US-Aktienmarkt: Eine Handvoll Wachstumswerte bestimmen den Trend

Die Konzentration am US-Aktienmarkt hat sich in den letzten Jahren spürbar erhöht. Damit hängt der Anlageerfolg zunehmend davon ab, ob Anleger mit Blick auf einen kleinen Kreis dominanter Unternehmen die richtigen Entscheidungen treffen. Markets | 22.12.2020 15:06 Uhr
© Photo by Martin Ceralde on Unsplash
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"Mit Blick auf die allgemeine Entwicklung des US-Aktienmarkts verblüfft eine Beobachtung besonders: Die zehn größten Aktien im S&P 500 Index machen mittlerweile fast 30 Prozent seines Gesamtwerts aus. Noch krasser stellt sich das beim Russell 1000 Growth Index dar, in dem die zehn größten Indexkomponenten beinahe die Hälfte der Marktkapitalisierung auf sich vereinigen.

Für einen Großteil dieser gestiegenen Konzentration sind gerade einmal fünf Aktien verantwortlich: Facebook, Amazon, Apple, Microsoft, Google/Alphabet, die sogenannten „FAAMGs“. Ihre Marktkapitalisierung hat sich dramatisch erhöht. Damit hängt die Index-Performance immer stärker von der Entwicklung dieser Schwergewichte ab.

Für sich genommen ist die zunehmende Marktkonzentration zunächst nicht unbedingt ein Problem. Die entscheidende Frage ist, ob sie auf reales Umsatz- und Gewinnwachstum zurückzuführen ist oder auf eine bloße Erhöhung der Bewertung. Apple ist möglicherweise ein Paradebeispiel für eine gestiegene Bewertung, die sich vorwiegend aus der Marktstimmung ergibt. Während hier eine natürliche Grenze für die Höhe des Marktanteils existiert, den sie als Hardware-Unternehmen in der Mobiltelefon-Industrie erreichen können, erscheint Amazons wachsendes Indexgewicht dagegen erscheint eher durch Fundamentaldaten gerechtfertigt.

Klar ist dabei, dass es angesichts des immensen Gewichts dieser Titel von entscheidender Bedeutung ist, ihre künftige Entwicklung richtig einzuschätzen, wenn es darum geht, den Index zu schlagen. In einem normalen Umfeld geht es darum, über den gesamten Markt betrachtet, bei mehr Anlageideen richtig als falsch zu liegen. Doch wenn die Gewichtung einiger Aktien innerhalb der Benchmark stark steigt, ändern sich die Spielregeln. Dann geht es darum, mit Bezug auf eine kleinere Gruppe von Unternehmen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im aktuellen Umfeld heißt das, auf Sicht der nächsten drei bis fünf Jahre bei den großen Entscheidungen in Bezug auf die FAAMGs unbedingt richtig zu liegen.

Bei dem Versuch zu beurteilen, wie nachhaltig und tragbar die aktuellen Bewertungen sind, müssen die verschiedenen Faktoren berücksichtigt werden, die diese Marktbewertungen maßgeblich beeinflussen. Zunächst spielen die Zinsen für die aktuellen Bewertungen an den Aktienmärkten eine wichtige Rolle. Die von der US-Notenbank verfolgte Politik der (beständig) niedrigen Zinsen übt Aufwärtsdruck auf die Marktbewertungen aus, was bei wachstumsstärkeren Unternehmen ganz deutlich erkennbar ist. Doch auch andere Faktoren können die Bewertungen beeinflussen, etwa Geschäftszyklen und damit Schwankungen der Gewinne, die aktuell aber weniger ins Gewicht fallen. 

Das Bewertungsniveau am US-Aktienmarkt erschien in den letzten Quartalen im Allgemeinen vertretbar. Die jüngsten Marktbewegungen haben die Bewertungen aber weiter erhöht, bis auf eher bedenklichere Niveaus. Dies zeigt sich zwar weniger am S&P 500 Index, dafür umso deutlicher am Russell 1000 Growth Index, auch weil wachstumsstarke Unternehmen darin stärker vertreten sind. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Entwicklung der Bewertungen in naher Zukunft umkehrt. Auf lange Sicht erscheinen die aktuellen Niveaus jedoch unhaltbar.

Die entscheidende Frage ist, ob die hochkapitalisierten Wachstumswerte, die sich in den letzten fünf bis zehn Jahren so positiv entwickelt haben, auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu den Spitzenreitern zählen werden.

Angesichts ihrer dominanten Stellung ist davon auszugehen, dass die beiden Digitalriesen Google und Facebook ihren Marktanteil weiter vergrößern können und durch gezielte Werbung für Unternehmen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, weitere Wertsteigerungen erzielen. Natürlich berücksichtigt dieser Ausblick keine potenziellen externen Faktoren wie Änderungen im Bereich der Regulierung. In jüngster Zeit wurde zum Beispiel in Europa diskutiert, ob Unternehmen verpflichtet werden sollten, ihre nutzerbezogenen Daten aus Wettbewerbsgründen an Dritte weiterzugeben.

Amazon hat indes bewiesen, sich neu erfinden und neuartige Bereiche erschließen zu können, um Wachstum zu erzielen. Die enormen Logistikkapazitäten von Amazon könnten dabei ein bedeutender Motor für das langfristige Wachstum sein. Darüber hinaus könnte das Werbegeschäft von Amazon – wenngleich noch sehr klein im Vergleich zu dem von Google und Facebook – weiter wachsen.

Im Gegensatz dazu sind dem Marktanteil, den Apple als Hardware-Unternehmen in der Mobilfunkindustrie erreichen kann, natürliche Grenzen gesetzt. Will Apple im nächsten Jahrzehnt weiter so erfolgreich sein wie bislang, wird das Unternehmen ein neues Produkt in einem völlig neuen Segment des Marktes entwickeln müssen – etwa so, wie es dem Unternehmen mit dem iPad und der Apple Watch gelungen ist. Apple muss entweder ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickeln, oder die kürzlich gestartete Streaming-Plattform Apple TV muss durchstarten."

Taymour Tamaddon, Portfoliomanager der US Large Cap Growth Equity-Strategie bei T. Rowe Price

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