Gröschls Mittwochskommentar: 31/2021

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 04.08.2021 12:05 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Wenn man mit Hilfe vom alten Murphy (Was schief gehen kann, geht schief! :-)) mehr oder weniger schon als Babybärchen als solches sozialisiert wurde, sieht man natürlich nicht nur allenthalben die Katastrophen am Horizont aufsteigen, man sucht sich – und das war auch schon vor Facebook etc so – natürlich seine Feedbackblasen oder wie man das wahrscheinlich als Portfoliomanager/Stockjokey etc in den 90er Jahren gesagt hätte: Great minds think alike! ;-) Der Besten einer dieser Zunft, ist fraglos Maurizio Novelli, der uns in seinem letzten Newsletter unter anderem mit folgenden Absatz erfreut:

Paradoxically, Wall Street is slowly destroying its own capitalist system because in order to sustain itself, the rest of the economy must not adequately remunerate risk capital. No one knows how long this will last, but certainly everyone knows how it will end.

In fact, even the profession of portfolio manager does not make much sense anymore. What is the use of having a money manager if performance depends on hopes of a "bail out" from the central bank, and when every crisis calls for the compulsory rescue of anyone and anything active in the market? Central banks are slowly destroying professionalism in the financial sector, and have created the conditions for the explosion of online trading by retail investors, which today account for 70% of Wall Street volumes and are one of the main phenomena driving the upward trend. 

Damit ist, glaub ich für einen Mittwoch, eh schon fast alles gesagt, was es zu sagen gibt. :-)  Wenn man dann noch liest, dass die großen Law Firms dieser Welt die goldenen Handschellen auspacken, um junge Talente zu halten, in unserer Industrie – wobei das vordringlich ein österreichisches Problem sein mag – man diese aber einfach zu den diversen Bitkoalas (schon wieder die Bären…) ziehen lässt, dann trägt das wohl nicht dazu bei, eine Generation an Young Professionals heranzuziehen, die mit ruhiger, qualifizierter Hand, den Kahn durch den nächsten Sturm steuern wird. Wollen wir den Markt wirklich Retail und den Algos überlassen, uns unter ESG Feigenblätter in den Schatten legen und dem Schiff beim Sinken zuschauen? Eigentlich nicht oder? :-) Ist ja doch immer noch ganz spannend die ganze Geschichte! 

Soviel also zur täglichen Automotivation. An den Märkten beginnt jetzt die Sommerpause erst richtig. Im August werden fast überall die Gehsteige hochgeklappt und die Handelsaktivität nimmt urlaubsbedingt ab. Wobei das natürlich immer die Gefahr mit sich bringt, dass mit geringen Volumina größere Bewegungen angestoßen werden können. Statistisch gesehen ist der August eher ein positiver Monat für Staatsanleihen und ein weniger guter für Aktien, aber was bedeutet die Vergangenheit schon in Seuchenjahren. Die Govies haben jedenfalls schon eine recht deutliche Bewegung hinter sich, notieren die 10yr US Treasuries schon wieder nur mehr bei 1,17% und die vergleichbaren deutschen bei -0,48%.

Die Bondies, denen man ja durchaus ein bisserl mehr volkswirtschaftliches Grundinteresse als vielen Aktienleuten zuschreiben könnte (wenn man das wollte ;-)), scheinen also nicht ganz sicher zu sein, ob das mit dem selbsttragenden Aufschwung – hüben wie drüben – so klappt und schlagen sich nach anfänglich durchaus berechtigten Zweifeln nun auf die Seite der Zentralbanken und mithin ins Camp der Vorübergehenden Inflationisten. Soweit so nachvollziehbar, der im Detail liegende Teufel findet sich dabei aber in den Wachstumsaussichten und den dazugehörigen Erwartungen. Hören/Lesen wir vermehrt growth is falling of a cliff im zweiten Halbjahr, ist das zwar Grund zum Nachdenken aber unter Umständen noch keiner, die Flinte verzweifelt ins Korn zu werfen, wäre eine Halbierung des US QoQ GDP Wachstums von 6.5% auf 3,25% zwar nicht erfreulich, aber noch kein Weltuntergang. 

Weniger putzig wäre allerdings, wenn die US Wirtschaft nach Abarbeiten des Nachholbedarfs möglicherweise gepaart mit einer vierten Welle die Erholung vollends einstellt. Geschieht das und die FED hat sich auch noch bei der Inflationserwartung verkalkuliert und aus transistory wird persistent, wird’s unter Umständen weniger gemütlich, weil in einem stagflationären Umfeld, die Geschichte mit den direkten Stimulantien eher Öl ins Feuer als Wasser auf einen ausgetrockneten Boden zu gießen hieße. Die Katz vom alten Schrödinger hatten wir ja hier schon das eine oder andere Mal, fürchte nur irgendwann wird irgendwer den Deckel aufmachen und nachschauen, ob das Viecherl eh wirklich tot ist. Hoffentlich ist das dann nicht die Pandora. ;-)

Warum wiederholen wir, die wir nicht so überzeugt sind, dass alles für immer gut ist, mehr oder weniger gebetsmühlenartig eigentlich immer wieder die ganzen Probleme, die da auf uns zukommen könnten, wenn davon dann nie etwas eintritt, weil eh alles gut ist und Vater und Mutter Staat  schon dafür sorgen werden, dass uns nichts passiert? Nun, weil uns die Historie lehrt, dass Risiken lange Zeit – wobei so lang war´s noch nie :-)  - ausgeblendet werden können, aber leider irgendwann doch schlagend werden. Jedem ist ihre/seine Truthahn-Illusion von Herzen zu vergönnen, nur hat´s der Truthahn im Gegensatz wahrscheinlich zu den meisten von uns dann hinter sich… ;-)

Liebe Grüße

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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