Gröschls Mittwochskommentar: 03/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 19.01.2022 10:42 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Da war er nun der Zinszyklus. Bigger, Better, Faster More! Die Spannung ist natürlich jetzt insofern raus, als die Zinsen allenthalben - geographisch wie über die Kurve - nahezu überall steigen. Voraus galoppiert wieder einmal die USA, wo die 10 jährigen bereits intensiv mit der – psychologisch wichtigen (damit das Phrasenschwein schön fett beleibt 😊) – 2% Marke flirten. Wie weit das noch gehen kann, ist natürlich aktuell schwer zu sagen. Aus Kreisen (© Horst) ist zu hören, dass es für die großen Institutionellen wohl ein Level gibt,  bei dem sie durchaus glücklich sind, ihre Anleihen in solche mit positiven Renditen zu rollen. Ob sie allerdings im aktuellen Umfeld bei 2,5% oder 3,00% (oder noch höher?) anfangen werden rein zu greifen, müssen wir wohl abwarten.

Was über die Jahre (nur mir?) niemals fad wird, ist die Phasen der Marktbewegungen zu beobachten bzw. noch lustiger, die raum-zeitliche Entwicklung der Kommentare. Die fünf Phasen der Trauer durchleben wir Zyklus für Zyklus aufs Neue, aber vielleicht braucht´s das ja… Leugnen, Wut und Verhandeln haben wir wohl bereits hinter uns, Depression leisten wir uns – wir sind ja alle Professionals 😉 – nicht allzu intensiv. Die Akzeptanz spielt sich am Markt bzw. bei den Marktteilnehmern immer ein bisserl anders ab als in der, meist tragischen, Lebensrealität. Akzeptanz ist am Markt oft gleichzusetzen mit Umarmung.

Die Umarmung der vermeintlichen Realität kann dann ganz leicht in Übertreibung und Euphorie umschlagen. An den Aktienmärkten führt das, so das tatsächliche Ende noch nicht erreicht ist, oft zu Bullenfallen oder Dead Cat Bounces und dann beginnt der Spaß, wohl weiter unten, aber doch von vorne… Im Reich der Bondies, die ja tendenziell eher bei den Bären anzusiedeln sind, scheint das dann eher in die andere Richtung zu gehen und es werden Stimmen laut, die eine Super-Move der FED im März erwarten usw..

Sind mehr als 50bpd möglich? Natürlich, die Frage ist allerdings: Will die FED überraschen bzw. ein Zeichen setzen, um irgendwen einzufangen? Persönlich würde ich das eher verneinen. Das Marktgleichgewicht wirkt ohnedies schon recht fragil, ob man da riskieren will eine Schockwelle durchs System zu schicken, scheint fraglich. Ein halber Prozentpunkt um zu zeigen, dass man es ernst meint, aber auch, dass dadurch die Welt nicht gleich untergeht, wär aber schon möglich und sinnvoll, find ich. Nur falls das von den Offiziellen jemand lesen sollte. 😉

Ob die Zinsbewegungen die wir in Europa insbesondere in Deutschland gerechtfertigt sind – glaubt doch kaum einer wirklich daran, dass wir uns nachhaltig aus dem Schlamassel rauswachsen werden – wird sich zeigen. 1,2 oder 3 und so.. Hoffen wir nur, dass das Licht zumindest irgendwo wieder angeht. Von wo der Sprung zur hoffentlich weiterhin funktionierenden Heizung nur ein kleiner und der an die Ostgrenze der Ukraine thematisch auch nur minimal ist.

Ob nun Putin einmarschieren wird oder nicht, weiß zur Stunde möglicherweise tatsächlich nur er und sein Stab, wobei für die Beobachter die Wahrscheinlichkeiten eher beim Münzwurf als beim Würfeln zu liegen scheinen. Schau mer mal… Falls es zu einer Besetzung von Teilen der Ukraine durch Russland kommt, wird das mit Sicherheit auch an den Märkten nicht spurlos vorüber gehen, einen überregionalen, bewaffneten Konflikt wollen wir uns aber lieber gar nicht erst vorstellen. Worauf die Geschichte allerdings schon jetzt Auswirkungen hat, ist auf die Klima- und Energie-Politik der EU. (und für die ESG Nerds, natürlich auch auf die Taxonomy).

Sollte Frau Baerbock (gezwungen oder nicht) Nordstream II tatsächlich nicht in Betreib nehmen, bleiben Deutschland nur mehr die französischen Atomkraftwerke, um den Strom für die ganzen Elektroautos, die da alsbald herumfahren sollen, zu produzieren und der kann dann ja eigentlich nur grün sein, will man nicht ganz unglaubwürdig werden. Persönlich find ich das ja gar nicht so unvernünftig, wobei im Land von Zwentendorf, das sicher noch zu Diskussionen führen wird. Wir holen uns den Strom dann schon lieber aus Temelin, oder? 😉

Furchtbar aufregend alles momentan also und wir defacto mittendrinn und nicht nur dabei!

Alles Gute!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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