Gröschls Mittwochskommentar: 18/2020

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 29.04.2020 11:33 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Gar nicht so einfach bei einer so vielschichtigen, undurchsichtigen Gemengelage jeden Mittwoch neue Erkenntnisse gewonnen zu haben. Insbesondere auch deshalb, weil wir es regional zwar allenthalben mit demselben Problem zu tun haben, aber die Grundvoraussetzungen und Herangehensweisen durchaus völlig unterschiedliche sind, zumindest was die Aggressivität und Geschwindigkeit der Maßnahmen angeht. Das ist es im Wesentlichen auch, warum ich dem (Aktien)Markt, was ich ja eigentlich nie so richtig tue ;-), nicht ganz (ver)traue… Ein Satz, der mir sinngemäß in den letzten Tagen wiederholt an unterschiedlichen Stellen begegnet ist, war „Der Markt handelt immer zukünftige Entwicklungen!“. 

Nun endlich erkennt das mal wieder jemand, denn wir erinnern uns, nicht lang ist es her, da haben wir den Begriff NowCast eingeführt, damit wir nicht mehr in eine ungewisse, vielleicht weniger rosige Zukunft blicken müssen. Leider kommt der Satz diesmal zu einem Zeitpunkt daher, wo es schwerfällt zu glauben, dass – auch wenn alles irgendwann wieder gut wird – die Corona-Geschichte in der Breite keine längeren Spuren hinterlassen wird. Diejenigen, die schon ein bisserl länger dabei sind, werden sich anekdotisch an zwei Dinge in den letzten beiden größeren Kapitalmarktkrisen erinnern: 1. Als uns um das Jahr 2000 nicht mehr eingefallen ist, wie wir die Bewertungen von vollkommenen Schrottbuden rechtfertigen sollen, die wohl nie einen Schilling verdienen werden, haben wir das Kurs/Umsatz Verhältnis als die einzige heilsbringende Kennzahl erkoren und 2. Als es um das Jahr 2008 plötzlich schwierig wurde für die diversen ABS Strukturen Mark-to-Market Bewertungen, sprich handelbare Preise, zu bekommen, wurde plötzlich das Mark-to-Model salonfähig. Wie sich herausstellte, ging´s dabei eher um Mark-to-Myth…. 

Bleiben wir also wachsam und skeptisch, wenn Bewertungen von egal welcher Assetklasse auf Füße gestellt werden, auf denen zu stehen man ihnen vor kurzem noch nicht zugetraut hätte. Wenn etwas nicht gut riecht und nicht gut ausschaut, dann wird aus dem hässlichen Entlein auch in hundert Jahren kein weißer Schwan, oder so ähnlich… ;-) Den schwarzen Schwan hat uns sein Kreateur für die aktuelle Situation ja leider abgesprochen, wie wohl man Herrn Taleb hier unter Umständen einen ein bisserl überkritischen Standpunkt vorwerfen könnte, weil nur weil man´s hätte wissen können, treffen einen manche Dinge dann doch eher unvorbereitet. Komet und so…. aber sei´s drum!

Dass natürlich neben den Aktienmärkten auch die Staatsanleihen insbesondere der großen traditionellen Wirtschaftsräume nicht ganz billig sind, ist selbstredend. Im Gegensatz zu den Aktien diverser Unternehmungen, wobei das auch ein Grund für die aktuelle Rally sein könnte, ist hier die Bepreisung aber nicht ganz so wichtig, haben wir es eigentlich mit einer binären Fragestellung zu tun. Nämlich: hat zB eine italienische Staatsanleihe in Euro, wenn sie nicht bedingungslos vom Rest der Mitglieder (also in letzter Konsequenz von Deutschland) garantiert wird, überhaupt irgendeinen Wert? (Das jetzt reduziert allein auf den Schuldner unabhängig von der potentiellen Währungsproblematik, die natürlich genauso für die USA gilt…)

Meiner Ansicht nach wohl eher nicht, wobei das Schlimme daran ist, dass Italien (hier rein als Beispiel) mit großer Wahrscheinlichkeit weniger zu verlieren bzw. deutlich mehr zu gewinnen hat, wenn es einen gepflegten Konkurs hinlegt. Für die diversen Pensionverpflichtungen in Resteuropa wäre das hingegen weniger gut. Wollen wir also lieber eine wertlose Währung mit nominell bewertbaren Schuldtiteln oder schreiben wir unser Erspartes in den Wind und versuchen mit Blut, Schweiß und Tränen einen Neustart? Klingt wohl beides eher weniger lustig, vielleicht funktioniert ja die bevorzugte Antwort der EU auf nahezu alle Fragen, nämlich das überbürokratisierte Durchwurschltn auch diesmal…. Hoffentlich!

Sie (in Österreich) erinnern sich sicherlich an die Skonz Werbung: Der raunzt schon wieder! – Raunz ned kauf! – Wär eh gscheit gewesen! :-)

Bevor wir schließen noch ein kurzer Appell an alle lokalpolitischen Kleingeister und 80er Jahre Ökonomen hierzulande und in den angrenzenden Nachbarländern: Lokale oder überregionale Opferung einer möglichst aggressiven Klimapolitik zugunsten irgendwelcher kurzfristigen nutzenmaximierender Wählerschichten ist völlig fehl am Platz! 

Soweit die Mittwochspredigt! :-) - Die Kirchen sind aktuell eh zu…. 

Alles Liebe!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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