Wieder eine Woche vergangen und wieder ist die Welt nicht untergegangen, zumindest nicht ganz! 😊 Tatsächlich dürfte die eine oder der andere allerdings mit Blick auf die Performance diverser High Flyer der letzten Jahre durchaus ein paar Tränen vergossen haben, insbesondere wenn der Einstieg spät und der Exit nicht so ganz geglückt sind, wie das insbesondere bei den jungen wilden Robin Hoods durchaus manchmal der Fall sein wird. Nämliches gilt natürlich auch für die diversen Krypto-Millionäre, die auch erst auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind. Wichtig bei der Beurteilung der diversen anektotischen Überlieferungen bleibt im Hinterkopf zu behalten, dass die Geschichte immer von den Überlebenden geschrieben wird. Friedhofsdilemma oder so… Also no worries, die nächste Bubble kommt bestimmt…. 😉
Wie´s kurzfristig weitergeht, wird nicht unwesentlich davon abhängen, was sich die FED in den nächsten Stunden einfallen lassen wird. Da das Interesse, den Markt noch weiter zu beunruhigen eher limitiert sein dürfte, kann man wohl von einer recht behutsamen Kommunikation ausgehen, die eher dazu angetan sein sollte eine kurzfristige Stabilisierung einzuläuten und den Spätentschlossenen noch ein paar Tage geben sollte, sich von Ihren Positionen zu trennen. Der mittelfristige Zinspfad wirkt durchaus vorgegeben und die viel zitierten „Long Duration Assets“ dürften es weiterhin nicht ganz leicht haben.
Was es – um kurzfristige Bewegungen antizipieren zu können, was man ja aber eh nicht soll… 😉 – auch zu beurteilen gilt, ist, wieviel an News schon im Markt sind. Die ersten paar US Zinsschritte sind meiner Ansicht nach bereits mehr als eskomptiert, dass die EZB früher oder später auch was machen wird müssen und die damit für die gesamte EU verbunden Konsequenzen hat aber bislang anscheinend noch kaum jemand am Radar. Bleibt als Known-Unknown nur mehr der Ukraine Konflikt. Wo zwar alle nervös sind, aber die Playbooks für einen full-scale War (noch) nicht herausgeholt wurden.
Hoffen wir mal, dass wir diese auch nicht brauchen. Wobei sich die Anzeichen für eine Entspannung trotz der höchst kontraproduktiv wirkenden Anstrengungen der USA zuletzt mehren. Die Taktik, wenn man innenpolitisch am Ende ist, das eigene Land vor einer Rezession bewahren will und man als Präsident nicht mehr Herr der Lage ist, irgendwo einen Krieg anzuzetteln, ist ja so wenig originell wie neu. Blöd ist nur, dass sich die Geschichte diesmal Ante Portas Europa abspielt und nicht irgendwo in der Wüste. Die völkerrechtlichen roten Linien wurden von Russland mit der Annexion der Krim bereits 2014 deutlich überschritten, damals mit recht überschaubaren Konsequenzen.
Dass Putin mit dem Säbel rasselt, ist zwar beunruhigend, aber bedeutet per se nicht sofort eine Katastrophe. Was diesmal anders ist, dass sich die USA auf Bitten (?) der Ukraine deutlich stärker involviert hat als das letzte Mal. Dass das Problem damit nicht gelöst, sondern offensichtlich verschlimmert wird, dürfte eine Erkenntnis sein, die Herr Zelensky erst in den letzten Tagen – seit Familienangehörige von in der Ukraine stationierten US Bürgern nach Hause geholt werden – gewonnen hat. Einen tatsächlichen militärischen Konflikt, den die Ukraine mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gewinnen wird, kann tatsächlich niemand wollen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der intensiven wirtschaftlichen Verknüpfungen zwischen Kiew und Moskau. So verkehren, wie einem ORF Beitrag zu entnehmen war, täglich zum Beispiel mehr als 50 Busse zwischen den beiden Hauptstädten.
Ein wenig positiv in Richtung Deeskalation stimmt auch die intensivere Involvierung Deutschlands und Frankreichs und die Tatsache, dass Deutschland keine Waffen an die Ukraine liefern wird. Dass es da natürlich vor allem um die Energieversorgung geht, liegt auf der Hand, aber welche Interessen als das Wohl der eigenen Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft soll man als Politiker sonst im Kopf haben?
Bleibt die russische Seite. Putin hat am Landgewinn, davon hat er mehr als genug, kein Interesse. Was er nicht akzeptieren kann ist, eine weitere Grenze mit einem Nato-Staat und – und da liegt möglicherweise der Hase im Pfeffer – er wird wohl auch die defacto unter russischer Kontrolle befindlichen Regionen in der Ost-Ukraine nicht mehr ohne irgendeinen Sonderstatus unter die ukrainische Flagge zurückkehren lassen. Die Krim ist – aus russischer Sicht - sowieso raus aus allen Diskussion. Für eine großräumige Invasion dürfte, nach Aussagen aus militärischen Kreisen, die Truppenstärke, die an der Grenze zusammengezogen worden ist, auch nicht reichen bzw. nicht ausgelegt sein.
Sollte also nicht irgendwo irgendwer auf den falschen Knopf drücken, bleibt zu hoffen, dass wir – jeder seine ur-eigensten Interessen wahrend – mit einem blauen Auge aus der Sache rauskommen. Sicher ist, Russland wird in vielen Aspekten ein wichtiger Partner Europas bleiben, möglicherweise, ob der geographischen Nähe und als Bindeglied zu China, wichtiger als die USA. Es wäre eventuell also nicht ganz blöd, dass auch in die politische Realität mit einzupflegen.
Unterm Strich bleibt aber, auch wenn sich die bekannten Probleme nicht verschlimmern, dass wir auf fast eineinhalb Jahrzehnte Zentralbankmanipulation und Liquiditätsschwemme zurückblicken. Die dadurch geschaffenen Verwerfungen und Ungleichgewichte in der Gesellschaft und am Markt – und bitte seid´s mir da jetzt nicht bös, ich bin nur der Bote 😉 – werden sich nicht in drei Wochen auflösen lassen. Also, warm anziehen und viel Tee zum Abwarten bereitstellen…
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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