Gastkommentar: Was AT1-Investoren im aktuellen Umfeld beachten sollten

Sind die Banken im Zuge oder angesichts von Corona in einer finanziell soliden Lage, um mit den sich verschlechternden Bilanzkennzahlen fertig zu werden? Und was sind die Auswirkungen für Investoren in CoCos (Contingent Convertibles Bonds)? Lesen Sie einen Gastkommentar von Jérémie Boudinet, Credit Fund Manager, La Française AM. Markets | 15.11.2020 11:32 Uhr
Jérémie Boudinet, Credit Fund Manager, La Française AM / © La Française AM
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Nach der Finanzkrise von 2007/08 verbrachten die Banken mehr als ein Jahrzehnt damit, ihre Kapitalpuffer aufzubauen. Ende 2019 waren weltweit schätzungsweise 5 Billionen US-Dollar Kapital über den regulatorischen Anforderungen der Säule 1 hinaus vorhanden (Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Mai 2020). Jetzt lockern Regulatoren und Behörden diese Anforderungen an die Kapitalpuffer: Banken können nun vorübergehend unter dem Niveau mehrerer geforderter Mindestliquiditäts- und Kapitalpuffer operieren (Richtlinien der Säule 2, Kapitalerhaltungspuffer, Liquiditätsdeckungsgrad etc.). Die Europäische Zentralbank forderte die Banken sogar auf, die Zahlung von Dividenden oder den Aktienrückkauf bis mindestens Ende 2020 einzustellen, um Kapital auf die Kreditvergabe umzulenken und die Bilanzen zu stützen. Aber es gibt wachsende Besorgnis über die Auswirkungen eines solchen Maßnahmenpakets auf AT1 CoCos.

Ist die Nichtzahlung von Kupons ein großes Problem?

Man könnte argumentieren, dass die Nichtzahlung von Kupons das sich abzeichnenden Hauptrisiko für den AT1-Markt sei. Wir hingegen sehen das anders. Wir glauben, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Aufsichtsbehörden Druck auf die Banken ausüben werden, damit diese die Kuponzahlungen aussetzen. Dabei stützen wir uns u. a. auf mehrere Aussagen vom Prudential Supervisory Board der EZB. So sagte Andrea Enria von der EU-Bankaufsichtsbehörde: „Die EZB plant nicht, Kuponzahlungen auf nachrangige Bankanleihen auszusetzen. Selbst, nachdem sie die Kreditgeber dazu angehalten hat, Dividenden auszusetzen, um das Kapital zu erhalten.“ Darüber hinaus sind die potenziellen Einsparungen, die mit der Aussetzung der Kuponzahlungen auf AT1 verbunden sind, im Vergleich zur Aussetzung von Dividenden unbedeutend. Die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf das Vertrauen der Investoren und den Zugang der Banken zu Finanzierungsmitteln wären hingegen katastrophal. Diese Ansicht wurde vom Europäischen Parlament im November 2020 bestätigt, das in einem Bericht über Kapitalpuffer erklärte, dass „Kuponzahlungen auf Instrumente, die als AT1-Kapital gelten, nicht eingeschränkt werden sollten“.

Auch die Berichte im zweiten und dritten Quartal waren durchaus beruhigend. Fast alle europäischen Banken konnten komfortable Solvabilitätsquoten aufbauen, die höher lagen als Ende 2019. Dies ist auf die Dividendenaussetzung, die aufsichtsrechtliche Lockerung und die nationalen Kapitalgarantie-Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft zurückzuführen.

Im Nachhinein betrachten wir den europäischen Bankensektor als von Regulierungsbehörden teilweise "verwaltet". Die Regulierungsbehörden begrenzen die Dividendenausschüttung und können den Zugang der Banken zu unbegrenzter und billiger Zentralbankliquidität kontrollieren, um mit dem derzeitigen sehr niedrigen Zinsumfeld zurechtzukommen. Sie drängen auch auf eine stärkere Konsolidierung mit bedeutenden Fusionen und Übernahmen, wie z. B. die Fusionen zwischen Bankia und CaixaBank sowie UBI Banca mit Intesa Sanpaolo. Noch vor einigen Jahren sollten die Banken vermeiden, zu groß zu sein, um zu scheitern. Jetzt ist das Gegenteil der Fall. Unserer Meinung nach wirkt sich dies positiv für die Stabilität des Bankensystems und damit für die Fortsetzung der AT1-Kuponzahlungen aus.

Jérémie Boudinet, Credit Fund Manager, La Française AM

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