Gröschls Mittwochskommentar: 17/2020

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 22.04.2020 12:01 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Aktuell bleibt tatsächlich kein Stein bzw. kein Fass auf dem anderen. Haben wir, die wir in einer Zeit aufgewachsen sind, da Geld ein rares Gut war und man, hat man es schweren Herzens verborgt, dafür Zinsen bekam, uns inzwischen daran gewöhnt, dass dem nicht mehr so ist und, dass der schnöde Mamon nicht mehr das Papier wert ist auf dem er gedruckt wurde, haben sie uns jetzt eine weitere Konstante genommen. Peak Oil – wir erinnern uns? Seit den 70er/80er(?) Jahren tauchten hartnäckig immer wieder Gerüchte auf, dass wir kurz vorm Ende der Öl-Reserven stehen und, dass es nun endlich wirklich gleich vorbei ist. Hat natürlich nie gestimmt, weil abgesehen von der künstlichen Verknappung durch die Opec (+,++) kam zuerst das Off Shore-Drilling, dann die Oil Sands danach das Fracking und schließlich sind wir draufgekommen, dass wir uns auch mit drei Zylindern oder gar mit einem Elektroauto fortbewegen können. 

Aber wer hätte im Frühsommer 2008 gedacht, als sich - ich glaub es war die AUA – diese damals bei USD 140 gegen weitere Preissteigerungen abgesichert hat, dass es eine Zeit geben wird, da Öl-Händler 40 Dollar für ein Fass zahlen würden, nur um es nicht abnehmen zu müssen. Zugegeben hierbei handelt es sich um eine Technicality, wo zum Verfall des Futures Kontrakt bei extrem geringen Volumina der Markt offensichtlich gecornert wurde. Aber ein Kassapreis von aktuell 10 USD für ein Fass WTI Rohöl, ist fast schon so gut wie negative Zinsen. Was sich der Konsument natürlich gefragt hat, als er heute Morgen sein Verbrennungsmotorauto getankt hat ist: Was genau ist da eigentlich gefallen? und wer streift sich eigentlich die Differenz ein? – Aber das ist eine andere Geschichte voller Missverständnisse.. ;-)

So weit so unaufgeregt, weil tatsächlich kann uns offensichtlich nichts mehr erschrecken. Was wir aber gelernt haben ist, dass wir (der Markt) offensichtlich auch auf dem Öl-Markt das letzte Wort haben und nicht die Produzenten, weil fließt das Zeug einmal aus der Erde, scheint das Interesse es loszuwerden ein fundamentales zu sein, weil die Halde auch irgendwann voll ist. Ein Buyers Strike, wie wir ihn dieser Tage gesehen haben, dürfte unter Umständen also mittelfristig nicht nur Gleichgewicht der Kräfte im Nahen und Mittleren Osten verändern, auch der durchschnittliche Shale Oil Produzent in den USA wird sich deutlich schwerer tun.

Das wiederum stellt wohl den schwersten Schlag für die US-Wirtschaftspolitik seit der Machtergreifung durch DJ Trump dar und – Hand auf´s Herz – einige von uns dürften ihm das durchaus gönnen. J Die Defaults im US High Yield Markt sollten im ohnehin schon etwas gestretchten Energie Markt auch nicht weniger werden, wobei das natürlich nur mehr das Topping auf die allgemeine Katastrophe ist.

Nun ein kurzer Ausflug in die Makroökonomie. Wir haben es also mit einem - zumindest bis vor der Covid-19 Krise - der wesentlichen, die Entwicklung der US Inflation beeinflussenden, Faktoren zu tun, der defacto innerhalb weniger Monate gegen null tendiert hat, also kurzfristig massiven negativen Einfluss auf die Headline Inflation haben wird bzw. hat. Spannend wird es aber zukünftig, weil sich die Basis in so kurzer Zeit so stark verringert hat, dass es unter Berücksichtigung von nachhaltig zurückgehender Nachfrage durch die Rezession und die vermehrte Ächtung fossiler Brennstoffe selbst bei absolut geringen Preissteigerungen zu positiven Basiseffekten kommen wird.

Jetzt ist ein bisserl Inflation etwas, das wir durchaus mögen, aber eben nur ein bisserl. Wenn´s denn dann aber zu viel wird, was zum einen durch Basiseffekte (siehe oben) und andererseits durch die Überschwemmung, auch der High Street, mit Liquidität wohl durchaus zu erwarten ist, die Konjunktur sich aber nicht so rasch zu erholen anschickt, wie man das gerne hätte, die Zinsen aggressiv anzuheben also keine wirkliche Option ist, dann wird´s unter Umständen unschön. Die blöde G´schicht, die mit dem Virus begonnen hat, könnte uns also noch eine Zeit lang begleiten und aus ganz anderen Ecken beißen… 

Aber (damit nicht alle immer sagen, dass ich so negativ bin ;-)) es wird wahrscheinlich eh alles gut!  Wie immer ist die hier die Frage nach der Fristigkeit eine nicht unwesentliche. Der Long Run im Sinne Keynes ist hoffentlich keine Option!

Zum Abschied für diesen Mittwoch, sag ich leise Servus, möchte mich dem allgemeinen Aufheiterungs- und Schulterschlußtrend nicht verschließen und deshalb den Skero empfehlen… :-)

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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