Gröschls Mittwochskommentar: 13/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 30.03.2022 10:15 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Heut muss ich zuallererst nochmal zur US-amerikanischen Zinskurve zurückkommen, weil da so viel drüber g´red wird momentan und die G´schicht möglicherweise doch ein bisserl viel(g´)schichtiger ist, als es anfänglich wirkt. Also: dass die 2,50% bei den zehnjährigen Anleihen ein nicht ganz unattraktives Niveau für den ein oder anderen großen Account sind, sich wieder im längeren USD Bereich zu engagieren, haben wir auf Horstens (danke 😊) Hinweis hier ja schon vor mehreren Wochen festgestellt. Da sind wir nun und aktuell scheint der Appetit noch nicht vollends gestillt. Nicht vergessen dürfen wir dabei, dass wir Anfang August 2020 grade einmal 0,5% Rendite in diesem Laufzeitbereich bekommen haben.

Hier werden also möglicherweise Entscheidungen umgesetzt, die nicht unbedingt nur Konjunkturerwartungen widerspiegeln, sondern auch vom Asset-Liability-Management getrieben sein dürften. Das wiederum könnte zum einen darauf hindeuten, dass die Inversion der Kurve diesmal nicht unbedingt auf eine bevorstehende Rezession hindeutet – da gäbe es ja auch noch einiges zu besprechen – sondern technische Ursachen hat. Wenn das zutrifft, dann können wir uns das in etwa so vorstellen, wie wenn die Drei-Schluchten-Talsperre am Jangtsekiang mit immer größeren Wassermengen zurechtkommen muss. Solange genug Wasser abgelassen werden kann bzw. es Käufer gibt, ist alles gut, aber wenn alle Schleusen offen sind, der Boden rund herum gesättigt ist und weiter Wasser nachfließt, dann kommt es auch beim größten Staudamm zu Problemen und er bricht mit all den verehrenden Folgen für Land und Leute. Wieder zurück auf dem Zinsmarkt würde das bedeuten, dass bei einer Headline-Inflation von knapp 8%, einem realen Wirtschaftswachstum von rund 7% und einer Arbeitslosigkeit von unter 4% (natürlich kann man über all diese Indikatoren trefflich diskutieren, aber es geht mir hier um die Richtung😊) die Renditen für die 10jährigen vielleicht eher auf fünf bis acht Prozent gehören, denn dorthin, wo sie jetzt sind. 

Glauben wir, dass der Anleihenmarkt hier eine Konjunkturprognose wagt und die USA tatsächlich in den nächsten zwei bis sechzehn Quartalen (oder so..) in eine -zumindest technische Rezession schlittern wird, bereitet die FED einen der größten Policy Errors der Geschichte vor und hat – und das wäre das wirklich bittere an der Geschichte – auch noch keine andere Wahl, weil die höchste Inflation seit vier Jahrzehnten wird sie irgendwie in den Griff bekommen müssen. Whatever it takes und so. Erstaunlicherweise scheinen die Aktien vorerst von der ganzen Sache völlig unbeeindruckt zu sein, sogar den Krieg in der Ukraine haben sie vollends verdaut. Mag das aber vielleicht auch technische Ursachen haben und wir sehen nicht TINA (There is no Alternative) 2.0, sondern TINA^2?

Sind Aktien die neuen Bitcoins? Relativ einfach zu handeln, begrenzt verfügbar und dabei nicht ganz so klima-schädlich (die meisten jedenfalls 😉), also eigentliche ein perfekter Inflationsschutz, bei dem die Bewertung zunehmend irrelevanter geworden ist, weil ob ein Unternehmen ein KGV von 80 oder 130 oder gar keines hat, ist im Detail völlig unerheblich solange der Wert nicht delisted wird und ich raus und rein kann.

Unterstützen würde das, dass wir seit 2008 gewohnt sind, dass es keine Tail-Risiken mehr gibt, weil was immer wir anstellen, falls es schief geht, Vater Staat daherkommt und ganz und alle Konten wieder ausgleicht. Dass sich da eine gewisse Qualtinger´sche „Der Papa wird´s schon richten, das g´hört zu seinen Pflichten“ Mentalität ausgebreitet hat, ist so nachvollziehbar wie unglücklich. Gefährlich wird´s dann, wenn jemand der Meinung sein sollte, dass es jetzt doch endlich Zeit wäre, zumindest eine Zwischenabrechnung zu machen und die Werthaltigkeit der Zahlungsversprechen hinterfragt oder, wenn das System doch irgendwo größere Risse bekommt, die rechtzeitig zu reparieren einfach übersehen wird. (Damm und so…)

Bisserl schwer tut man sich schon zu glauben, dass durch den Krieg und die damit verbunden massiven Verschiebungen zB auf den Rohstoffmärkten keine systemischen Risiken entstanden sind bzw. ein bisserl direkter formuliert, dass es nirgends irgendwen Größeren, der irgendeine Systemrelevanz hat, aufgstellt hat. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube… 😉

Was haben wir also an diesem letzten Mittwoch im ersten Quartal 2022 für Möglichkeiten? – Die Briten hätten damals wie heute gesagt: Keep Calm and Carry on! Möglicherweise tun wir also genau das und harren der Dinge, die da kommen mögen!

So Long!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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