Leider gibt´s diese Woche nicht viel Neues außer, dass sich die erwartbaren Ereignisse schrittweise einstellen. Die Russen reiten eine breite, möglicherweise hüben wie drüben, kriegsentscheidende Großattacke, der unzähligen, weiteren Menschen das Leben kosten wird, Unsummen von Kapital und Material verschlingen und – ein Aspekt, der erstaunlicherweise bisher kaum diskutiert wurde – Unmengen an CO2 in die Atmosphäre blasen wird, weil Cat dürfte der T-14 (und diverse vergleichbare Geräte anderer Nationen) wohl eher keinen haben. Ob es wert ist einen Krieg, auch wenn es „nur“ ein Proxy War ist, weiterzuführen, dessen Ausgang bestenfalls ungewiss, der aber mit Sicherheit keine Lösung der regionalen Problematik bringen wird, wird die Geschichte zu beurteilen haben. Sicher ist – und diese Erkenntnis ist wieder einmal nicht von mir ;-) – Russland wird, rein geographisch, auch weiterhin das Nachbarland der Ukraine sein. Nur um das hier ganz klarzustellen: Es geht hier weder um Moral und Recht, da sind die Linien fraglos ganz klar gezogen, sondern um Tod, Leid und Verderbnis und darum, ob man dem nicht Einhalt gebieten könnte, um danach nach Lösungen zu suchen.
Aus wirtschaftlicher Sicht interessant ist der von Herrn Scholz verkündete deutsche Weg. Man können zwar keine Waffen mehr an die Ukraine liefern, aber man gibt das Geld, damit Waffensysteme bei deutschen Herstellern gekauft werden können. Was auf den ersten Blick nach linke Tasche, rechte Tasche klingen mag, könnte eine recht elegante Lösung sein, um unter dem Deckmäntelchen, der moralischen Verpflichtung, sämtliche Wettbewerbsregeln und EU-Subventionsverbote zu umschiffen und die deutsche (Kriegs)Wirtschaft zu stärken ohne den Bundeshaushalt weiter zu belasten. Wobei ich natürlich nicht weiß, mit welchem Mascherl das Geld für Waffen in die Ukraine transferiert wird, irgendeinen Forderungstitel wird´s aber schon geben, denk ich. Rot-Grüne Wirtschaftspolitik at it´s best. :-)
Apropos Wirtschaftspolitik – und jetzt wird´s ein bisserl unkapitalistisch, also bitte alle empfindlichen Personen die nächsten beiden Absätze zu überspringen :-): Das Gejammere über Inflation, steigende Energiepreise etc. ist ja allenthalben – for a reason! – durchaus groß. Hierzulande wird über alle möglichen und unmöglichen Maßnahmen nachgedacht bzw. wurde schon einiges durchwegs Diskutierbares verabschiedet, wobei sich der Pendler natürlich freut, wenn er einen Fahrtkostenzuschuss bekommt, anstatt, dass man ihr eine Jahreskarte für die Öffis schenkt usw.. Aber holen wir kurz ein bisserl aus. Irgendwo haben wir einmal gelernt, dass sich der Preis einer Ware aus den Produktionskosten plus den Lagerhaltungskosten und den Transportkosten zusammensetzt (oder so ähnlich ;-)), hinzu kommen diverse Aufschläge für Nachfrageüberhänge etc.. Nun ist das ja bei fossilen Energieträgern alles recht klar und deutlich nachzuvollziehen (außer vielleicht, dass man der OPEC+ auch einmal ein bisserl nähertreten könnte, aber das ist eine andere Geschichte), aber wie ist das eigentlich bei erneuerbaren Energien?
In Österreich liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch aktuell bei rund 37% (lt. Statista.com). Das Wasser fließt (Klimawandel bedingt mancherorts möglicherweise ein bisserl weniger als früher), der Wind weht (eher mehr ;-)) und die Sonne scheint grad so als würde es gar keinen Krieg geben. Wär´s da nicht angetan hier zumindest vorübergehend eine Preisbindung einzuführen, bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Natürlich ist es erfreulich, wenn Ottilie Kleinkraftwerksbetreiber endlich auch ein bisserl Geld mit ihrer Turbine verdient, es waren ja höchst zaache Jahre, aber mehrheitliche im Eigentum der Republik stehende Unternehmungen ein bisserl an der Volksverantwortung zu beteiligen, wäre zumindest eine Überlegung wert, find ich. Wobei die – zumindest bei mir nie angekommene – Energieschecks, von der Idee an das deutsche Waffenfinanzierungsmodell erinnern. Haben die Deutschen etwa schon wieder bei uns gekiebitzt?! ;-)
An dieser Stelle begrüßen wir auch wieder jene, die nach Absatz zwei doch zu viel Angst hatten, und machen einen kurzen Blick zu den US Zinsen. Inzwischen scheinen sogar 75bp im Mai möglich, von Inversion ist, wenig überraschend, keine Rede mehr und wir bereiten uns darauf vor, die Zehnjährigen eher zwischen 3,5% und 5% zu erleben, und zwar nicht erst im nächsten oder übernächsten Zyklus. Very Old Normal, könnte man sagen. Der Weg dahin wird für Anleihen Investoren ein steiniger werden, allerdings liegt die Schönheit hier in dem Detail. Mit jedem Tag tiefere Kurse steigt meine Portfoliorendite, also meine zukünftigen Erträge, was mit der gleichen Sicherheit von Aktien ja nicht immer behauptet werden kann. ;-) Für den Aktienmarkt sollten steigende Kapitalkosten mittelfristig eine reinigende Wirkung haben und die Spreu vom Weizen trennen (noch ist´s allerdings nicht überall so weit), aber a good business stays a good business und auch hier werden die Opportunitäten mit jedem Tag des Schmerzes – und da kommen noch ein paar auf uns zu – mehr. Dass die Situation in Europa uns aus diversen Gründen längerfristig weniger glücklich machen könnte, nicht zuletzt, weil die EZB völlig politisiert und wohl seit Draghi alles andere als unabhängig ist, steht leider auf einem ganz anderen Zetterl..
Glück auf!
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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