Gröschls Mittwochskommentar: 07/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 16.02.2022 11:10 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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So Ferien vorbei, wieder im Dienst. Schön war´s! 😊 Da alle Medien rund um den Globus ohnehin voll von der aktuellen Situation im Konflikt Russland vs. USA/Nato sind (die Ukraine und bis zu einem gewissen Grad auch der Rest Europas haben leider das Pech dort zu sein, wo sie geographisch sind) und jeder Pups von jedem auch nur am Rande Beteiligten im Westen tausendfach kommentiert wird – in Russland scheint Putins Aussage, dass es keine Invasion der Ukraine geben wird, bislang zu genügen – nur ganz kurz: Was immer weiter passiert, Putin hat, beinahe egal, wie es weitergeht, bereits gewonnen, indem er den Rest der Welt an den Verhandlungstisch zurückgezwungen hat.

Was bisher wenig in die Diskussion eingeflossen ist, aber wohl auch gegen eine großflächige militärische Operation auf ukrainischem Boden spricht, sind ua die vier Atomkraftwerke mit insgesamt 15 Reaktoren, die quer über das Land verteilt sind. 1986 mag zwar für viele lang her sein, aber in der Erinnerung der mehr oder weniger Beteiligten bis hin zu uns – damals Kindern – die nicht in die Sandkiste durften, ist Tschernobyl noch sehr präsent. Naja und ein paar alternde Atomraketen aus sowjetischen Zeiten – so sie nicht in Nordkorea gelandet sind – dürften auch noch irgendwo vor sich hin schlummern. Crimson Tide und so… Hoffen wir mal, dass die Denzel Washingtons auch in der Realität am Ende die Oberhand behalten…

Natürlich kann aber die Überlagerung sämtlicher anderorts stattfindenden längerfristig relevanten Themen durch den Ukraine Konflikt (wie schon mehrfach besprochen, fällt es dem Markt schwer sich auf mehr als ein Thema gleichzeitig zu konzentrieren 😉) uns nicht davor bewahren, dass wir in den größten ökonomischen Regime-Wechsel seit zumindest 2008 hineinlaufen. An dieser Stelle sei der Vollständigkeit halber bemerkt, dass der Markt zwar immer recht hat, aber auch sehr schnell vergisst, womit er gestern recht gehabt hat. Nur weil es uns gelungen ist, zehn plus Jahre den Kopf in den Sand zu stecken und uns am anderen Ende Methadon von den Zentralbanken hineinschieben zu lassen, hat sich die Welt trotzdem weitergedreht und die Verwerfungen sind jedenfalls nicht kleiner geworden, aber wenigstens waren wir glücklich dabei.

Gebetsmühlenartige Wiederholung von einerseits bekannten und andererseits nie schlagend gewordenem Pessimismus? *lol* sicher, aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, insbesondere dann, wenn – kein G´schichtl – mir in den letzte drei Wochen aus drei völlig unterschiedlichen Ecken (alles Non-Financial Professionals, ie Deep-Retail bzw. Toursiten) im Flüsterton zugeraunt wurde: Seit Jahresanfang hab ich zwar XYZ verloren, aber ich hab da wen, der hat immer super Tipps. Wenn alles steigt – insbesondere wenn man die relative Performance einzelner Titel zu ihren Peers nicht so ganz im Blick hat – dann ist das mit den super Tipps nicht ganz soo schwierig, wie es von Professional Bullshittern eventuell dargestellt wird… Wolf of Wallstreet und so… 😊

In diesem Zusammenhang wäre es eventuell auch ganz gut, wenn die gelernte Juristin Lagarde in die Memoiren des gelernten Ökonomen Paul Volcker schauen würde, damit sie sich zumindest darauf vorbereiten kann, was Herrn Volker am Beginn seiner Amtszeit auf der Zinsseite zu tun bevorstand bzw. was er tun und opfern musste um den Karren wieder einigermaßen auf Linie zu bringen. Möglicherweise wäre es mittelfristig überhaupt nicht ganz blöd, wichtige, inhaltliche Posten auch mit Expert*Innen aus dem jeweiligen Bereich zu besetzen: Die Zentralbank den Ökonomen (eventuell irgendwann vielleicht sogar mit einem Deutschen?! 😊), die Außenministerien den Diplomaten (offensichtlich verspeist Herr Lawrow deutsche Turnerinnen, ja bereits vor dem Frühstück) usw.. Auch hier gilt, wie im Absatz weiter oben, wenn alles gut geht, ist die relative Performance zwar relevant, aber nicht kriegsentscheidend, aber erst wenn die Flut zurückgeht, sehen wir, wer ohne Badehose geschwommen ist (so oder so ähnlich © Warren Buffet).

Hat irgendwas davon jetzt konkret mit der Marktentwicklung zu tun? Ist zu befürchten. 😊 Abhängig von der aktuellen Gemütslage rund um die Situation in der Ukraine dürften wir zwischen Relief-Rally oder doch der anderen Seite pendeln. Ist das Thema so oder so gegessen, werden wir uns wieder der ökonomischen Gesamtsituation und mithin der Zinsentwicklung vor allem in den USA und Europa zuwenden, aber auch die Abkühlung und mögliche Gegenmaßnahmen in China werden nach der Beendigung der Spiele in Peking, wieder mehr Aufmerksamkeit zugewandt werden. Die USA und China werden ihre Probleme wohl irgendwie in den Griff bekommen, zumindest arbeiten sie an einer Lösung. Davon sind wir in Europa leider noch ein Stück entfernt bzw. ist eine Balance zwischen der Akzeptanz von Inflation der Latein-Europäsichen Staaten (geklaut von der deutschen Wirtschaftswoche 😊) und dem Streben nach Stabilität rund um Deutschland ein unter Umständen unmögliches Unterfangen. So gesehen ist dann wieder wurscht, ob ein Ökonom oder eine Juristin der EZB vorsteht, werden die Entscheidungen der unabhängigen Europäischen Zentralbank doch von der Interessen getrieben Politik gefällt…

Schau mer mal, dann seh mer schon….

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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