoren mit relevanten Informationen zu Portfolios und darüber hinaus – auch auf Deutsch auf unserer Webseite. „ESG“ und Digitalisierung werden zunehmend an Bedeutung gewinnen und die Branche genauso auf Trab halten wie das Thema der Kosten. Dem ausgeprägten Kostenbewusstsein auf Kundenseite begegnen wir mit marktgerechten Konditionen für sämtliche unserer Strategien. In den kommenden Jahren wird sich meiner Meinung nach zudem die Spreu vom Weizen innerhalb der Asset Management-Branche trennen, wobei es zwei Marschrichtungen geben wird: Entweder die Erzielung eines konsistenten Alphas oder das Angebot kostengünstiger passiver Strategien. Ich glaube, dass beide Richtungen legitim sind.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch & weiterhin viel Erfolg, Herr Kutschera!