Alles neu macht der Mai, heißt es doch! Nun, wie jedes Jahr darf das auch diesmal bezweifelt werden, wobei einige langfristige Neuentwicklungen positiver wie negativer Natur werden wir uns beginnend mit heuer schon gefallen lassen müssen. Darüber zu spekulieren, welche das sind, überlass ich gern berufeneren Geistern. :-)
Wo wir aber tierisch werden aufpassen müssen, ist, dass wir nicht gesellschaftspolitisch sozusagen in eine Non-Profit-Society abgleiten. Dont´t get me wrong, an sich wäre ich ein großer Verfechter der Star-Treck Ökonomie, wo allen alles mehr oder weniger frei zur Verfügung steht und jeder das leistet, was er zu leisten bereit ist. Leider steht zu befürchten, dass wir soweit noch nicht sind. Die Gefahr besteht und ich versuche hier die Worte eines lieben Kollegen aus Deutschland (danke Michael!) sinngemäß wiederzugeben, dass der Eindruck entstünde, dass wir von der Post-GFC Ära des leistungslosen Vermögenzuwachses durch fortwährendes Gelddrucken durch die Zentralbanken nun in einer Zeit des post-coronatischen, leistungslosen Einkommens angelangt sind.
Dass das rein ökonomisch nicht funktionieren kann, weil am Ende des Tages in unserem System immer irgendwer in irgendeiner Form die Rechnung zahlt, ist evident; die hinreichende Ausnutzung des Generationenvertrags, den spannender Weise immer nur die Alten unterschreiben, auch. Was diesmal neu ist, ist, dass wir der Jugend mitgeben, dass wir nach acht Wochen Home-Schooling (oder wie´s die Kinder nennen Corona-Ferien) anstatt voll Elan wieder an die Arbeit zu gehen, darüber diskutieren, ob es zumutbar ist, dass an Fenster- (oder Zwickel)tagen, die eigentlich bei normaler Unterrichtsauslastung frei sein hätten sollen, die Schulen nun geöffnet werden sollten.
Aber es wird noch schöner. Nicht nur die Lehrervertreter, nein auch ein größerer Teil der Eltern scheinen sich dafür auszusprechen, dass man doch lieber zuhause bleiben möge. (Und nein, hier geht es ganz sicher nicht um die Angst vor der Ansteckung!) Abgesehen davon, dass wohl gerade in der Wissensvermittlung nur gelten kann, dass mehr mehr ist, scheint man sich hier an der alten österreichischen Volksweisheit „Wissen ist Macht, nichts wissen macht auch nichts!“ zu orientieren. Das Signal, dass hier gegeben wird, dass wir uns ruhig alle in der sozialen Hängematte räkeln können, weil Vater Staat wird uns schon füttern, egal was passiert, ist nicht nur ein grundfalsches, sondern auch ein höchstgefährliches. Wie heißt´s so schön bei FM4: Wer nix weiß, muss alles glauben…. und wer nix hat, will alles glauben und das wiederum ist ja schon einmal ganz gründlich in die Hose gegangen!
Man wird sehen, wie die Lenker unserer Zeit aus dem Theater wieder rauskommen ohne in Versuchung zu kommen, vielleicht doch längerfristig Pläne zu schmieden. Einige zeigen da ja bereits ganz offen ihre Absichten. Das Modell (erfolgreiche) Krisenintervention, dann Brot und Spiele ist jedenfalls ein bewährtes, wie langfristig eher fragwürdiges, das historisch meistens in Blut, Schweiß und Tränen geendet hat. Apropos langfristig: auch Weiland Keynes wird, nicht nur wegen seiner in the Long Run fraglos zutreffenden Einschätzung, dass wir irgendwann alle tot sein werden, momentan zur Rechtfertigung einer Unzahl von staatlichen Eingriffen herangezogen. Denke, und da werden mir wahrscheinlich selbst die Verehrer Hayeks und der anderen Österreicher zustimmen, dass er das nicht verdient hat! :-)
Kurzfristig hilft uns das natürlich alles nur sehr bedingt weiter, weil eigentlich wollen wir, ja nur wissen, ob wir es nun mit einem V, einem W, einem U oder gar einem L am Weg zurück zu altem ökonomischen Glanz (oder eben nicht beim L ;-)) zu tun haben. Die Aktienmärkte, insbesondere in den USA, rechnen offensichtlich mit einem V und zwar einem argen… Möglicherweise stimmt das ja sogar, nur dass das V irgendwo zwischen durch umgefallen ist (also auf der Seite liegt :-)) und das nur noch keiner gemerkt hat oder halt einfach keiner sehen will. Für die Untermauerung der Aufwärtsbewegung reicht ein halbes V wahrscheinlich auch eine zeitlang, aber je breiter der Abstand zwischen den beiden Enden wird, desto fragiler ist die Struktur..
Also aufpassen und nicht zu viel Soma einwerfen! :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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