An den Aktienmärkten führt die Korrektur der bisherigen Erwartung eines moderaten Konfliktverlaufs zunächst zu einem deutlichen Abverkauf. Auf den DAX bezogen, könnte als Haltelinie unter charttechnischen Gesichtspunkten sogar die Marke von 13.566 Punkten ins Spiel kommen. Bis mehr Klarheit herrscht, dürften sichere Häfen wie Bundesanleihen, US-Dollar und Gold gefragt bleiben. Die außenwirtschaftlichen Verbindungen Deutschlands mit Russland und der Ukraine sind mit einem Anteil von 2,3 bzw. 0,3 Prozent am gesamten deutschen Außenhandel überschaubar. Die wichtigste Frage ist, ob es durch Sanktionen zu einem Abschneiden Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr und folglich möglicherweise zu einer Einstellung von Erdgaslieferungen kommen könnte. In diesem Fall wären Zahlungsausfälle russischer Schuldner mit Rückwirkungen auf einzelne Banken oder Gläubiger in Europa und weiter steigende Energiepreise wahrscheinlich. Da der Winter bisher relativ mild verlief, ist trotz relativ gering gefüllter Erdgaslager in Europa zunächst nicht mit Rationierungen zu rechnen. Noch ist die Lage zu unübersichtlich, um sich neu zu positionieren. In der Vergangenheit haben kriegerische Auseinandersetzungen zumeist nur kurzfristige Rücksetzer an den Aktienmärkten zur Folge gehabt. Allerdings ist noch nicht absehbar, wie tief die Kurse tatsächlich rutschen können. Solange nicht der Umfang des russischen Vormarsches und das Ausmaß der Sanktionen klar sind, sollten sich Anleger jedoch zurückhalten.
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel