Ist es zu früh von einem Salami Crash zu sprechen? Möglicherweise schon, aber was nicht ist kann ja noch werden. Nächste Woche also dann mehr dazu. ;-) Was uns momentan - among others – nicht zuletzt deshalb beschäftigt, weil wir einen unserer Lieblingsmanager aus dem Haus Sycomore gerade in Wien hatten, ist die ganze Geschichte rund um die Sustainable Finance Disclosure Regulation (kurz SFDR). Keine Sorge es folgt kein Traktat über Sinn und Unsinn dieser und ähnlicher Regularien, sondern ein Ausflug in die Realitätstauglichkeit der ganzen ESG Problematik.
Starten wir beim Kommentar eines der wenigen relevanten österreichischen Nationalbankgouverneure der jüngeren Vergangenheit, der unlängst bei einem Vortrag einen nicht ganz unwichtigen Punkt rund um Taxonomie und SFDR aufgebracht hat, nämlich, dass die ganze Geschichte nur dann realitätstauglich werden kann, wenn entweder Erdgas oder nukleare Energie, als mehr oder weniger grün zugelassen wird. Inhaltlich kann man darüber jetzt trefflich und sicher auch stundenlang streiten, wobei je nach Jurisdiktion die eine oder andere Sichtweise sicherlich ihre finale Berechtigung hat. Was aber unter dem Strich übrigbleibt, ist die Tatsache, die zumindest unterbewusst eh jedem klar sein muss, dass die Energie für die allenthalben heraufbeschworene Elektrifizierung der Welt irgendwo wird herkommen müssen.
Da wir Kohle und Öl, ob der nicht von der Hand zuweisenden hohen CO2 Emission, wohl nicht mehr so gern haben, aber auch in windarmen Wintern und nicht so sonnigen Sommern ganz gern unsere Haare (etc ;-)) föhnen würden, bleibt also nicht mehr viel übrig. Aktuell scheint die Welt zu glauben, dass die Zukunft im Nat.Gas zu liegen scheint, weil das steigt offensichtlich grad ein bisserl… Der Umkehrschluss, dass also der Markt erwartet, dass Gas gut und Atomenergie böse sein wird, ist aber wohl nicht vollends zulässig, blicken wir zum Beispiel nach Frankreich, wo mehr als 70% der elektrischen Energie ihren Ursprung in der Kernspaltung haben. Gehen wir jetzt davon aus, dass egal wer in Deutschland das politische Ruder übernimmt, der Ausstieg aus der Atomenergie nicht rückgängig gemacht wird, bahnt sich da ein weiterer inner-europäischer Konflikt an.
Realiter wird er wohl nicht zu lösen sein, weil sich am Ende die Deutschen, wenn´s drauf ankommt, wohl genauso über den französischen Strom freuen, wie die Österreicher über den tschechischen. Wenn wir also die Realität nicht an die Regulierung anpassen können, bleibt wohl nur das Regularium aufzuweichen und die ganze SFDR Geschichte zu regionalisieren bzw. gleich zu Grabe zu tragen. Darüber würden sich, nach Aussagen mehrere, mit der Materie vertrauter Personen aus Kreisen (*lol* Phrasenschwein und so), wohl insbesondere unter den Fondselektoren einige freuen, aber irgendwie schade wär´s um die ganze Idee ja dann schon. Lösungsansätze? Natürlich immer.. :-) Dem Grundsatz des zutiefst europäischen Muddling Through folgend, würde ich folgenden Ansatz vorschlagen: Die Nutzung von entweder aus Kernenergie oder der Verbrennung von Erdgas stammender elektrischer Energie, ist in der Regel je nach Mitgliedstaat bis zu einem Anteil von 30% (kann man noch besprechen ;-)) zulässig bzw. ist über die nächsten 100 Jahre – hier wäre zB eine Fristenkongruenz mit der Tilgung der nächsten 100 jährigen österreichischen Anleihe anzudenken – substantiell daran anzunähern, es sei denn nicht beeinflussbare äußere oder innere Umstände nähren begründete Zweifel, dass das eh nicht geht…. Also in etwa so wie jetzt mit den Konvergenzkriterien verfahren wird. :-) Glauben wir also, dass da am Ende etwas Sinnvolles rauskommt? – Nun, die Historie spricht eher dagegen, oder?
Die Realität hat inzwischen auch unseren Freund Boris auf der Insel eingeholt, der aber aus Überzeugung sowieso nirgends ein Problem sieht. Wenig verwunderlich, dass ihm heute auch nicht ganz so wichtig ist, was er seinen Wählern gestern versprochen hat, solange er die besten Logistik Experten der Welt hat, die schon schauen werden, wie der Sprit zur Tankstelle kommt und für den es auch kein Problem ist, wenn Schweine in den Zuchtbetrieben gekeult anstatt in Schlachthöfen verarbeitet werden, weil hey das Sterben von Schweinen ist ja ohnehin ein Teil der Fleischindustrie. Ein sehr valuabler Punkt, den unser Fondsmanager von Sycomore, Stan, in diesem Zusammenhang heute Morgen gemacht hat, ist, dass man Volksentscheide wohl zumindest mit einem Quorum von zwei Dritteln versehen sollte, bevor darauf basierend irgendwelche Umbrüche initiiert werden…
Zum Schluss noch ein Blick auf die Märkte: Es scheint als würden wir heute zur Abwechslung wieder eine dickere Scheibe von der Salami abschneiden… Für Spannung ist jedenfalls gesorgt! :-)
Alles Liebe!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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