Gröschls Mittwochskommentar: 24/2020

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 10.06.2020 10:23 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © interfoto
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Schon wieder eine Woche um! Das erste Halbjahr 2020 haben wir schon fast wieder hinter uns. Wäre es diesfalls nicht fast ein bisserl makaber, wäre man geneigt zu sagen „Hurra wir leben noch!“; wir tun´s trotzdem, aber mit voller Demut und Awareness, dass wir hier im Herzen Europas durchaus auf einer Insel der Seligen leben und es Viele nicht so gut erwischt haben. Dass uns die unterlegte Marktentwicklung etwas überrascht, haben wir ja bereits an den letzten Mittwochen hinreichend diskutiert und daran hat sich natürlich nichts geändert. Fakt ist zum Beispiel, dass es letzten Sonntag weltweit in Summe die meisten registrierten Covid-19 Neuinfektionen seit Beginn der ganzen Geschichte gegeben hat. Die Zentren liegen zwar jetzt nicht mehr in Europa und den USA (wobei schau mer mal, wie´s dort weitergeht), sondern in Asien und Südamerika, aber nur weil´s weniger Geschrei gibt, ist die Lage nicht weniger ernst.

Wenn ich das richtig gelesen habe wird 2020 das Wirtschaftswachstum der Emerging Markets zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten rückläufig sein, naja und über die – und ich versuche hier krampfhaft den Ausdruck entwickelte Welt zu vermeiden – anderen und deren Wachstum, breiten wir sowieso den Mantel des Schweigens. Womit wir wieder beim Mysterium der Aktienmarktrally wären. :-) Verstehen tun das aktuell interessanter Weise viele der auch nicht mehr ganz grünen PMs nicht und geben das auch unumwunden zu (bin da also nicht ganz allein :-)). Stellt sich natürlich die Frage: Wer kauft da eigentlich? Retail, Schnäppchenjäger? Mag schon sein und würde auch die massive Outperformance von Value Aktien der letzten Tage erklären (Junk-Rally?!).

Grundsätzlich war´s natürlich schon Zeit, dass Value nach Jahren der Bedeutungslosigkeit wieder einmal ein Comeback feiert, aber das scheint nun doch ein wenig undifferenziert und verfrüht. Gut ist, dass wir uns in letzter Konsequenz immer auf zwei universal gültige Börsenweisheiten zurückziehen können: 1. Der Markt hat immer recht! :-) und 2. Don´t fight the FED! Steht ersteres wohl zweifelsfrei außer Frage, wird man bei zweitem mittelfristig die Intention und mithin die Interpretation doch hinterfragen müssen. Alles und jeden wird sie wohl auch diesmal nicht auffangen die FED. Hat sie in der GFC auch nicht getan und in den Jahren 2008 ff rund 450 Banken pleite gehen lassen, wobei sich die Systemrelevanz von Banken (zumindest mit Hindsight ;-)) ganz gut kalkulieren lässt.

Schwieriger wird´s da schon zB bei Fluglinien. Was den Bogen zurück ins Land (nein, nein nicht Reich ;-)) der Mitte zu schlagen ein Leichtes macht. Haben wir bzw. unsere Volksvertreter die AUA, die ja eigentlich gar keine österreichische Fluglinie ist, als offensichtlich systemrelevant identifiziert und mithin als unterstützungswürdig empfunden. Nun ist die wirtschaftliche Bedeutung, die Anzahl der Arbeitsplätze und die Umwegrentabilität mit Flughafen und verbundenen Industrien evident und es macht gesamtwirtschaftlich sicher Sinn in Wien eine vernünftigen Anbindung an den Rest der Welt zu erhalten, aber ein bisserl ein Odeur hat die G´schicht  schon, oder? Wobei, wie hat das gestern ein Bekannter so treffend formuliert: Die ÖBB wird auch jedes Jahr mit Milliarden unterstützt…  Also alles kein Problem, wenn das Geld eh keinen Wert hat! :-)

Wobei das Problem ja kein spezifisch österreichisches ist. Es geht vielmehr um die effiziente Allokation von Kapital, Marktbereinigungskräfte, um Disruption (endlich passt dieses in den vergangen Jahren so oft strapazierte Wörtchen einmal :-)) und letztendlich vielleicht auch um Revolution. Dass Fehlallokationen zu Verzerrungen führen, ist evident. Zuviel Zentralbankgeld endet offensichtlich in Assetpreis-Inflation und staatliche Lenkungsmaßnahmen ziehen Wettbewerbsverzerrungen nach sich, so war es immer uns so wird es wohl immer sein. Aktuell ist das Blöde nur, dass das Ausmaß der Intervention so groß ist (sein muss?), dass wir es mit einer vollkommenen Neuorientierung zu tun bekommen könnten. Wo die Grenze ist zwischen staatlicher Unterstützung von zB Fluglinien, protektionistischen Maßnahmen zum Schutz von nationalen Privateigentum vor Investoren mit eigenen, druckenden Zentralbanken und direkten, völlig unverschleierten Eingriffen in das Wirtschaftssystem ist, wird sich weisen.

Die Konsequenz? Währungsreform, Planwirtschaft, Grundsicherung und ein weiteres, verlorenes Jahrzehnt? Na, so schlimm wird´s schon nicht werden. Hoffentlich!

Trotzdem ein schönes verlängertes! :-)

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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