Let´s talk about bonds baby, let's talk about you and me, let's talk about all the good things and the bad things that may be! - Manch einer wird wohl sagen: Endlich, weil Aktien sind ja sowieso Teufelszeug. :-) Wer kann sich noch an die 1990er Jahre erinnern? Die deutsche 10 jährige Rendite stand am 23. Februar (der 24. war ein Samstag) 1990, im Jahr als das obige Lied zu einem ähnlichen, aber nicht ganz so spannenden Thema veröffentlich wurde, bei satten 8,74%. Das waren noch Zeiten! War ein guter Trade, die letzten 30 Jahre long deutsche Bunds gewesen zu sein. Keine Sorgen, kaum Vola, prognostizierbare, fixe Cash Flows, fast wie im Schlaraffenland.
Leider könnte es sein, dass wir uns nun endgültig mit einer neuen Realität auseinandersetzen müssen. Möglicherweise können Zinsen auch steigen. Der geneigte Finanzmarkthistoriker der jüngeren Geschichte wird jetzt – zurecht – sagen: Ja, eh! (1994, 1999, 2011…) oder er sagt´s mit Toni Polster/den Hektikern: „Ja, das stimmt!“ (Das war die letzte 90er Referenz - versprochen). Aber: This time it´s different (Famous last words… ;-)). Hier macht das Ausgangsniveau den Unterschied. Sind die Zinsen in der Vergangenheit gestiegen, war das zwar auch immer mal wieder schmerzhaft, aber man konnte in seinem Bond-Portfolio durch Coupon-Zahlungen ceteris paribus einen Ausgleich in überschaubaren Zeiträumen erwarten und hatte es zumindest nominell mit einer weiterhin attraktiven Assetklasse zu tun. Kurz: Die Risiko gewichtete Restlaufzeit (Duration) war eine ganz andere als heute.
Das wiederum bedeutet, dass der Schmerz für Anleger, die weiterhin einen hohen Anteil länger laufender Staatsanleihen in ihren Portfolios haben – Pensionskassen, Versicherungen etc. – ein großer werden könnte. Da Renditeanstiege im Allgemeinen eher rasch und heftig von statten gehen und das – wie allenthalben bereits lautstark besprochen wird – auch negative Auswirkungen auf die Konjunktur und mithin den allgemeinen Risikoappetit haben sollte, ist mit einem Performanceausgleich durch weiterhin völlig enthemmte Aktienmärkte wohl kaum zu rechnen. Das wiederum erklärt die gefühlsmäßig sehr früh gekommene Verbalintervention von Frau Lagarde, die Ende letzter Woche bereits versucht hat hier einen Anker zu werfen. Leider (oder auch nicht) gilt das alte Spruchweistum Don´t fight the FED für die EZB eher nur bedingt, es wird also zu sehen sein, wie´s hier weitergeht. Möglicherweise kann uns in Europa nur eine weitere, die Konjunktur abstechende, Virus-Welle helfen. (Würde natürlich nie jemand tun die social costs den financial costs gegenüberzustellen, oder…)
Wenig überraschend, aber doch bemerkenswert anders hat sich J Powell (die Fed) geäußert. Er sieht den aktuellen Zinsanstieg in den USA (noch) deutlich gelassener. Das mag zum einen natürlich daran liegen, dass die FED ein etwas anderes, breiteres Mandat – insbesondere in Bezug auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt – hat als die EZB, aber auch daran, dass er sich um den USD strukturell wohl keine Sorgen macht. (The dollar is our currency, but it's your problem, Conally und so….) Sollte es aufgrund kurzfristiger zu heftiger Zinsanstiege zu einem globalen Sell-Off bei den Risiko Assets kommen, dann ist damit zu rechnen, dass ab einem gewissen Punkt, der wohl spätestens um die 2,5%/3,00% (still a long way to go!) im Zehnjährigen erreicht sein dürfte, wieder ausreichend Liquidität in längerlaufende Treasuries fließen sollte, um das absolute Renditeniveau auch am langen Ende zu bremsen. Schau mer mal, den seh mer schon! :-)
Anlässlich des in wenigen Tagen bevorstehenden 95sten Geburtstag Alan Greenspans – Happy Birthday! – möge er hier - sicher nicht zum letzten Mal :-) - mit wohl einem seiner bekanntesten Sätze seiner Karriere aus dem Jahr 1996 zu Wort kommen:
Clearly, sustained low inflation implies less uncertainty about the future, and lower risk premiums imply higher prices of stocks and other earning assets. We can see that in the inverse relationship exhibited by price/earnings ratios and the rate of inflation in the past. But how do we know when irrational exuberance has unduly escalated asset values, which then become subject to unexpected and prolonged contractions as they have in Japan over the past decade. (www.federalreserve.gov/boarddocs/speeches/1996/19961205.htm)
Der Rest ist Geschichte.
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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