Gröschls Mittwochskommentar: 20/2022

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 18.05.2022 10:23 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Heut sagen wir´s mal mit John Lennon: Give peace a chance! Wie wohl die Nummer bis auf diese eine Zeile inhaltlich maximal zu den mittel guten ;-) der Popgeschichte gehört, aber lieber einen g´scheiten Satz als gar keinen. Tatsächlich scheint sich allenthalben ein gewisser Gewöhnungseffekt rund um den Krieg in der Ukraine einzustellen, insbesondere an den Märkten ist er, sieht man von kurzen Plips zB am Weizenmarkt ab, eigentlich kein Thema (mehr). Wirtschaftlich macht das natürlich Sinn, auf der humanistischen Ebene ist´s natürlich eher erschreckend, wie schnell das geht. Life goes on and so do we  und so…

Putin scheint sich damit abgefunden zu haben, dass Finnland und Schweden der Nato beitreten wollen/werden, der Westen stellt sich auf einen langen Stellungskrieg ein und die EU zeigt nach einer kurzen, anfänglichen Einigkeit über die Sanktionen wieder ihr wahres Gesicht der Uneinigkeit, Zwietracht und Bürokratie. Der Interessen der Ukrainer sind wir uns zwar gewahr, aber über mehr oder weniger öffentlichen Zuspruch (je nachdem woher der politische Wind grad weht) und finanzielle Unterstützung wird die ganze Sache auf mittlere Sicht wohl nicht hinausgehen, bis es ans Wiederaufbauen geht und endlich wieder alle was verdienen können. Versteh ich das? Aus Sicht des Marktmenschen, der ich nun einmal bin, natürlich. Hab ich immer Freude an der Realität? Na, ja es geht so. *lol*

In diesem Zusammenhang scheint mir die immerwährende Diskussion um die Neutralität Österreichs auch höchst entbehrlich. Was wir aber ändern müssen ist – und da ist die Schweiz ein wunderbares Vorbild - unser Verständnis darüber. Neutralität kann weder Wehrlosigkeit noch Standpunktlosigkeit bedeuten. In diesem Sinne ist eine rasche, tiefgreifende Reform der Verteidigungsfähig- und Willigkeit unabdingbar! Ob wir in unserer Kleinheit Schillers Wilhelm Tell folgen wollen/können, ist sicher diskutierbar, sicher ist aber, dass zukünftig nur Staaten im internationalen Kanon wahrgenommen werden, die sich sowohl wirtschaftlich als auch militärisch auf Augenhöhe zu ihren gewünschten Peers bewegen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man als siebenter Zwerg von links immer mit den großen, in der gleichen Mannschaft spielen muss! Wir sind ja auch nicht bei jeder Fußball EM dabei.. ;-)

Der Markt reflektiert unterdessen darüber, ob er (oder sie ;-)) inzwischen nicht alle negativen Eventualitäten und Zinspfade eskomptiert hat und sich mit einem sanft positiven Grundton in die wohl verdiente Sommerpause verabschieden sollte. Verdient hätten wir´s! Der Bauch sagt, dass, so nicht noch irgendwas Unerwartetes passiert und die EZB nicht plötzlich doch noch einen Raptus kriegt und was Aorges (Lautschrift :-)) mit den kurzen Zinsen aufführt, auch im Herbst noch Zeit für einen ordentlichen Kapitulationsmove wäre. Aber was weiß er schon, der Bauch. ;-) Auffällig ist weiterhin – und da ist mein Wissen natürlich zum einen regional und zum anderen auf das beschränkt, was es zu lesen gibt -, dass große Umschichtungen bei der Assetallokation bei den Marktteilnehmern, bei denen sich was bewegt, scheinbar noch nicht stattgefunden haben.

Das erklärt sich zum einen wahrscheinlich damit, dass Alternativen im liquiden Bereich kaum welche (keine?!) zu finden waren – wer will schon Duration aufbauen, wenn die FED massiv am Zinsen anheben ist – und zum anderen damit, dass die wirtschaftliche Gesamtsituation in den USA nach wie vor eher zu gut als zu schlecht ist. Die 3% Marke bei den 10-jährigen US Treasuries könnte sich hier für die nächsten Wochen möglicherweise als Wohlfühlniveau etablieren, aber ob da schon über den Marginal-Buyer hinaus jemand Geld in die Hand nimmt, wird man sehen. Ähnlich verhält es sich bei den Aktien, hier müssen wir jetzt erstmal herausarbeiten, ob a) sich die Welt tatsächlich fundamental geändert hat, ob b) das was gestern ein gutes, profitables Unternehmen war, das auch morgen noch sein wird und c) ob es sinnvoll ist, nur über Wachstumsraten zu diskutieren. Möglicherweise hat das, was gestern Growth hieß auch heute noch Value und wir müssen einfach bei den Mascherl-Farben ein bisserl flexibel sein.

Retail scheint´s jedenfalls inzwischen weitgehend rausgespült zu haben aus dem Markt und das nicht nur bei den Aktien. Irgendwer muss ja die letzten 60% nach unten bei Bitcoin auch betreut haben… :-)

So long!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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