Das Klimarisiko gehört zu den Investitionsrisiken, das bei allen Anlageentscheidungen berücksichtigt werden sollte, sagt das Infrastructure Equity-Team von Whitehelm Capital. Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen weisen unterschiedliche Investitionsmerkmale auf, darunter die Rangfolge der Kapitalstruktur, die Laufzeit, die Rendite sowie die Rechte und Pflichten. Diese Unterschiede führen zu unterschiedlichen Risikoprofilen. Doch Fremdkapitalgeber sind für den Klimawandel gleichermaßen verantwortlich, auch wenn sie im Gegensatz zu Eigenkapitalgebern nicht die zugrunde liegenden Eigentümer der durch Investitionen verursachten Emission sind und aufgrunddessen weniger Anreize haben, ihr Portfolio klimaneutral aufzustellen. „Unabhängig davon, ob ein Investor in Fremd- oder Eigenkapital investiert, stellt er einem Unternehmen Kapital zur Verfügung, um dessen Geschäftstätigkeit zu erleichtern. Dabei ist eine Unterscheidung zwischen der Art des bereitgestellten Kapitals irrelevant“, so das Team von Whitehelm.
Offenlegung von Klimarisiken ist ein iterativer Prozess
Die Messung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG), zu denen auch das Klimarisiko zählt, ist nach wie vor nicht einfach und kann subjektiv sein. Weltweit wächst die Zahl der Anbieter von ESG-Daten. Sie alle versuchen diese Risiken zu quantifizieren, wobei einige Firmen eine umfassende ESG-Bewertung anbieten, während sich andere auf einen Teilbereich spezialisert haben. Die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) wurde gegründet, um klimabezogene Finanzrisiken zu identifizieren, anhand derer Unternehmen Investitionsrisiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel offenlegen können. Die TCFD empfiehlt Unternehmen die Scope-1-, Scope-2- sowie eventuell die Scope-3-Emissionen und die damit verbundenen Risiken offenzulegen. „Es ist gut, dass die TCFD-Empfehlungen keinen Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital verursachten Emissionen machen und so die Zuweisung von Klimaschuld vermieden wird“, so die Whitehelm-Experten. Außerdem empfiehlt die TCFD Anlagenbesitzern, die Kohlenstoffintensität bereits als Schätzung herauszugeben oder auch nur für einen Teil ihrer Investitionen. „Die Offenlegung von Klimarisiken sollte als iterativer Prozess betrachtet werden. Es ist wichtiger, überhaupt Daten offenzulegen, als auf einheitliche Metriken zu warten“, appeliert das Team von Whitehelm.
Wir haben noch einen langen Weg vor uns
Eine Überprüfung australischer Banken und Pensionsfonds, die bereits freiwillig im Rahmen der TCFD Bericht erstatten, zeigt eine unheitliche Vorgehensweise bei Fremd- und Eigenkapitalgebern. „Die Banken tendieren dazu, einen Teil der finanzierten Emissionen zu melden, während die meisten Fonds nur die durch börsennotiertes Eigenkapital verursachten Emissionen offenlegen“, so die Investmentexperten. Unter den zehn größten globalen Pensionsfonds nach Gesamtvermögen, die ihre Klimarisiken offenlegen, zeigte sich, dass sie sowohl in Aktien als auch in Anleihen investieren. Bei den global operierenden Banken stellten die Investmentexperten ein leichtes Umdenken lediglich bei der Finanzierung von thermischen Kohleprojekten fest. „Derzeit gibt es 53 weltweit bedeutende Banken, die die Kreditvergabe zur Finanzierung thermischer Kohleprojekte eingeschränkt haben. Doch das bedeutet nicht, dass diese Banken keine Kredite für andere umstrittene Klima-Projekte vergeben“, fasst Whitehelm zusammen. Die Beurteilung von Klimarisiken ist somit noch immer nicht einheitlich. „Die Bewertung des Klimarisikos für ein börsennotiertes Aktienportfolio ist derzeit relativ einfach: Anhand der Portfoliobestände kann ein Investor eine Reihe von Klimadaten erstellen, die von CO2-Intensität bis hin zur ESG-Bewertung auf Unternehmensebene reichen. Unserer Erfahrung nach ist es jedoch komplexer, das Klimarisiko für beispielsweise ein Portfolio mit Staatsanleihen zu ermitteln, bei dem die Engagementmöglichkeiten schwierig zu beurteilen sind“, so die Investmentexperten. Ebenso kann bei kleineren, nicht börsennotierten Unternehmen die Datenverfügbarkeit begrenzter sein und Fremdkapitalgeber haben möglicherweise weniger Zugang, sobald eine Transaktion abgeschlossen ist. Nach Ansicht von Whitehelm können diese Hindernisse mit der Zeit aber überwindbar werden.
Kapitalgeber müssen sich verantworten
Die heutige Vermögensallokation entscheidet über die zukünftige Entwicklung des Klimas. Unternehmen und letzlich die Kapitalgeber müssen sich nicht mehr nur vor Aktionären verantworten, sondern auch vor Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Gemeinden. „Ein Reputationsschaden entsteht nicht nur durch Medienberichterstattung, sondern auch durch den Aktivismus verschiedener Stakeholder, die sich zu einer treibenden Kraft für Veränderungen in Unternehmen, beim Klima, bei ESG und anderen Themen entwickeln.“ Beispielsweise haben Untersuchungen gezeigt, dass die Banken, die 2016/2017 das umstrittene Pipeline-Projekt in Daktoa, USA, trotz heftiger Proteste weiterhin finanziert haben, einen deutlichen Einlagenrückgang verzeichneten. In der Vergangenheit haben sich Unternehmen darauf konzentriert, eine möglichst hohe Rendite für ihre Aktionäre zu erzielen. Der Stakeholder-Kapitalismus versucht, den Fokus der Unternehmen zu erweitern, um für die Aktionäre, aber auch für Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Gemeinden einvernehmliche Lösungen zu finden. „Jede Investition sollte auf ihre Klimarisiken geprüft werden, um sich vor künftigen Investitions- und Reputationsverlusten zu schützen“, fasst das Team von Whitehelm zusammen.