Was für eine Woche! Wir, die wir schon eine Zeitlang auf den Finanzmärkten unterwegs sind, wissen aus eigener manchmal durchaus leidvoller Erfahrung, wie es ist völlig falsch zu liegen. Das gehört irgendwie zum Spiel. Auch wissen wir, dass die USA insbesondere was die Erfolgsquote beim Gewinnen von Kriegen außerhalb des WW II keine besonders gute Bilanz hat, allerdings hätte man gefühlsmäßig der dortigen Military Intelligence (außer Megadeth in Hangar18 ;-)) insbesondere nach dem Irak Debakel im vorigen Jahrhundert durchaus etwas mehr zugetraut, oder? Vorausschicken muss ich an dieser Stelle, dass ich, wie in so vielen Bereichen ;-), auch für Afghanistan natürlich kein Chefexperte bin! Ein paar Dinge kommen einem, der sich noch sehr gut an Timothy Daltons (wohl nicht der allerbeste Bond der Geschichte) Auftritt in The Living Daylights erinnern kann und die Angelegenheiten dort mithin, wenn nicht intensiv, doch schon relativ lange am Radar hat, ein wenig komisch vor.
Allen voran ist natürlich das Faktum verwunderlich, dass man als global (noch?!) führende Militärmacht nach zwanzig Jahren massiver Vorortpräsenz die Lage so völlig falsch einschätzen konnte. Möglicherweise also der Erklärungen nicht eine der Wahrscheinlichsten. Angezettelt hat die Geschichte, die – bitte mich hier nicht falsch zu verstehen, aus Sicht der meisten US Amerikaner wohl durchaus Sinn macht – noch DJ Trump, aber den Abzug so wie gesehen durchzuführen, das war dann schon die Biden Administration. Wenn da nicht irgendein Deal zB mit dem Iran (thanks for the idea Praween!) rund um das Atomabkommen oder so im Spiel ist, hat man damit ein recht eindeutiges Signal an China und den Rest der Welt geschickt (diesmal geht der Credit für den Gedanken an Flo R. :-)), dass man sich ganz sicher nicht mehr irgendwo einzumischen gedenkt. Beruhigen dürfte das zum Beispiel die Russen, weil dann rund um die Ukraine endlich Ruhe einkehren könnte, weniger dagegen werden sich die Taiwanesen freuen, weil dann China kaum mehr einen Grund haben dürfte, sich distanziert zu verhalten.
Mal sehen was da noch so ans Tageslicht kommt in den nächsten Wochen. Recht eindeutig kalt erwischt hat es offensichtlich die EU unter deutscher Führung. Das hat natürlich auch Signalcharakter, wenn man nach einer gefühlt ewigen Allianz - absichtlich oder nicht - im Regen stehen gelassen wird, sind über die Jahre doch immerhin 59 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ums Leben gekommen. Hoffentlich hören wir alle die Stimmen, die nach dem Biden´schen Amtsantritt mehrfach unterstrichen haben, dass sich zwar das Gesicht und die Partei geändert hat, aber nicht die US-amerikanische Außenpolitik. Ein Abgesang auf die Verbreitung der westlichen Werte? Wahrscheinlich! Ob missionarische Tätigkeiten per se zum Scheitern verurteilt sind wage ich nicht zu beurteilen, die Geschichte legt das allerdings in verschiedenen Fällen nahe.
Was meiner Ansicht nach aber gar nicht geht, ist nun die Menschen - diesfalls wohl vornehmlich Frauen - nachdem man ihnen zwanzig Jahre Demokratie und Gleichberechtigung versprochen hat, völlig im Regen stehen zu lassen. Die Bekenntnisse der Taliban hören wir dabei natürlich, allein es fehlt vielen offensichtlich die Vorstellungskraft wie das tatsächlich in einem in unserem Wertekanon entsprechenden Rahmen passieren soll. Hier wäre schließlich Europa doch endlich gefordert aufzutreten und sei es nur, in altbewehrter Taktik die ein oder andere Milliarde verbunden mit dem ein oder anderen Junktim versehen, hinunterzuschicken. Geld korrumpiert eigentlich immer, oder?
Der Brückenschlag zum Markt gelingt natürlich nicht unmittelbar solange sich der Nebel um die Motivation nicht gelichtet hat, aber als Trigger für die längst überfällige Korrektur könnte die Geschichte schon herhalten. Trüben sich doch allenthalben auch andere Faktoren zunehmend ein. Die Stimulantien sind abgefrühstückt, die indische Delta Force rückt – im Gegensatz zu der Amerikanischen ;-) – überall vor und es mehren sich die Anzeichen, dass der Inflationsanstieg doch nicht vorübergehend sein könnte. Möglicherweise bleibt der FED bei aller Vorsicht und vorbereitenden Kommunikation doch nichts anderes übrig als eher früher als später ihre Anleihenkäufe (Tapering) zurückzufahren und die Zinsen zu erhöhen, dauert es doch mindestens 12 bis 24 Monate bevor Zinsanhebung in der Realwirtschaft sichtbar werden. Gespannt darf man sein, ob wir uns dann einem Conundrum, einem Tantrum oder einem ganz anderen Rätsel gegenüber sehen, mein Vorschlag wäre für diesmal Hike-Sacramentum… :-)
Was also auch diesen Mittwoch wieder zu beweisen war, dass der Fendrich schon 1991 recht g´habt hat, Nix is fix…
Schöne Tage & natürlich alle Gute unserem KFJ… :-)
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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