Gröschls Mittwochskommentar: 23/2020

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 03.06.2020 07:00 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Dass Prognosen schwierig sind, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen, musste sich zuletzt auch Goldman Sachs eingestehen und zurückrudern, was ihre -18% betrifft und ich stehe nicht an, es ihnen gleichzutun. Jetzt müssen wir schon deutlich mehr fallen, um die prognostizierten Levels noch erreichen zu können. ;-) Ironischerweise könnte allerdings nicht nur die Prognose falsch sein, es könnte sich die Aufwärtsbewegung kurzfristig sogar noch beschleunigen, denn wie man hört sind die Short-Positionen auf den S&P500 Index auf einem historisch sehr hohen Niveau. Was wiederum bedeuten könnte, dass es, sollte es noch weiter steigen – ob jetzt Hedgepositionen oder outright Shorts – zu einem Short Squeeze kommt, also die Shortpositionen zur Verlustbegrenzung in einen steigenden Markt hinein aufgelöst werden müssen, vulgo die Shorts gegrillt werden.

Beunruhigt uns das? Kaum, freuen sich doch die meisten Markteilnehmer, außer eben die, die ordentlich short sind ;-), über steigende Aktien. Stimmen wir der Bewegung zu, naja nicht so richtig, aber auch das ist nichts Neues. Darüber dass die Hauptwährungen, als unbegrenzt zur Verfügung stehendes Gut, mittelfristig, vielleicht nicht mehr ganz werthaltig sein könnten, so wie damals das Casino in Jericho an dem die Bawag beteiligt war, lässt sich zwar trefflich streiten, aber nicht mit mir. *lol* Das einzige was da dagegen spricht, ist das gleiche, das uns schon in der GFC gerettet hat: das gemeinsame Interesse daran, das System unter allen Umständen aufrecht zu erhalten, weil die andere Möglichkeit noch deutlich schlimmer wären. Die Frage ist halt letztendlich, ob das ad infinitum so weiter gehen kann, oder ob der Damm, der ja durchaus sichtbare Risse davon getragen hat, nicht doch irgendwann bricht.

Aber noch ist es nicht soweit, zumindest nicht an den Finanzmärkten. Gesellschaftliche Dämme scheinen hingegen gerade in den USA zu brechen, da bleibt nur zu hoffen, dass irgendjemand den Unaussprechlichen soweit im Griff hat, dass er nicht seinen Untergang, der meines Erachtens sowohl unabdingbar, wie inzwischen ausgemacht ist, dazu benutzt die USA noch weiter ins Chaos zu stürzen. Die Armee im eigenen Land gegen die eigenen Bürger einzusetzen, die zurecht auf ein schlecht funktionierendes System sauer sind, ist der Ideen, die er bisher gehabt hat, wohl der schlechtesten eine. Politik nach russisch/chinesischem Vorbild auf US-amerikanischen Boden, wer hätte das gedacht….

Dass es Interdependenzen zwischen den sozialen Entwicklungen und der Performance der Märkte gibt, wäre früher so selbstverständlich wie logisch gewesen. Dass das heutzutage nicht mehr so ist, hängt wohl damit zusammen, dass wir uns einbilden, dass sich die Wertschöpfung von der Ebene der physischen Existenz in den virtuellen Raum verlagert hat. Stimmt natürlich zu einem gewissen Grad, nur wenn wir nur mehr virtuelle Güter und Leistungen mit Währungen bezahlen, deren Wert ob der unbegrenzten Verfügbarkeit zumindest diskutiert werden muss, dann ist das in etwa so, als ob wir mit langlaufenden Optionen auf Dividenden-Futures von Technologieunternehmen mit KGVs jenseits der 100 handeln. Illusionshandel?! :-)

Also alles eine riesen Blase? – Wär schon möglich, oder? :-) Das Blöde ist, dass sich die Geschichte zwar in ihren Ergebnissen zwar immer wieder wiederholt, aber leider die Auslöser immer neue sind. England würde heute wohl kaum den dritten Weltkrieg anzetteln, wenn jemand (Gott möge abhüten! :-)) den britischen Thronfolger ermorden würde. Einstürzende Neubauten bzw. deren Preise in Tokio würden heute kaum den lokalen Aktienmarkt in eine zwanzig Jahre dauernde Baisse führen und auch Banken mit einem Eigenkapital von unter vier Prozent werden wohl kaum mehr eine globale Finanzkrise auslösen. Genauso wenig wird das nächste Mal Leverage auf Unternehmensebene eine Rolle spielen, weil, wir erinnern uns, Geld ja ohnehin unbegrenzt vorhanden ist.

Hilft uns das jetzt? – Nicht wirklich, leider! :-) Ein paar Parallelen wird’s aber zum Platzen der nächsten Blase wohl schon geben. Staatenbünde, die sich mit der Integration schwer tun, sind zum Beispiel immer eine Krise wert und dort wo sich Wert und Preis zu weit voneinander entfernen bzw. man zu viel, zu weit in der Zukunft liegende Annahmen treffen muss, um den Preis zu rechtfertigen, kann´s auch immer zu Auffassungsunterschieden kommen….

Generell gilt natürlich immer, es gibt nur zwei Kategorien von Investoren: die, die bis zum Platzen einer Bubble recht gehabt haben und die, danach!

Glück auf!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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