Gröschls Mittwochskommentar: 02/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 12.01.2022 10:13 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Etwas verspätetet aber dafür natürlich umso herzlicher erstmal Prosit Neujahr! Hoffe alle sind ruhig, gut und gesund ins neue Jahr gerutscht. Auch 2022 verspricht wieder spannend zu werden, das – im Hinblick auf die Märkte - vor allem auf der Zinsseite. Treiben tut uns hier die Inflation, die - vorrübergehend oder nicht – uns vielleicht zwar nicht in die Steinzeit, aber doch in die Zeit vor der GFC zurückkatapultieren könnte. New Old Normal also, oder so…

Wobei das natürlich vornehmlich für die US of A gilt, da sich die Geschichte hier als weniger vergänglich präsentieren dürfte, als in der alten Welt. Natürlich hör ich auch die Stimmen, vom schwächsten und kürzesten Anhebungs-Zyklus ever. Nun das kann schon so stimmen, allerdings nicht deshalb weil die Inflation vorübergehend ist – das ist ja in unserer Welt wohl alles irgendwie, Keynes und so – sondern deswegen, weil die Fed so weit hinter der Kurve ist (for a good reason möglicherweise!), dass sie jetzt keine Wahl hat, außer die Ökonomie und mithin die Kapitalmärkte einfach abzustechen, um nicht vollends die Kontrolle zu verlieren. Wenn die USA dann schnell in eine tiefe Rezession fallen sollten, wird´s auch mit der Inflation(hoffentlich) bald wieder vorbei sein. Falls nicht wird´s allerdings bitter und wir wären wieder bei history does not repeat but it rimes und auf die Roaring Twenties könnten diesmal schon früher die weniger erfreulichen 30er Jahre folgen.

Warum gilt das für die USA und nicht für Europa? Abgesehen von den prolongierten, endogenen Problemen Europas, wie zum Beispiel die äußerst fragwürdige Diskussion, ob jetzt Atomenergie oder solche aus Erdgas erzeugte grüner ist, herrscht hier eine völlig andere Wachstumsdynamik, die eher mit der japanischen vergleichbar ist. Selbst wenn auch in der alten Welt der Arbeitsmarkt kurzfristig angespannt sein sollte, werden wir uns mittelfristig aus jeglicher Euphorie heraus beruhigen und es wird mithin – anders als in den USA – nicht zu einer Lohndruck induzierten Inflation kommen. Die ohnehin schon breite soziale Hängematte ist durch die Seuche nicht nur breiter, sondern auch engmaschiger und weicher geworden. Bedingungsloses Grundeinkommen durch die Hintertür sozusagen. Naja und die wohlerworbenen Rechte dann wieder abzugeben, dürfte nicht nur im Ö.Reich der Mitte – obwohl wir hier natürlich Spezialisten dafür sind :-)- nicht so einfach werden.

Innerhalb dieses Europas nimmt Deutschland natürlich einen besonders wichtigen Platz ein, leider momentan einen zwischen zwei energie-politischen Stühlen, bzw. between a rock and a hard place wie die Anglo-Amerikaner sagen würden. Steht man doch vor der Wahl nach der Abschaltung der heimischen Atomkraftwerke entweder bösen Atomstrom aus Frankreich oder nicht minder böses Erdgas aus Russland zu importieren, was insbesondere für den grünen Regierungs-Juniorpartner wenig erfreulich sein dürfte. Umso erstaunlicher ist es, dass die EU wieder einmal völlig unbeteiligt an der Seitenoutlinie steht, wenn die USA und Russland über die Zukunft der Ukraine und mithin über das zukünftige Verhältnis Putins zu Europa verhandeln. Ich kann mich natürlich irren, aber mir scheint der durchschnittliche Russe eher an wirtschaftliche Sanktionen gewöhnt als die durchschnittliche Europärer*in an eine ungeheizte Wohnung.

Spannend ist in diesem Zusammenhang auch die zufällig zeitglich mit den Ukraineverhandlungen auftretende Situation in Kasachstan. Die Einordung fällt allerdings – zumindest mir ;-) – schwer, wobei Zufälle nur in den seltensten Fälle echt zu sein scheinen. Wollte man hier die Entschlossenheit Russlands testen und Putin diese, seine einmal mehr demonstrieren, einen weiteren Proxy-War heraufbeschwören oder einfach den Fokus ein bisserl verlagern, um unter verminderter Aufmerksamkeit woanders neue Tatsachen zu schaffen? Mal sehen..

Die Aktienmärkte, die sich ja schon vor mehreren Jahren von der ökonomischen Realität distanziert haben, rotieren derweil in ihrem eigen Suppentopf, wobei zur Stunde noch nicht ganz klar ist, wo die Reise hingeht. Durchzusickern scheint allerdings, dass die Party mit dem geschenkten Geld langsam aber sicher dem Ende zu geht und wenn das Licht dann angeht, sich wohl der eine oder andere CEO wird fragen müssen „Wo war mei Leistung?“. So schnell wie sich der Retail-Heuschrecken Schwarm als schwarze Wolke über Teile des Marktes hergemacht hat, könnte er auch wieder verschwinden. Zurück bleiben verwüstete Äcker auf denen sieben Jahre nichts mehr wächst. So oder so ähnlich… ;-)

Vielleicht wird aber auch alles gut und es folgen auf die letzten sieben fetten Jahre weitere sieben. Schau mer mal…

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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