Gröschls Mittwochskommentar: 18/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 04.05.2022 10:41 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Solange es notwendig ist, werde ich mich hier bisserl am alten Cato orientieren, allerdings in die andere Richtung :-): Dieser Krieg muss aufhören! Jetzt! Europa muss deeskalieren, um jeden Preis!

Mehr gibt´s dazu meiner Ansicht nach eh nicht mehr zu sagen/schreiben. Wenden wir uns also den Märkten zu. Hier wird´s heute tatsächlich wieder einmal wirklich spannend, weil die FED heute Abend unserer Zeit ihre Entscheidung über die Erhöhung des Leitzinses bekannt geben wird und uns Einblicke darüber geben sollte, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Jahre werden sie vielleicht versuchen, aber wie die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, haben wir es aktuell mit einer situations-elastisch agierenden Zentralbank zu tun. Transitory Inflation und so…. ;-) Wobei man fairerweise festhalten muss, dass a) die Inflation immer noch vorübergehend sein kann bzw. sein wird, weil ja bekanntlich, bis auf die sprichwörtliche Wurscht, alles ein Ende hat und b) die Inflation immer eine Funktion ihrer Erwartung ist. Es also durchaus legitim ist zuerst zu versuchen die Erwartungen einzufangen. War halt diesmal nix und wird halt ein bisserl was kosten, aber sei´s drum. Schauen wir mal, was die EZB zustande bringt.

An dieser Stelle muss ich kurz eine Lanze für die Zentralbänkler rund um den Globus brechen. Die Situation ist alles andere als einfach oder eindeutig und – und das ist ein grundsätzliches Problem der Wahrnehmung – wenn ein Astrophysiker Weisheiten zum Besten gibt, dann Schweigen alle ehrfürchtig, tut das allerdings ein Ökonom, dann kennt sich jeder aus, der schon einmal einen Erlagschein ausgefüllt hat. Nun tatsächlich ist die Geschichte furchtbar kompliziert, es gelten keine Gott gegeben (oder so ;-)) Naturgesetze und das aller meiste ist Trial and Error bzw. uncharted. (Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. – Astrophysik und so :-).) Wenig verständlich ist in diesem Zusammenhang, wenn höchst wichtige Positionen, bei aller Wertschätzung für die spezifischen Personen, mit fach-fremden Proponenten besetzt werden. Ich lass meinen Knöchel ja auch nicht vom Tibetologen operieren, auch wenn er noch so viel über Knöcheloperationen in Tibet vor 1900 publiziert hat. 

Was erwarten wir also für heute Abend? Der Konsens scheint zu sein, dass die FED eher 50bps als 75bps anheben wird, sich aber die Möglichkeit stärker Erhöhungen offenlassen und das breites laufenden QT (Quantative Tightening) konkretisieren wird. Spooked das die Märkte? Na das wird sehr davon abhängen was J.P. sagen wird, sollte er den Eindruck vermitteln, dass sich die Wirtschaft zwar abkühlen wird, er aber aufgrund der etwas außer Rand und Band geratenen Inflation weiter, eventuell noch stärker an der Zinsschraube wird drehen müssen, dann wahrscheinlich schon. Wird er versuchen das zu vermeiden, eher schon, außer er sähe den Markt lieber ein paar Prozenterln tiefer, um Druck aus dem Kessel zunehmen. Heut Abend sind wir dann, zumindest was diesen Aspekt unser Existenz anbetrifft, gscheiter…

Die eh immer ein bisserl irrational agierenden Aktienmärkte einzuschätzen, fällt mir bekanntlich ja grundsätzlich schwer, viel überraschend Positives kann da aber kurzfristig eigentlich nicht kommen. Wo aber schon eine gewisse Stabilisierung stattfinden sollte, ist beim EUR/USD. Buy on Rumours, Sell on Facts und so… Außerdem wird auch hierzulande kein Weg daran vorbeiführen die Geldpolitik, wenn schon nicht zu normalisieren, so zumindest ein bisserl restriktiver zu machen. Persönlich glaube ich, weil ich ja auch schon einmal einen Erlagschein ausgefüllt habe ;-), dass ein Anheben und Ankern des kurzen Endes bei null bzw. im leicht positiven Bereich ein deutliches Signal senden würde, aber gesamtwirtschaftlich kaum Schaden anrichten sollte bzw. es auch schon egal wäre. Wenn wir nämlich diesmal wirklich auf einen neuen Default-Cycle zusteuern, was leider nicht auszuschließen ist, dann machen die paar Basispunkterln das Kraut auch nicht mehr fett, aber vielleicht retten wir damit die Währungsunion, die EU, Europa und die ganze Welt. Das wär doch mal ein Ziel Mme Lagarde, oder? :-)

Noch kurz ein paar Worte zur neuen Sanktionswelle: Schaut leider immer mehr nach Feigenblättern aus, das Ganze und erinnert – auch leider – ein bisserl an die Seuchen Politik der vergangenen Jahre. Viele diskutierten Schritte, deren Intention sicher gut und richtig wäre, verlieren natürlich völlig ihre Wirksamkeit, wenn es eine monatelange Anpassungsphase gibt, ein paar sowieso nicht mitspielen und es – im Falle vom Gas – nur mehr darum geht einen sanktionskonformen Workaround zu finden. Einmal mehr hat sich die Bürokratie hier verselbständigt, produziert Papier und politisch Ansagen, die kurzfristig, realiter keine Auswirkungen haben. Ein Embargo gegen russisches Öl, das mit Jahresende in Kraft tritt hat vielleicht klimapolitisch Sinn, so es möglicherweise vertretbarer ist Renewables zu höheren Preisen zu fördern anstatt den Öl Fluss von einem anderen Schurkenstaat heranzuleiten, aber – let´s face it – Auswirkungen auf den jetzt stattfindenden Ukraine Krieg hat das original genau keine.

Hoffen wir also, dass der Krieg bis zum Ende des Jahres so oder so zu Ende ist und wir uns, vielleicht mit neuen Öl- und Gas-Abnahmeverträgen von einer neuen russischen Führung, am Wiederaufbau der Ukraine und an der Demokratisierung Russlands beteiligen können!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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