Gröschls Mittwochskommentar: 15/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 13.04.2022 10:38 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Bei all den Katastrophen, die aktuell rund um uns passieren und bei denen, so es mehrere Möglichkeiten gab, sich zuletzt immer der Pfad mit den negativsten aller Entwicklungen manifestiert hat, wird es selbst für einen alten Bären, wie meiner einer ist, immer schwieriger noch mehr Katastrophen zu antizipieren. Drum machen wir heute eine kurze Bestandsaufnahme, wo wir uns als westliche Wertegemeinschaft tatsächlich bewegen und versuchen dann, zumindest gedanklich, den Gleisstrang aus dem Tunnel zu finden, an dem am Ende tatsächlich das Licht kein entgegenkommender Zug ist, sondern das Große Tal ((In einem Land vor unserer Zeit).

Wir befinden uns also in einem Europa, das immer noch den größten Wirtschaftsraum mit der größten Kaufkraft der Welt darstellt, wenn es denn als ein Europa auftritt. Unser Lebensmodell einer friedlichen, demokratischen, weder weltlichen noch geistigen bedingungslos (freiwillig oder nicht) Führern folgende, Wertegemeinschaft teilen aber nur rund 25% aller Staaten. Das stellt aber wohl für die nicht missionarisch Veranlagten unter uns grundsätzlich kein Problem dar, solange man unsere Kreise nicht stört. Nun, die Zeiten sind offensichtlich leider vorbei. Solange ausreichend Kapital zur Verfügung steht, wir uns schwierigerer Zeiten noch entsinnen und konserviertes Wissen, wie mit problematischen Situationen umzugehen ist, zumindest aus dem Ladl holen können, wird´s schon irgendwie gehen. Das blöde an der G´schicht ist allerdings, dass unser ökonomisches Haus zumindest seit 2008 zunehmend auf Sand bzw. auf Verschuldung gebaut ist.

Was aber wenn der Base Case, dass alles den Bach runter geht, keine Option ist und einfach nicht sein kann, was nicht sein darf? Grundvoraussetzung dafür ist wohl, dass rund um die Ukraine alle die Füße stillhalten und der Krieg nicht auf Europa und die Nato überschwappt. Bisher hat das ganz gut geklappt, aber wie aus gewöhnlich gut informierten Kreisen zu erfahren war, kommen in den nächsten Tagen und Wochen deutlich härtere Zeiten auf uns zu was die Kriegsführung der Russen und die Bilder, die uns aus den Kriegsgebieten erreichen werden, angeht. Butscha dürfte da nur der Anfang gewesen sein. In diesem Zusammenhang wäre auch wirklich interessant zu erfahren, was unser Bundeskanzler mit Putin besprochen hat. Dass Nehammer hier auf eigene Initiative ohne Botschaft von den USA/der EU nach Moskau gepilgert ist, scheint höchst naiv. Falls hier rote Linien kommuniziert wurden, hoffen wir mal, dass Russland diese nicht überschreitet. Noch dürfte es, auch wenn ein Gasembargo zumindest von europäischer Seite vorerst vom Tisch zu sein scheint, auch ökonomische Mittel und Wege geben, Russland weh zu tun. Allerdings wird der Einsatz, insbesondere für Volkswirtschaften, die seit der Ostöffnung stark mit den dortigen Ökonomien verbunden sind, jedes Mal ein bisserl höher, zumal es kurzfristig nichts zu gewinnen gibt.

Es führt also an einem Regimewechsel in Russland über kurz oder lang kein Weg vorbei, soll das ganze zu einem Ende kommen, mit dem der Westen zurechtkommen soll. Dass wir da mit den Amis an einem Strang ziehen, hat der zeitweilig etwas dement wirkende Potus, als er in Polen(?) seine Privatmeinung geäußert hat, ja schon angedeutet. Nun und da ist sie dann die (letzte/einzige ?) Chance für Europa. Wir könnten Abermilliarden von was auch immer drucken und müssten diese nicht zwischen der linken und der rechten Tasche hin und her schaukeln, sondern könnten ein, bis dahin wohl leider völlig zerstörtes, Land wieder aufbauen und der neuen russischen Führung to be nahezu überall unter die Arme greifen, staatliche und private Projekte fördern, Investitionen anstoßen und tätigen, kurzum die Ukraine und Russland nach Europa holen.

Der Haken an der Sache ist leider, dass China wahrscheinlich ganz ähnliche Ideen hat und bereit ist, hier früher und möglicherweise mit, für westliche Verhältnisse, weniger konventionellen Mitteln an denselben Zielen zu arbeiten bzw. bereits daran arbeitet. Wobei nicht auszuschließen ist, dass Peking hier auf das bewährte Pferd setzt… Auch ein „neutraler“ Kandidat, der ein wirtschaftlich freies Spiel der Kräfte zulässt und die drei zukünftigen Großeltern im Wettbewerb um den Lieblingsenkel alles auffahren lässt, was gut und teuer ist, wäre in Ordnung, nur steht zu befürchten, dass alle geeigneten Kandidaten über die letzten Jahre irgendwo im Gulag verschwunden sind.

Wirtschaftlich nicht retten dürfte uns hingegen die kurzfristige Erhöhung der Rüstungsausgaben, wiewohl, wie uns die USA seit vielen Jahrzehnten immer wieder vorführt, man damit natürlich konjunkturelle Dellen durchaus ausgleichen kann. Hier scheint eine langfristige, nachhaltige Strategie gefordert. Wobei es natürlich schwer ist, Budgets und Gesetze zu verabschieden, die Investitionen für Eventualitäten erfordern, die erst noch eintreten würden. Wäre zum Beispiel die Seuche schon 2006 über uns hereingebrochen, hätt mer der Rauch-Kallat wahrscheinlich ein Denkmal gebaut… 😉

Liebe Grüße

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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