Gröschls Mittwochskommentar: 48/2021

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 01.12.2021 11:03 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Eigentlich haben wir das Omicron bisher als Risikomaßzahl bei Convertibles und CDOs usw. gekannt, aber sei´s drum, die Zeiten ändern sich. Ähnlich geht´s uns auch mit dem Black Friday, ursprünglich (1929) war das ja ein nicht so guter Tag, dann doch ein guter für alle Shopperinnen und nach dem letzten, wohl wieder nicht so prickelnder, insbesondere für europäische Anleger. Was soll´s The times they are a-changing. :-) Hier die ganzen aktuellen Erkenntnisse zu der neuen Seuchenvariante nachzubeten, ist wohl wenig sinnvoll, weil das Internet ja ohnedies für jeden seine Wahrheit bereithält. Persönlich – und da glaube ich die Meinung des Gros der Marktteilnehmer zu teilen – bin ich erstmal wenig aufgeregt, haben wir doch, wenn schon nicht auf politischer Ebene, so doch auf faktischer, einiges gelernt, wie wir mit dem Virus umzugehen haben. Erfreulicher Weise ist die Welt, trotz zum Teil massiver Anstrengungen Einiger, bisher nicht untergegangen. Wobei was nicht ist, kann ja noch werden, das Covidchen allein, wird das aber wohl nicht zustande bringen.

Dass die ganze Geschichte ein bisserl spooky bleibt, ist aber natürlich unbestritten. Um uns und die Märkte davon abzulenken, uns in Selbstzweifel und Seuchen-Theorien zu ergehen, hat der neue-Alte FED Chairman :-). Powell sich kurzerhand um eines der Unwörter 2021 – transitory – gekümmert. Hat er doch dem US Congress gestern erklärt, dass es probably a good time to retire that word sei. Dass das eventuell nicht ganz leicht durchzuhalten sein wird, mit den Zahlen, war ja zumindest regelmäßigen Lesern des Mittwochsmails ;-) schon länger klar. Allerdings kommt die Ankündigung aus faktischer Sicht ein bisserl zur Unzeit, könnte also mehr ein taktischer Schritt, als eine tatsächliche Ansage den Tightening-Zyklus zu beschleunigen, sein.

Hat man zuerst versucht, die Erwartungen einzufangen, in dem man kommuniziert hat, explizit nichts zu tun, weil sich eh alles von selbst wieder einrenkt mit der Inflation, stellt man nun final die Rute ins Fenster. Das wiederum könnte, wenn wir es ohnehin mit einer gewissen Abkühlung der US Konjunktur zu tun bekommen, schließlich den gewünschten Effekt haben und die FED wäre nicht gezwungen, die ganze Geschichte mit dem Vorschlaghammer abzutöten. Wäre sehr schlau gespielt, auch mit dem Zeitpunkt der defacto Wiederbestellung des vermeintlich hawkischeren Powells und dem ganzen Tapering drumherum. Schau mer mal, dann seh mer schon. :-) Der Markt hat wohl erstmal ein bisserl verschnupft reagiert, aber auch hier könnte der Zeitpunkt, mit sich reduzierenden Volumina gegen Jahresende ganz gut gewählt sein, um möglichen ganz wilden Verwerfungen mit nicht allzu großem Aufwand entgegen zu treten.

Wenn wir also davon ausgehen, dass die FED in ihrer Strategie richtig liegt und es entweder faktisch oder verbal (oder beides) Interventionen braucht um die Inflationserwartungen zu ankern, ist Europa – wie leider meistens – ein paar Schritte dahinter. Ob es allerdings vertrauensbildend ist, bei Inflationsraten jenseits der fünf Prozent in sturem Gottvertrauen zu verharren und Mantra-artig zu wiederholen, dass man sich mittelfristig dem Ziel von zwei Prozent wieder annähern wird, muss wohl zumindest hinterfragt werden. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass ein großer Teil der Bevölkerung – nicht so wie in den USA – von der Asset Price Inflation, ie den steigenden Aktienmärkten, nicht oder nur kaum profitiert hat und die explodierenden Immobilienpreise wohl auch eher nicht Frau und Herrn Mustersternchen zu einer höheren Pension verhelfen werden.

Tun wir dazu dann noch eine Brise Lockdown und einen Fingerhut Rot-Grün, vermischen das mit immer radikaler werdenden Randgruppen und völlig überforderten Staatslenkern, die sich auf allen Ebenen eigentlich auf exakt nichts einigen können – und da sprechen wir noch nicht einmal von der gemeinsamen Beaufsichtigung einer max 250 km breiten Wasserstraße oder einem selbstbewussten außenpolitischen Auftreten – ist die mittelfristige Prognose für Europa möglicherweise gar nicht so gut.

Sollen wir uns unter den besprochenen Vorzeichen also auf eine veritable Jahresendrally vorbereiten? Nun inhaltlich spricht wohl einiges dagegen, ein allerdings sehr schwer einschätzbarer Faktor ist die Gruppe der Reddits & Robin Hoods da draußen geworden. Abgesehen von der Eigendynamik die diese Form der Schwarmintelligenz jederzeit entwickeln kann, muss es doch möglich sein, in den diversen Foren durch einen Stubser da und ein Info-Häppchen dort auch diesen Markt zu cornern, oder? Würde mich sehr wundern, wenn die üblichen Verdächtigen der Hedgefondsindustrie, denen man schon beim Brexit nachgesagt hat, die Wettquoten ein bisserl beeinflusst zu haben, nicht auch hier versuchen würden, ihre Fingerchen hineinzustecken.

Nächste Woche legen wir zuzüglich zum Lockdown in Ö.Reich noch einen Feiertag ein, damit wir uns wirklich ganz beruhigen. Da fällt natürlich auch das Mittwochsmail aus, man will ja nicht aus der Reihe tanzen… :-)

Glück auf!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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