Regulatory Corner Ausgabe #1 | Am Weg zur AIFMD II – Kommen wirkliche Veränderungen?
verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, MBA, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria.
Die Europäische Kommission hat am 25.11.2021 einen Vorschlag für die erste umfassende Überarbeitung der Alternative Investment Fund Manager Directive (AIFMD) vorgelegt. Dieser Vorschlag, der bezeichnenderweise auch das 10-Jahres-Jubiläum des AIFMD-Rahmenwerks markiert, enthält eine Reihe von zu erwartenden Vorschlägen, die sich in der letzten Dekade, aber insbesondere durch den von der EU-Kommission beauftragten KPMG-Report des Jahres 2018 schon abgezeichnet haben. Dieser Report widmete sich primär Effizienzaspekten des AIFMD-Rahmenwerks, was deshalb bedeutsam ist, da es als zweite Säule der traditionellen Investmentfondsregulierung neben dem Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities (UCITS, oder hierzulande bekannter als Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)) konzeptionell signifikant von diesem abweicht, was gerade für Anbieter sowohl von UCITS, als auch AIF immer wieder zu regulatorischen Herausforderungen führte. Diese Herausforderungen wurden in Österreich bekanntlich durch die nationale Umsetzung sowie das sich über die Jahre ändernde Verständnis betreffend den Anwendungsbereich des AIFMD-Rahmenwerks zusätzlich erschwert.
Was kann man nun von AIFMD II erwarten?
Einerseits keine Abweichung vom grundsätzlichen regulatorischen Verständnis des Rahmenwerks, das sehr dem Konzept der Finanzmarktstabilität verhaftet bleibt und dementsprechend kein gesteigertes Bedürfnis nach Produktregulierung hat, andererseits werden aber doch einige wichtige Stellschrauben weitergedreht:
- Anpassungen bei Delegationen: Delegationen sind im Investmentfondsgeschäft seit jeher Usus und mit dem Verbot einer „Briefkastenfirma“ gibt es an sich eine Mindestsubstanzanforderung der Verwaltungsgesellschaft (AIFM). Obwohl es Auffassungsunterschiede zwischen Mitgliedsstaaten dazu gibt, sind in der Praxis keine großen Probleme im Bereich der Delegationen aufgetreten. Vor allem durch den Brexit gewann das Thema an Sensitivität, sodass es nicht überrascht, dass der Vorschlag restriktivere Delegationsregeln dahingehend enthält, dass vor allem Delegationen in Drittstaaten jährlich an ESMA zu melden sind und generell erhöhte regulatorische Aufmerksamkeit und Meldeanforderungen dazu zu erwarten sind.
- Pass für Depotbanken: Während Verwaltungsgesellschaften und AIFM grundsätzlich in den Genuss eines EU-Passes kommen, sind Depotbanken an das Sitzland des OGAW bzw. AIF gebunden. Diesbezüglich enthält der Vorschlag zumindest den Hinweis, dass auch Nicht-Sitzland-Depotbanken an sich möglich wären. Dies wäre ein Dogmenwechsel, der vor allem den durch UCITS IV festgezurrten restriktiven Zugang aufweichen würde. Sollte es dazu kommen, wären wohl Depotbanken in kleineren Märkten stärker davon betroffen.
- Kreditfonds: Sehr umfangreiche Details enthält der Vorschlag im Bereich der Kreditfonds, da damit ein EU-weit harmonisiertes Rahmenwerk für diese Typen von Investmentfonds angestrebt wird. Obwohl dies grundsätzlich verständlich ist, sind manche Aspekte zu hinterfragen, denn es kann im Fall eines Kreditfonds, wenn wohl nur der AIF einen Kredit vergeben und nicht der AIFM. Zudem ist mit erhöhten Risikomanagementanforderungen diesbezüglich zu rechnen. Auch der exklusive Fokus auf institutionelle Anleger stößt nicht überall auf Zustimmung.
- Liquiditätsmanagementanforderungen: Der Vorschlag sieht zudem die Verpflichtungen zur zusätzlichen Anwendung von Liquiditätsmanagementanforderungen vor, was aber weitestgehend schon im Rahmen von best practice Standards erfüllt ist. Trotzdem sind neue Werkzeuge im Bereich von redemption gates, notice periods, swing pricing oder side-pocketing nicht in jedem Mitgliedsstaat bisher Usus, weshalb diesbezüglich eine EU-Harmonisierung bzw. ein Nachziehen einzelner Mitgliedsstaaten erwartet werden kann.
Wie diese Ausführungen zeigen, wird mit dem AIFMD II-Vorschlag zwar an materiellen Stellschrauben des AIFMD-Rahmenwerks gedreht, wobei keine davon als wirklich revolutionär qualifiziert werden kann. Aus praktischer Sicht zeichnet sich ab, dass die Meldeanforderungen für AIFMs und AIFs weiter steigen werden, gerade nachdem der Vorschlag auch erweiterte ESMA-Zuständigkeiten enthält.
Aus österreichischer Sicht ist jedenfalls zu empfehlen, die weiteren Entwicklungen im Zusammenhang mit der möglichen Flexibilisierung des Depotbankenregimes sowie der erweiterten Liquiditätsmanagementanforderungen zu verfolgen, um auf diesbezügliche Anpassungen vorbereitet zu sein. AIFMD II soll aus heutiger Sicht ab Anfang 2025 zur Anwendung gelangen.
Über den Autor: Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M., MBA ist Professor (FH) für Bankrecht und Finanzmarktregulierung an der Lauder Business School (LBS) in Wien sowie Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria. Prof. (FH) Dr. Armin Kammel ist zudem allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger im Fachbereich Kredit, Banken, Börsen sowie Autor zahlreicher Publikationen zu bank-, kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Themen im In- und Ausland.